Vom Küchenutensil zum Protestsymbol: Ob in Venezuela, Myanmar, Island oder im Senegal – weltweit werden in sogenannten Pots and Pans – Demonstrationen Töpfe und Pfannen als Mittel des friedlichen Protests eingesetzt. Vom Siegeszug einer innovativen Widerstandspraxis.
Diesen Artikel aus unserem Printmagazin „Wege zum Frieden“ und weitere exklusive Beiträge gibt’s im GNM+ Abo.
Unsere ePaper hier im Abo oder hier mit tiun ohne Abo lesen.
Havanna, Kuba. Caracas, Venezuela. Lagos, Nigeria.
An all diesen Orten fanden in den letzten vier Monaten Proteste statt. Die Ausgangslagen und Ziele der Demonstrierenden waren dabei komplett verschieden: In Havanna demonstrierten die Bewohnenden nach einem tagelangen Stromausfall gegen die fehlende Unterstützung und Vorbereitung durch die Regierung. In Caracas gingen Tausende Menschen auf die Straßen, um nach einer, unter anderem von der UN als intransparent kritisierten, Wahl gegen einen zweiten Turnus des vorigen Amtsinhabers Maduro zu demonstrieren. In Nigeria protestierten vor allem junge Menschen in der “End Bad Governance in Nigeria”-Revolte im August gegen eine Regierung, die es nicht geschafft hat, gegen eine zunehmende Krise der Nahrungsversorgung anzugehen.
Was all diese Proteste jedoch gemeinsam haben – und die Liste könnte übrigens noch deutlich länger werden – ist nicht nur ihre vorwiegend gewaltfreie Organisation, sondern noch ein weiteres Merkmal. Denn bei allen Bewegungen nutzten die Protestierenden ein besonderes Mittel, um sich Gehör zu verschaffen: Töpfe und Pfannen.
“Pots-and-Pans-Proteste”, “Cacerolazos” oder “Casseroles” (je nachdem, in welchem Teil der Welt wir uns befinden) sind in den letzten Jahrzehnten zu einer weltweiten Taktik des Widerstands geworden. Dabei haben sie, heute wie damals, noch weit mehr Bedeutung, als gehörig Lärm zu machen – auch wenn das mit Sicherheit hilfreich beim Protest ist. Die Geschichte der Töpfe und Pfannen ist reich und vielfältig, und sie lehrt uns ein oder zwei Dinge über gewaltfreien Widerstand. Was hinter Töpfe und Pfannen als Mittel gewaltfreien Protests steckt und warum es wahrscheinlich ist, dass sie niemals schweigen werden.
Woher kommen die Pots and Pans – Proteste?
Manche Historiker:innen verorten die Anfänge der Topfschlage-Proteste im mittelalterlichen Frankreich. Dort gab es nämlich sogenannte Charivaris, bei denen in Karneval-ähnlicher Manier Menschen bloßgestellt wurden, die sich moralisch außerhalb der Norm verhalten hatten. Bei diesen Charivaris wurde so viel Lärm wie möglich gemacht – unter anderem mit Küchenutensilien. Während der französischen Republik wurden in Anlehnung an die mittelalterliche Tradition mehrere Charivaris an verschiedenen Orten in Paris abgehalten, um die neue französische Regierung vorzuführen.
Nach dem Ende der neuen Monarchie 1848 wurden die Töpfe und Pfannen in Frankreich zunächst niedergelegt und erst 1961 wieder aufgegriffen, allerdings in einem deutlich weniger freiheitsliebenden Kontext. Seit 1954 kämpften die Menschen in Algerien für ihre Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht. In der sogenannten “