Challenge-Based Learning für ein besseres Morgen

das ist ein GNM+ ArtikelDie Welt ist mein Campus

von | 17. Juli, 2023

Bildung ist ein essentieller Baustein, um aktuelle Herausforderungen zu meistern. Tomorrow University-Mitgründer Dr. Thomas Funke erklärt, wie Bildung die Welt ein kleines Stückchen besser macht.

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Unsere Welt befindet sich stetig im Wandel. Herausforderungen wie die Klimakrise, gesellschaftliche Spaltungen und Pandemien erfordern Menschen, die sich dieser annehmen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Mit dieser Mission gründete Thomas Funke die Tomorrow University. „In einer Zeit, in der es so viel Wissen gibt wie nie zuvor, kann auch Bildung ganz neue Dimensionen einnehmen“, so seine Ambitionen.

Die Tomorrow University of Applied Sciences ist eine private Hochschule. Auf ihrem digitalen Campus können Studierende aus der ganzen Welt verschiedene Bachelor- und Masterstudiengänge absolvieren. Alle Studiengänge wurden anhand eines Kompetenzrahmenwerks zusammengestellt. Dieses Rahmenwerk entstammt einem Forschungsprojekt des Gründers, das untersuchte, welche Kompetenzen notwendig sind, um die Herausforderungen der heutigen Zeit anzugehen. Im Studium selbst wird das aus der Lernforschung des Jahres 1963 entstammende Mastery Learning angewandt. Demnach ist die effektivste Form des Lernens nicht die Vermittlung und Wiedergabe von Wissen, sondern die Anwendung von Wissen auf Problemstellungen. Die Lehrenden werden dabei zu Coachs und die Welt zum Campus. 

Alles begann mit der Liebe zur Bildung

Funke war bereits früh von der Lehre fasziniert. Bereits im Alter von 15 Jahren begann seine Karriere: Während der Schulzeit unterrichtete er andere Schüler:innen im Tennis und erkannte, dass das Lehren ihm die Möglichkeit gab, Menschen zu inspirieren und ihnen dabei zu helfen, über sich hinauszuwachsen. Im Studium weitete er diese Leidenschaft weiter aus. Zunächst promovierte er und war dann als Assistenzprofessor tätig. Auch wenn ihn die Forschung interessierte, war es vor allem die Lehre, in der er seine Zukunft sah.

Letztendlich entschied er sich, die Universität zu verlassen. Durch die strenge Trennung von Wissenschaft, Forschung, Lehre und Praxis und die in seinen Augen fehlende Innovation konnte er sein modernes Verständnis von Lehre nicht ausüben. Während der Tätigkeit an der Universität setzte er sich vermehrt für modernere Lehrtechniken ein. So animierte er unter anderem Studierende zur Unternehmensgründung. In dieser Zeit entstand auch sein Wunsch, selbst zu gründen. Funkes Erklärung: „Wenn man selbst schon einmal gegründet hat, bereichert das auf jeden Fall die Lehre.“ Und so gründete er direkt mehrere Unternehmen hintereinander. Sein letztes Projekt: Die Tomorrow University of Applied Sciences.

Impact durch Bildung

Die Lehre der Tomorrow University basiert auf drei Säulen, die mit den aktuellen Herausforderungen einhergehen: Technologie, Nachhaltigkeit und Entrepreneurship. Die Basis für jene Säulen sind die sechs großen Kompetenzen, die essenzielle Bausteine moderner Bildung sein sollten. Laut Funke bietet Bildung deutlich mehr Chancen, als momentan genutzt werden. Den Studienstoff an Kompetenzen auszurichten, hilft Universitäten, ihren Fokus hin zur Bewältigung von Herausforderungen zu verschieben. 

Zu den sechs Kompetenzen gehören:

  • Kritisches und analytisches Denken bildet die Fähigkeit ab, Sachverhalte und Informationen zu hinterfragen und aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.
  • Technological Literacy beschreibt die Kompetenz, Technologien zu verstehen und sie zur Bereicherung der eigenen Fähigkeiten nutzen zu können.
  • Durch das Erlangen von Selbstwirksamkeit können Individuen lernen, ihre Stärken zu stärken und über sich hinauszuwachsen.
  • Zu lernen, wie ein:e Unternehmer:in zu denken und zu handeln, ermöglicht Lernenden, an den Lö- sungen für Probleme zu arbeiten.
  • Verantwortungsbewusstes Unternehmer:innentum beschäftigt sich mit Lösungen, die gesellschaftlichen Mehrwert bringen.
  • Soziale Intelligenz spiegelt den Umgang mit diversen Menschen und das Verständnis der eigenen Identität als Teil der Gesellschaft wider.

Wie entsteht aus diesen Kompetenzen ein Curriculum?
Traditionell sind Bildungseinrichtungen so aufgebaut, dass Lernstoff sich fast ausschließlich auf die Vermittlung von Wissen und kognitiven Fähigkeiten konzentriert. Doch durch die digital vernetzte moderne Welt ist Wissen heutzutage oft frei verfügbar. Bildung kann daher laut Funke viel mehr leisten. Indem Studierende durch ihre eigenen Methodiken sogenannte Challenges lösen, lernen sie an der Tomorrow University ganz automatisch, sich der unterschiedlichen Kompetenzen zu bedienen, und stärken gleichzeitig ihre soziale Intelligenz. Bei den Challenges erarbeiten Studierende Ideen für Problemstellungen von Unternehmen – so zum Beispiel für nachhaltigen Transport bei einem Transportdienstleister.

Zudem beginnt jedes Studium mit einer Orientierungsphase. In dieser formulieren Lernende zum einen ihr persönliches Mission Statement. Hier reflektieren sie, welche Ziele sie mit dem Studium verfolgen und welche Werte sie vertreten. Darüber hinaus bietet die Universität eine detaillierte Aufgliederung der Kompetenzen im Rahmen eines Kurses an, sodass Studierende diese während der gesamten Studienzeit vor Augen haben.

Bildung – der Schlüssel zum Erfolg

Die Anzahl großer Herausforderungen der heutigen Zeit scheint schier unendlich. Besonders deshalb ist es wichtig, Bildung als ein zentrales Element dafür zu nutzen, junge Menschen schon jetzt auf die Lösung komplexer Probleme vorzubereiten. Eigentlich besitzt die Bildung von heute die idealen Voraussetzungen: Das Humboldt’sche Prinzip, die Verzahnung von Lehre und Forschung, ist so ausgeprägt wie nie zuvor. Auch der Umfang des Wissens ist so groß wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Dennoch gibt es auch einige Herausforderungen, die Bildung noch meistern muss, um ihrem Potential voll nachzukommen.

Auch wenn Wissen in einem großen Ausmaß frei verfügbar ist, ist besonders qualitativ hochwertiges Wissen oft kostenpflichtig. Aufwendige Studien sind dabei manchmal so teuer, dass selbst viele Universitäten nicht den Zugriff auf die gesamte Bandbreite des Wissens aus einem speziellen Bereich haben. Damit können Lehrende, Lernende und Expert:innen nicht alle Vorteile der Wissensgesellschaft vollständig nutzen. Zudem bleibt der Zugang zu guter Bildung vielen Menschen nach wie vor verschlossen. Unternehmer:innen wie Funke bieten zwar fortschrittliche Bildungsmodelle an, aber ein Studium an der Tomorrow University ist gleichzeitig eine hohe Investition. Die regulären Kosten für ein Studium variieren zwischen 19.000 und 24.000 Euro. Um möglichst diversen Studierenden das Studium zu ermöglichen, bietet die Universität für Bedürftige Stipendien an, mit denen ein Teil der Kosten abgedeckt werden kann. Zusätzlich gibt es für eine frühzeitige Anmeldung einen Rabatt. Dennoch muss sich hier auch bei staatlich finanzierter Bildung noch viel tun.

Viele Bildungsformate erfüllen nach wie vor nicht die Anforderungen an die heutigen Herausforderungen. Im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert sollte Bildung vor allem Menschen für ausführende Berufe vorbereiten, so zum Beispiel in der Industrie. In der modernen Bildung sollte der Fokus jedoch auf der Entfaltung individueller Fähigkeiten liegen. Dafür müssen auch die Bildungsformate individualisiert werden, unabhängig von beispielsweise bestimmten Studiengängen. Dies meint individuelle Herangehensweisen an Problemstellungen im Kleinen wie im Großen. Anstatt sich für die Bildung zu verändern, sollte Bildung sich für Lernende ändern.

Ähnlich kritisch steht Funke dem Begriff „Vorlesung“ gegenüber. Er impliziert, dass Lernende auf jemanden angewiesen sind, der ihnen Wissen „vorliest“. Da dieses aber in Massen frei verfügbar ist, sei auch dieses Konzept hinfällig. Statt „Wir produzieren Menschen für den Arbeitsmarkt“ sollte das Narrativ „Wir unterstützen Menschen in ihrer kreativen Entfaltung“ lauten.

Digitalisierung – Herausforderung oder Chance?

Die Digitalisierung ist spätestens seit der Corona-Pandemie im Alltag der meisten Menschen angelangt. Und leider hat Corona auch gezeigt, dass besonders in der Bildung „digital“ oft noch ein Fremdwort ist. Auf sämtlichen Bildungsniveaus klagten Lernende über Einbußen in der Qualität der Lehre. Eine Schlussfolgerung könnte sein, dass Bildung im Allgemeinen nur unzureichend in die digitale Welt übertragbar ist. Funke sieht das anders und hat auch eine Erklärung dafür:

„Durch die abrupte Veränderung des Konzeptes Bildung mit Beginn der Pandemie haben die meisten Bildungseinrichtungen die Bildung so genommen, wie sie ist, und einfach einen Layer – das Format Videokonferenz – daraufgelegt.“

Laut Funke ist diese Herangehensweise der Grund für die Unzufriedenheit. Bildung muss komplett neu gedacht werden. Der Gedanke: Raus aus dem Hörsaal! Stattdessen können Technologien genutzt werden, um die Welt spielerisch zu entdecken und zu verstehen. Dieses Verständnis ist in der Bildung bisher noch nicht angekommen.

Durch Konkurrenz gesellschaftlichen Mehrwert kreieren

Konkurrenz im Bildungskontext ist oft negativ konnotiert. Sie führt zu Leistungsdruck, dem sich viele Lernende nicht gewachsen fühlen. Funke verfolgt eine andere Perspektive in Bezug auf den Konkurrenzgedanken:

„Im Grunde ist Konkurrenz etwas Gutes, weil sie dich anspornt, an deinen Fähigkeiten und Ideen härter zu arbeiten.“

Am Ende sollte Erfolg jedoch nicht an der Leistung des Individuums gemessen werden, sondern dem Mehrwert, der für die Gesellschaft kreiert wird. Die großen Herausforderungen dieses Jahrhunderts haben wenig mit individuellen Leistungen gemein. Sie können nur in Zusammenarbeit vieler engagierter Menschen gemeistert werden.

Je diverser, desto besser

Eine weitere Herausforderung, die die digitale und internationale Tomorrow University vielmehr als Bereicherung bezeichnen würde, ist Diversität. Gerade beim Lösen von Challenges, wie es typischerweise in den Kursen der Universität getan wird, ist es wichtig, ein Problem von unterschiedlichsten Seiten zu betrachten. Diversität trägt hier zum Diskurs bei.

Durch das Zusammenkommen verschiedener Kulturen, Erfahrungen, Geschlechtern und anderer Eigenschaften trägt jede:r zu einer vielseitigen Betrachtung von Problemen bei. Gleichzeitig ist es dem Team der Universität wichtig, dass Studierende sich als Global Citizen verstehen. Da viele Herausforderungen, wie beispielsweise der Klimawandel, sich nicht von einzelnen Akteur:innen oder auch Ländern lösen lassen, ist es wichtig, dass Lernende sich als Teil eines Ganzen, Allumfassenden verstehen. Diese Kompetenz ist für Funke eine Subkompetenz sozialer Intelligenz.

Der Schmetterlingseffekt

Die Tomorrow University ist nur eine von vielen Bildungseinrichtungen, die mit dem Mastery Learning einen anderen Weg in der Bildung einschlägt. Wie kommen wir gesellschaftlich weg vom „Schulbank drücken“ hin zum engagierten und intrinsisch motivierten Lernen? Funke hat auch hier eine Antwort parat: „Das ist ähnlich wie bei der Erziehung von Kindern. Du musst mit gutem Beispiel vorangehen.“

Er ist davon überzeugt, dass die Studierenden und die Gesellschaft früher oder später von selbst ein anderes Bildungssystem fordern werden. Auch in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Universitäten gibt es Verbesserungspotential. Die Tomorrow University arbeitet bei mehreren Studiengängen mit Expert:innen anderer Universitäten zusammen. Funke ist davon überzeugt, dass Universitäten das viel öfter machen sollten. So kann jede Universität eigene Stärken mitbringen.

„Der Schmetterlingseffekt funktioniert auch auf individueller Ebene“, so Funke. Jede gute Tat kann andere Menschen inspirieren. Eine Studierende der Tomorrow University kam mit einem Hintergrund in der Fast Fashion Industrie an die Universität. Heute appelliert sie an andere, sich Gedanken über die Herkunft ihrer Kleidung zu machen.

Ein Blick in die Glaskugel

Wie die Bildung der Zukunft aussieht, können wir leider noch nicht prognostizieren, aber Funke hat bereits seine ganz eigenen Pläne. Er hofft, dass sich das Challenge-Based Learning deutlich weiterverbreitet und Bildung sich mehr an die Gegebenheiten der heutigen Zeit anpasst. Dazu gehört auch der verstärkte Einsatz von Technologien sowie der Fokus auf globale Herausforderungen.

Funkes großer Traum ist es, eines Tages seine eigene Schule zu gründen. Denn er ist überzeugt, dass man besonders im frühkindlichen, kindlichen und jugendlichen Alter die Grundsteine in der Bildung für die Zukunft der Kinder legt.

Das große Ziel? Die Bildung revolutionieren. 

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Print3-Tomorrow-University

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Lara Schmalzried

Lara ist Online-Chefredakteurin des Good News Magazins. Lange hat sie von einer besseren Welt geträumt. Jetzt schreibt sie Artikel, die den Blick auf die Welt verändern.

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