Kulturelle Teilhabe für Menschen mit geringem Einkommen

Sozialtickets: Kultur soll kein Luxus sein

von | 24. Juni, 2024

Konzerte und andere Kulturveranstaltungen werden immer teurer. Um auch Menschen mit geringem Einkommen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, bieten Künstler und Einrichtungen vergünstigte Tickets, sogenannte Sozialtickets, an.

Kulturelle Teilhabe sollte kein Luxus sein – darum bieten einige Künstler:innen inzwischen Sozialtickets an. Wer sich für Musik interessiert und gerne Konzerte besucht, hat sicherlich gemerkt, dass die Ticketpreise in den letzten Jahren immer weiter ansteigen. Es müssen nicht gleich mehrere tausend Dollar sein, wie sie einige Fans letztes Jahr für Taylor Swifts „Eras Tour“ auf Resale-Seiten hingeblättert haben; auch kleinere Shows werden teurer. Laut dem Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft sind die Preise für Konzertkarten in Deutschland um zehn bis 15 Prozent gestiegen. 

Die Inflation betrifft auch andere Bereiche des kulturellen Lebens, wie Museen oder Theater. Daher bieten auch kulturelle Einrichtungen Ermäßigungen für wirtschaftlich schwache Menschen an, und sogenannte Kulturtafeln helfen bei der Vermittlung von Eintrittskarten.

Batomae: „Auf der Suche nach Liebe” mit vergünstigten Tickets

Batomae, ein Singer-Songwriter aus Paderborn, tourt im Oktober durch Deutschland mit seiner Tour „Auf der Suche nach Liebe”. Für ihn sind Konzerte ein besonderes Erlebnis:

“Es gibt keinen magischeren Ort als ein Club, voll mit Menschen, die für 90 Minuten das gleiche fühlen und in einem Raum voller guter Energie baden, um die Seele aufzutanken.” 

Batomae, Künstler

Dieses Erlebnis möchte er allen Menschen zugänglich machen, unabhängig von ihrem Einkommen. Deswegen bietet er ein Kontingent an Sozialtickets für 17,90 Euro an. Finanziert wird dieses Kontingent durch die Tickets, die zum Normalpreis von 31,50 Euro verkauft werden. „Konzertabende dürfen, vor allem in der heutigen Zeit, kein Luxuserlebnis sein“, schreibt er. Niemand müsse sich für den Kauf eines Sozialtickets rechtfertigen.

„Die Ärzte” bieten Sozialtickets für Konzerte in Berlin an

Auch die deutsche Punkrock-Band „Die Ärzte” möchte sicherstellen, dass ihre Konzerte trotz steigender Preise und Inflation nicht nur wirtschaftlich privilegierten Menschen zugänglich sind. Für zwei Shows im August in Berlin bieten sie daher Sozialtickets an. 

Statt des regulären Preises von 82 Euro gibt es ein Kontingent an Tickets für knappe 20 Euro. Anders als bei Batomae gibt es eine spezielle Regelung: Berechtigt zum Kauf des Sozialtickets sind Menschen, die den Berechtigungsausweis „Berlin-Ticket S” besitzen, ein preisreduziertes Nahverkehrsticket für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. In Zukunft würden „Die Ärzte” das Angebot gerne über Berlin hinaus ausweiten, schreiben sie auf ihrer Website. Da jedoch jedes Bundesland eigene Regeln hat und es schwierig wäre, datenschutzfreundlich und diskriminierungsfrei nachzuvollziehen, wer sich für ein Sozialticket qualifiziert, starten sie laut eigener Aussage erstmal in Berlin.

Ermäßigungen im Kulturbereich

Dass Kultur möglichst vielen Menschen zugänglich sein sollte, ist vielerorts schon Thema. Mit dem Berechtigungsausweis „Berlin-Ticket S” erhalten Bedürftige beispielsweise ermäßigten Eintritt zu verschiedene Sport-, Bildungs- und Kulturangeboten in Berlin. Museen, Theater, Schwimmbäder oder Bibliotheken sind ermäßigt zugänglich, auch Kurse an Volkshochschulen und Musikschulen sind damit günstiger. Viele Städte haben ähnliche Konzepte, um Kultur zugänglicher zu machen. In Frankfurt am Main können Personen mit geringem Einkommen kostenfrei den Frankfurt-Pass beantragen. Damit erhalten sie vergünstigt oder kostenfrei Eintritt ins Theater, in Museen oder ins kommunale Kino. Auch die Stadtbücherei können sie damit kostenlos nutzen.

Eine Antwort auf steigende Preise für Kulturveranstaltungen ist auch der Kulturpass, eine Initiative der Bundesregierung. 2023 konnten sich junge Menschen, die im selben Jahr 18 Jahre alt wurden, für den Kulturpass registrieren und erhielten ein Budget von 200 Euro, das sie noch bis Ende 2024 für Theaterbesuche, Konzertkarten oder andere Kulturveranstaltungen nutzen können. 2024 wurde die Initiative fortgeführt, allerdings aus Haushaltsgründen nur noch mit einem Budget von 100 Euro. 

Kulturtafeln bieten „Kultur für alle”

„Kultur für alle” ist das Motto der Bundesvereinigung kultureller Teilhabe. Über dreißig Vereine haben sich hier zusammengeschlossen, mit dem Ziel, „Menschen, die über ein nur geringes Einkommen verfügen, eine würdevolle, selbstverantwortliche kulturelle und damit soziale Teilhabe zu ermöglichen”, wie es auf ihrer Website heißt. Kulturtafeln, Kulturlogen oder Kulturdrehscheibe funktionieren meist ähnlich: Nicht verkaufte Tickets von verschiedenen kulturellen Veranstaltungen, Museen oder auch Sportveranstaltungen werden von den Veranstaltern an die Kulturtafel abgegeben und von dort umsonst an wirtschaftlich schwache Menschen vermittelt. 

Eine der größten Kulturtafeln ist „KulturLeben” Berlin. Nach eigenen Angaben sind etwa 29.000 Berliner:innen mit geringem Einkommen im Verein angemeldet, an die pro Monat  bis zu 4.000 Kulturplätze vermittelt werden können. 

Kulturelle Teilhabe bedeutet gesellschaftliche Teilhabe

Für viele Menschen ist Kultur leider ein Luxusgut, das, wenn es am Ende des Monats knapp wird, oft als erstes wegfällt. Menschen mit geringem Einkommen bleiben so von Orten des Austausches und der Verständigung ausgeschlossen. Sich Kulturveranstaltungen nicht leisten zu können, bedeutet auch, sich nicht an bestimmten gesellschaftlichen Diskursen beteiligen zu können.

Kulturelle Teilhabe ist also eng mit gesellschaftlicher Teilhabe verbunden. Durch die Möglichkeit, an kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen, wird Menschen nicht nur ein Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht, sondern auch eine Plattform für sozialen Austausch und Integration geschaffen. Initiativen wie Sozialtickets und Kulturtafeln sind daher unverzichtbar, um eine inklusive Gesellschaft zu fördern, in der jede:r unabhängig von seinem Einkommen Zugang zu kulturellen Erlebnissen hat.

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Inga Mahlbacher

Inga unterstützt das Good News Magazin aktuell als Praktikantin. Sie studiert Germanistik und Medienwissenschaften. Mit besonderem Interesse an Nachhaltigkeit und gesellschaftspolitischen Themen freut sie sich, über Lösungen und Menschen, die die Welt ein wenig besser machen, berichten zu können.

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