Alternative Speichertechnologien

Neue Sand-Batterie versorgt finnische Kleinstadt

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von | 11. Februar, 2023

Erneuerbare Energien brauchen gute Speicher. Immer mehr Start-ups arbeiten an umweltschonenden Alternativen.

Während die meisten von uns Sand mit bildschönen Stränden oder unendlichen Wüstenlandschaften in Verbindung bringen, sieht das finnische Start-up Polar Night Energy darin die Zukunft unserer Energieversorgung. In Kankaanpää im Westen Finnlands hat es im Januar die weltweit erste kommerziell nutzbare Sand-Batterie in Betrieb genommen. Sie sei unglaublich effizient – und ist größer als man zunächst vermutet. 

Von Wasserkraft zu Windenergie

Die größte Herausforderung von Strom aus Erneuerbaren Energieträgern ist der stark schwankende Preis. Weht im Sommer zu wenig Wind oder scheint im Winter zu wenig Sonne, können Windräder oder Solaranlagen nicht anders, als weniger Strom zu produzieren. Der Preis steigt. Gleichzeitig geht überschüssige Energie oft verloren, weil sie nicht schnell genug genutzt werden kann. Weil wir Sonne und Wind also nicht nach Bedarf an- oder ausschalten können, lautet die große Frage der ökologischen Energiewende lautet deshalb: Wie speichern wir den billigen Strom, um ihn dann zu nutzen, wenn wir ihn am meisten gebrauchen können? 

Ein Weg, den wir schon lange kennen, sind Wasserkraftwerke. Ihre Grundidee ist erschreckend einfach: Billiger Strom pumpt riesige Mengen Wasser in einen hoch gelegenen Speicher. Dort bleibt es erstmal. Steigt der Strompreis dann wieder, kann das Wasser ganz ohne den Aufwand weiterer Ressourcen wieder nach unten fließen, treibt dabei gigantische Turbinen an und erzeugt auf diese Weise Strom. 

Dieses Prinzip macht sich auch die neue Sand-Batterie zunutze. Das sogenannten power to heat-Verfahren (deutsch: “Strom zu Hitze”) verwendet den überschüssigen Ökostrom, der durch Sonnen- und Windenergie in Kankaanpää generiert wird, und heizt damit Sand in einem Silo auf. Genauer gesagt: 100 Tonnen Sand, die auf vier Meter Durchmesser und sieben Meter Höhe wie in einem großen Ofen zwischen 500 und 600 Grad heiß werden. Diese Batterien können wir wohl nicht in unsere Fernbedienungen stecken. 

PNE Founders Markku and Tommi
Die Polar Night Energy Gründer Markku und Tommi

Warmer Sand ohne Wüste

Und trotzdem sind sie vielseitig einsetzbar, denn die im Sand gespeicherte Hitze kann bei Bedarf wieder in Energie umgewandelt werden. 

“Unsere Hitzespeicher können überschüssige emissionsarme Elektrizität aufnehmen und die Energie für spätere Anwendungen aufbewahren. Die Hitze kann zum Beispiel für lokale Fernwärmesysteme oder industrielle Prozesse, die hohe Temperaturen benötigen, genutzt werden. Bislang verbrennen wir dafür Öl oder Gas”, so Markku Ylönen, Mitgründer von Polar Night Energy.

Nach Angaben der Hersteller:innen verfügt die Sand-Batterie in Kankaanpää über eine Effizienz von 95 Prozent und hat eine Kapazität von bis zu acht Megawattstunden. Zum Vergleich: Ein Haushalt mit zwei Personen verbraucht im Jahr zwischen zwei und drei Megawattstunden. Die Eigenschaften des Sandes und die gute Isolierung sorgen dafür, dass diese Menge bis zu vier Wochen lang gespeichert wird. Die Sand-Batterie soll dabei helfen, die Bevölkerung von Kankaanpää mit Fernwärme zu versorgen – und damit die fehlenden Öl- und Gaslieferungen aus Russland zu kompensieren. 

Alternative Speicher, faire Energiewende?

Aktuell basieren die meisten der etwa 430.000 stationäre Stromspeicher in Deutschland auf Lithium-Ionen-Batterien. Der Abbau der dafür benötigten Rohstoffe, die größtenteils in Ländern des Globalen Südens vorkommen, schadet nicht nur der Umwelt, sondern häufig auch den Menschen vor Ort. Die Sand-Batterie ist deshalb nicht die einzige alternative Speicherform, an der aktuell fieberhaft geforscht wird. 

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Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz setzt schon heute auf Druckluftspeicher oder power-to-gas (deutsch: Strom zu Gas). Bei letzterem wird der überschüssige Strom aus Erneuerbaren Energien genutzt, um Wasser in gasförmigen Wasserstoff oder Methan zu verwandeln. Diese Gase können dann entweder direkt in die Gasversorgung eingespeist oder bei Bedarf wieder verstromt werden. 

Das US-amerikanische Start-up PolyJoule setzt auf einen ganz anderen Ansatz. Es möchte alte Zahnbürste, Flaschendeckel oder Verpackungen zum Energiespeichern nutzen. Sogenannte Polymere, also chemische Verbindungen, die sich in all diesen Gegenständen befinden, sind elektrisch leitfähig und eigneten sich deshalb, so die Überzeugung des Unternehmens, perfekt als Batterien. 

Umweltfreundliche Speicher aus altem Plastik, die Erneuerbare Energien fördern. Das klingt aktuell noch zu schön, um wahr zu sein. Kann es aber bald werden. Daran glaubt auch Markku Ylönen: “Wir arbeiten hart daran, unsere Technologie in großem Maßstab und so breit aufgestellt wie möglich zu produzieren. Vor allem hoffe ich aber, dass sie genutzt wird, um Solar- und Windenergie zu fördern und umweltschädliche Energieträger zu reduzieren.”

Beitragsbild: Polar Night Energy

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    Paul Esser

    Paul Esser ist stellvertretender Chefredakteur beim Good News Magazin. Wenn er gerade keine Medien macht oder konsumiert, studiert er Politikwissenschaften und Psychologie. Warum das alles? Lösungen waren schon immer spannender als Probleme!

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