Luxusgut Nachhaltigkeit?

das ist ein GNM+ ArtikelNeue Wege auf dem Weg in eine nachhaltige Gesellschaft

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von | 11. Dezember, 2023

Unsere Redakteurin Lara schaut sich an, wie sich Nachhaltigkeit in den Bereichen Lebensmittel, Wohnen, Mobilität und Fashion günstig umsetzen lässt.

Das ist ein Beitrag aus unserem fünften Printmagazin mit dem Thema „Auf der Suche nach dem guten Geld“. Diesen und weitere exklusive Beiträge gibt’s im GNM+ Abo

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Während in Berlin-Mitte der Einwegbecher 20 Cent extra kostet und in manchen Cafés für Kuhmilch ein Aufpreis gezahlt werden muss, kostet mich bei jedem Restaurant-Besuch in meiner Kleinstadt ein veganes Gericht einen Aufpreis. Beim Besuch auf dem Wochenmarkt schockieren mich manchmal die Preise für Bio-Gemüse. Im letzten Jahr kam dann die größte Überraschung: Nachhaltiges Hundefutter – glaubt mir, danach habe ich lange gesucht – kostet mich genauso viel wie der Monatseinkauf für mich und meinen Freund. 

Doch nicht nur beim Thema Ernährung stoße ich immer wieder an meine finanziellen Grenzen. Eine Zugreise nach Schweden: Doppelt so teuer wie der Flug (ganz zu schweigen von den 24 Stunden Fahrt). Da stellt sich mir immer wieder die Frage: Wie sollen wir auf gesellschaftlicher Ebene den Sprung in eine nachhaltige Zukunft schaffen, wenn selbst Menschen mit wenig Verpflichtungen und einem hohen Bewusstsein für nachhaltigen Konsum oft nicht wissen, wie sie diesen Lebensstil finanzieren und umsetzen sollen?

Deshalb habe ich mich gefragt: Muss Nachhaltigkeit wirklich immer teurer sein? Oder gibt es nicht doch Tipps und Tricks, wie man günstig und ohne viel Aufwand Nachhaltigkeit besser etablieren kann? Dafür habe ich mir die vier Lebensbereiche mit dem größten Einfluss auf das Klima angeschaut: Lebensmittel, Wohnen, Mobilität und Textilien.

Wie funktioniert nachhaltiger Lebensmittelkonsum?

Eine Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen aus ganz Europa ergab, dass im Lebensmittelkonsum der Europäer:innen Einstellung und Verhalten oft nicht übereinstimmen. Während viele Menschen um die Qualität und Herkunft von Lebensmitteln besorgt sind, zeigt die Arbeit der Wissenschaftler:innen, dass viele nicht bereit sind, für nachhaltigere Produkte mehr zu bezahlen.Obwohl sich hier vieles auf politischer Ebene ändern muss – so zum Beispiel transparente Informationen für Verbraucher:innen auf den Verpackungen – können auch Konsument:innen bewusster einkaufen.

Unsere Redakteurin Lara schaut sich an, wie sich Nachhaltigkeit in den Bereichen Lebensmittel, Wohnen, Mobilität und Fashion günstig umsetzen lässt.
Meine wöchentliche Gemüse-Kiste von einem lokalen Bauern

Eine Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt, dass in Deutschland in privaten Haushalten rund 78 Kilogramm Lebensmittelabfälle pro Kopf und Jahr entsorgt werden. Einsparen ist dabei oft gar nicht so schwierig. Beispielsweise können Konsument:innen auf dem Wochenmarkt nicht nur regionale und saisonale Lebensmittel kaufen, sondern auch die Menge individueller wählen als im Supermarkt. Dabei gleichen sich die oft höheren Preise dadurch aus, dass der Konsum auf wirklich verbrauchbare Produkte reduziert wird. Anfallende Abfälle aus der Weiterverarbeitung lassen sich außerdem super als Dünger auf dem Balkon verarbeiten.

Gegen das Wegwerfen noch genießbarer Lebensmittel in Supermärkten gibt es mittlerweile Lösungsansätze, die das kostengünstige Konsumieren erlauben. So ermöglicht die App To Good To Go Nutzer:innen, Supermärkten und Gastronomiebetrieben kostengünstiger Lebensmittel abzukaufen, die sonst am Ende des Tages im Müll gelandet wären. Bei Die Lebensmittelretter oder foodsharing.de holen Ehrenamtliche die ablaufenden Produkte ab und verkaufen oder verschenken sie weiter.

Obwohl der Eigenanbau von Obst und Gemüse oft günstiger ist, lässt sich das Gärtnern nicht überall umsetzen. Besonders in Großstädten setzt sich immer häufiger das Konzept des Gemeinschaftsgartens oder des Mietfeldes durch. Hier können Interessierte ein Stück Garten oder Feld für den Gemüseanbau mieten. Wer die Arbeit lieber an Externe abgibt, kann beispielsweise einen Obstbaum adoptieren. Hier wird monatlich für die Pflege bezahlt. In der Saison wird dann die Ernte an die Besitzer:innen verschickt.

Kostengünstigeres Konsumieren bieten Abo-Boxen wie Etepetete an, bei denen krummes Gemüse, das die Normen für die Supermärkte nicht erfüllt, weiterverkauft wird. Bauern bieten manchmal die Möglichkeit, das Gemüse, das nicht in die Normen passt, direkt vom Feld zu sammeln. Das ist oftmals bei Kartoffeln der Fall, die bei der Ernte zu klein sind, um von der Maschine erfasst zu werden.

Während der Konsum von Lebensmitteln ein sehr komplexes Thema darstellt, ist es vor allem wichtig, die eigenen Kaufentscheidungen zu hinterfragen. Besonders die Nutzung sozialer Medien beeinflusst Essverhalten. Dazu gehört der Konsum von Superfoods, die lange Transportwege und ressourcenintensive Anbauten erfordern.

Wohnen im Umbruch

Der Bausektor macht 38 Prozent der weltweiten Emissionen aus. Viele dieser Emissionen stammen aus der Wirtschaft und liegen damit außerhalb des Einflusses von Individuen. Doch auch private Entscheidungen rund um das Thema Bauen und Wohnen haben einen großen Einfluss auf das Klima. 

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Solarpaneele sind ein guter Zusatz für ein nachhaltiges Zuhause | chrisrt, depositphotos.com

Grundsätzlich gilt, dass eine längere Lebensdauer von Materialien nicht nur nachhaltiger ist, sondern zusätzlich den Geldbeutel schont. Das Gleiche gilt für die ressourcenschonende Umsetzung von Energiequellen. Denn auch wenn die aktuelle Energiekrise vermuten lässt, dass lokaler Strom aus Wind und Sonne im Vergleich günstiger werden müssten, sind die Preise in die Höhe geschossen.

Deshalb ist beim Wohnen das Sparen von Ressourcen der beste Weg, nachhaltig und günstig zu leben. Einen großen Einfluss auf den Ressourcenverbrauch hat die Wohnfläche. Mit intelligenten Lösungen kann Platz und damit Wohnfläche gespart werden. Wassersparende Duschköpfe oder ein Warmduscher helfen beim Sparen von Wasser und Energie.

Wer selbst Solarenergie produziert, gibt kurzfristig mehr Geld für Energie aus, aber profitiert langfristig von der Investition. Ebenso wie im Bereich Textilien sind hohe Anfangsinvestitionen oft von langfristigem Sparen begleitet.

Umweltbewusst und günstig mobil sein

Immer mehr Regierungen setzen kostengünstigen Nah- und Fernverkehr um. Während auf Mallorca der Nahverkehr für Anwohner:innen seit diesem Jahr kostenlos ist, zeigen sich ebenfalls in Deutschland neue positive Entwicklungen rund um den öffentlichen Verkehr. Das 49-Euro-Ticket ermöglicht die Reise mit dem Nahverkehr in ganz Deutschland. Auch wenn das Ticket aufgrund seines Preises und der komplizierten Umsetzung in der Kritik steht, ist dies eine Entwicklung, die es in dieser Form vorher noch nicht gab. Einige weitere Länder setzen sich für nachhaltige Mobilität ein: In Frankreich wird beispielsweise der Umstieg aufs Elektrofahrrad mit 4.000 Euro gefördert.

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In Frankreich wird die Anschaffung von Elektrofahrrädern gefördert | microgen, depositphotos.com

Die Anschaffung eines Elektroautos in Deutschland wird zudem vielfältig gefördert: So sparen Käufer:innen zehn Jahre lang die Kfz-Steuer und zahlen danach nur die Hälfte. In vielen Bundesländern gibt es zudem regionale Förderungen. 

Günstig und weit fahren geht mithilfe von Carsharing, also dem Mieten von Autos für den täglichen Gebrauch, und Carpooling, einer Initiative, bei der Autofahrer:innen andere gegen einen kleinen Preis auf ihrer geplanten Fahrt mitnehmen.

Ganzheitlich betrachtet besteht beim Thema Mobilität in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch Nachholbedarf. Besonders längere Strecken sind oft sehr teuer. Im europäischen Zugverkehr fehlen nach wie vor Strukturen. Dennoch wurden hier in den letzten Jahren die Zugnetze ausgebaut. Immer mehr Direktzüge verbinden europäische Städte und Reiseziele miteinander und ermöglichen so das Reisen ohne Flugzeug.

Von Fast zu Slow Fashion

Der Kleidungskonsum ist für circa zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. EU-Bürger:innen konsumieren im Durchschnitt 15 Kilogramm Bekleidung und andere Textilien im Jahr. Das entspricht laut EU-Umweltagentur EEA 391 Kilogramm Rohstoffen und 270 Kilogramm CO2-Äquivalenten. Nur 27 Prozent der CO2-Äquivalente entstammen der EU, da die Produktion häufig in Asien stattfindet. Grundsätzlich gilt: Reichere Staaten haben einen tendenziell höheren Verbrauch an Textilien als ärmere.

Institutionen rufen deshalb zu einem nachhaltigeren Kleiderkonsum auf. Doch ethische Marken rufen oft deutlich höhere Preise auf und bleiben damit für viele Menschen ein Luxus. Studien zeigen zudem, dass nur ein Drittel der Konsument:innen bereit sind, mehr für nachhaltige Kleidung zu zahlen, während zwei Drittel die Nutzung nachhaltiger Materialien in ihre Kaufentscheidung einbeziehen.

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Dier Lebenszyklus von nachhaltigen Labels ist deutlich länger | Anton Matyukha, depositphotos.com

Obwohl Expert:innen den Wechsel zu Slow-Fashion-Produkten im Allgemeinen als notwendig für einen klimafreundlichen Wandel in der Branche betrachten, gibt es einfache Wege, wie Konsument:innen mit geringem Budget selbst aus Fast Fashion das Beste herausholen. Je länger die Lebenszeit eines Kleidungsstückes ist, desto umweltfreundlicher ist der Konsum. Im Durchschnitt wird Kleidung sieben Mal getragen. Der New York Fashion Sustainability and Social Accountability Act zeigt: Wenn ein Kleidungsstück doppelt so oft getragen wird wie der Durchschnitt, verringert sich der Einfluss auf das Klima um 49 Prozent. Deshalb ist es besonders wichtig, auf die Qualität der Materialien zu achten.

Im Fachjargon wird vom Cost per Wear gesprochen. Dieser beschreibt, wie viel ein Kleidungsstück kostet, basierend auf der Häufigkeit des Tragens. Je öfter Kleidung im gesamten Lebenszyklus getragen wird, desto geringer ist der Cost per Wear. Nachhaltige Kleidung wird in der Regel aus hochwertigeren Materialien hergestellt und folgt zeitloseren Designs. Deshalb ist der Cost per Wear in der Regel geringer, auch wenn der Einkaufspreis deutlich höher ist.

Alternativen zum traditionellen Konsum sind übrigens der einfachste und günstigste Weg des Kleidungskonsums. Hierzu gehören zum Beispiel der Kauf von Secondhand-Kleidung oder der Besuch eines Kleidertausches

Obwohl die Verantwortung für nachhaltigen Konsum nicht nur an Konsument:innen hängen sollte, können einzelne Konsumentscheidungen einen großen Einfluss auf die angebotenen Produkte haben. Deshalb ist der Mehraufwand bei der Recherche nach kostengünstigen und nachhaltigen Alternativen oft die Suche wert. Gleichzeitig gilt: Statt Perfektionismus lieber auf kleine Veränderungen setzen. Denn niemand ist perfekt und jede Entscheidung macht einen Unterschied. Seriöse Petitionen sind zudem eine Möglichkeit, sich für die Bereiche, bei denen es noch keine Alternativen gibt, auf politischer Ebene einzusetzen.

Beitragsbild: coramueller | depositphotos.com

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    Lara Dehari

    Lara ist Redakteurin beim Good News Magazin. Sie träumt nicht nur von einer besseren Welt, sondern gestaltet sie mit ihren Artikeln aktiv mit. Sie hat Wirtschaftspsychologie und Medienmanagement studiert, bevor sie den Journalismus für sich entdeckte.

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