Viele Hände, schnelles Ende

das ist ein GNM+ Artikel5 positive Crowdfunding-Beispiele

von | 21. Dezember, 2023

Crowdfunding ermöglicht kleinen Projekten die Verwirklichung ihrer Vision. Wir zeigen fünf Beispiele, bei denen es geklappt hat.

Mit Crowdfunding lassen sich private Projekte, innovative Ideen, Start-Ups oder sogar etablierte Unternehmen finanzieren. Dabei zahlen eine Vielzahl von Menschen für eine Projektidee ein, die sie überzeugt hat.

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Alle für einen – Die Schwarmfinanzierung 

Stell dir vor, du hast die geniale Idee, wie die CO2-Bilanz des jährlich wachsenden Musikfestes deiner Stadt endlich ausgeglichen werden könnte. Seit Jahren reisen immer mehr Gäste mit dem Auto oder gar dem Flugzeug aus allen Himmelsrichtungen an. Was tun? Du überlegst dir, dass das Bäumepflanzen der beste Weg ist, um diese entstehenden Emissionen möglichst nachhaltig auszugleichen. Nach aufmerksamem Betrachten leerstehender Flächen und eigenen Berechnungen sind 29 Hektar Mischwald das perfekte Instrument dafür. Das Konzept steht, du hast begeisterte Anhänger:innen, aber leider keine Ahnung, wie du das finanzieren sollst. So erging es den Organisatoren des Bachfestes Leipzig, als sie 2021 mit der Planung des Bach-Waldes starteten. Mittlerweile ist das Projekt finanziert und das nur durch überzeugte Unterstützende.

So also funktioniert Crowdfunding. Zu deutsch bedeutet der Begriff Crowdfunding so viel wie “Schwarmfinanzierung” und stellt neben klassischen Investments eine alternative Finanzierungsmöglichkeit für Projekte von Start-Ups, Privatpersonen aber auch für etablierte Unternehmen dar. Der Kerngedanke von Crowdfunding ähnelt einer klassischen Spende. Denn eine große Anzahl von begeisterten Projektanhänger:innen zahlt eine bestimmte Summe Geld ein, um damit die Verwirklichung eines Projektes zu unterstützen. Der entscheidende Unterschied zur Spende ist die Gegenleistung, die die sogenannte Crowd erhält. Im Gegenzug für die finanzielle Unterstützung werden materielle Leistungen wie erste Produkte, Warengutscheine, oder im Fall des Crowdinvesting sogar Rendite als Dankeschön zurückgegeben. 

Geld regiert die Welt?

Crowdfunding ist ein blühendes Beispiel dafür, was Geld möglich machen kann. Plötzlich werden abstrakte Projektideen, die sonst immer nur “die da oben” verwirklichen können, zu einer Angelegenheit für – nun ja – theoretisch jeden. Geld ist ein Möglichmacher, das normalerweise in der Hand von ganz wenigen liegt. Crowdfunding schafft es, diese Muster aufzubrechen und die Finanzierung von Projekten zu einer Angelegenheit für jeden zu machen. Das Konzept hat sozusagen eine demokratisierende Wirkung auf die traditionelle Finanzierungslandschaft. Es ergibt sich die Möglichkeit, mit dem eigenen Geld an etwas Großem mitzuwirken und im Idealfall sogar wirklich etwas zu verändern. Und dabei ist es ganz egal, ob es sich um einen Klimawald in Leipzig, ein internationales Projekt oder sogar einen Film handelt.

Diese Finanzierungsmöglichkeit gewann vor allem im digitalen Zeitalter an großer Bedeutung, da Online-Plattformen die Rekrutierung der Crowd und die Durchführung der Spendensammlung um ein Vielfaches vereinfachen. Spender:innen können Crowdfunding-Projekte schneller und übersichtlicher im Internet aufrufen und danach mit wenigen Klicks ihren Beitrag dazu abgeben. Außerdem lässt sich die Projektidee durch Social Media in kürzester Zeit in der Welt verbreiten. Diese Entwicklung konnte man in den letzten Jahren auch bei Online-Petitionen beobachten, welche sich dank WhatsApp und Co. deutlich schneller verbreiteten als das ehemalige Flugblatt auf dem Marktplatz.

Crowdfunding läuft üblicherweise in vier Schritten ab: Vorstellung des Projektes, Finanzierung durch die Crowd, die Umsetzung und zuletzt die Gegenleistungsausgabe  für die Crowd. Obwohl es natürlich nicht alle Projekte über den gesamten Weg schaffen, gibt es unglaublich viele Positivbeispiele. In manchen Fällen ist die Überzeugung der Crowd außerhalb des Projektes so groß, dass die Projekte nicht nur umgesetzt werden, sondern erfolgreich durchstarten können und schon bald nicht mehr auf die finanzielle Hilfe der Spender:innen angewiesen sind. Denn Crowdfunding bringt meistens nicht nur Menschen zusammen, die sich etwas dazuverdienen wollen, sondern vereint Menschen, die hinter der Idee des Projektes stehen. Im Folgenden wollen wir euch 5 Positivbeispiele unter den Crowdfunding-Projekten vorstellen, welche dank der Schwarmfinanzierung realisiert werden konnten.

Das Clean-Up-Unternehmen “Everwave”

“Umweltschutz ist nicht wirtschaftlich.” Das bekam Architektur-Studentin Marcella zu hören, als sie im Rahmen ihrer Masterarbeit eine schwimmende Plattform entwickelte, die Strömungen beruhigt und Kunststoffpartikel aus dem Meer fische. Ihre Vision, damit die Gewässer zu reinigen und aus dem gewonnen Plastik-Abfall Bioplastik und saubere Energie zu gewinnen, fand anfangs nur Zweifler:innen. So ein Projekt mit Investor:inen wirtschaftlich groß rausbringen zu wollen, wirkte wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Was soll eine einzige Frau bei diesem riesigen Problem in unseren Weltmeeren schon bewirken? Doch es sollte anders kommen und viele begeisterte Meeresretter:innen schlossen sich Marcellas Vision an. Im Jahr 2016 entstand der Verein Pacific Garbage Screening e.V. mit zwölf Gründungsmitgliedern. Dank der Repräsentation bei der “Ocean Film Tour” in Deutschland in Form eines Infostandes, gewann der Verein weitere überzeugte Mitglieder. Bei der Tour ist in vielen Kinos international eine Auswahl von Kurzfilmen über das Leben im und am Wasser gezeigt, welche auf den Schutz der Meere aufmerksam machen. Im Juni 2018 ist dem Verein bewusst geworden, dass es mehr Kapazitäten und vor allem finanzielle Unterstützung brauche, um die große Motivation aller Meeresretter:innen in die Realität umzusetzen. Mit einer Crowdfunding-Kampagne sammelte der Verein 230.000 Euro und bezeichnet dieses Kapital auf der eigenen Homepage selbst als Startschuss für die Verwirklichung ihres Traumes.

Mittlerweile ist das Start-Up auf die Flussbereinigung spezialisiert, um sich auf den Ursprung des Problems zu fokussieren. Die Müllsammelboote sind unter anderem in Rumänien, der Slowakei, Serbien oder Kambodscha im Einsatz. Denn das Ziel sei es, den Müll bereits in den Flüssen vor dem Eintritt in die Weltmeere zu hindern. Mit Müllsammelbooten, Sammelplattformen und Recyclinghöfen hilft das Unternehmen heute unter dem Namen Everwave bei der Beiseitung von Plastikmüll in den Flüssen weltweit. Neben der Arbeit auf dem Wasser, werden auch Bildungsprogramme an Schulen angeboten, um junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren und aufzuklären.

Der Film “Stromberg”

Eines der größten Crowdfunding-Projekte in Deutschland wurde 2011 von der Firma Brainpool initiiert und ist ein Beispiel dafür, dass besonders bereits etablierte Projekte einen großen Erfolg mit Crowdfunding erzielen können. Für die Finanzierung des Stromberg-Films wurde dazu aufgerufen, an der Crowdfunding-Kampagne teilzunehmen und schon innerhalb einer Woche wurde der Zielbetrag von einer Million Euro für die deutsche Büro-Komödie erreicht. Bereits vor dem Start der Crowdfunding-Kampagne hatte die Mockumentary “Stromberg” eine sehr große und vor allem treue Fangemeinde. Direkt zum Kampagnenstart gab es also eine klare Interessengruppe und große Aufmerksamkeit von der breiten Öffentlichkeit. Zum einen durch diese idealen Startbedingungen und zum anderen durch das attraktive Crowdfunding-Modell für die Spender:innen, wurde die Kampagne zu einem großen Erfolg. Denn die Crowd wurde finanziell am Erfolg des Kinofilms beteiligt, indem pro verkauftes Kinoticket jeweils einen Euro in den Investorenpool eingezahlt wurde. Bei mehr als einer Million verkaufter Tickets, ging für jedes weitere Ticket 50ct in den Investorenpool. Da für die investierende Crowd bereits bei einer Million verkaufter Tickets der Break-Even-Point war, erzielte die Kampagne einen großen Gewinn. Der Kinofilm zählte nämlich 1.320.221 Zuschauer:innen. Als weitere Gegenleistungen für die Unterstützung der Crowd wurde eine Investoren-Lounge im Kino geboten, sowie eine namentliche Nennung im Abspann des Filmes garantiert. Das Modell funktionierte so gut, dass die Kampagne anstatt geplanter sechs Monate nur eine Woche lief. Es ist ein bewundernswertes Beispiel dafür, wie stark eine Fangemeinde sein kann und wie viel sie gemeinsam bewirken kann. Viele Stromberg-Fans kamen zusammen, um das Capitol-Universum noch einmal in Form eines Filmes zum Leben zu erwecken und das mit ihren eigenen finanziellen Mitteln. Für Filmproduzenten und Crowd ein voller Erfolg!



Das Kartenspiel “Exploding Kittens”

Für viele ist das bunt illustrierte Kartenspiel ein fester Bestandteil jeglicher Spieleabende geworden. “Bloß nicht die Katze ziehen!”, heißt die Devise, wenn man sich mit ein paar Freund:innen an eine Runde Exploding Kittens wagt. Mit absurdem Humor, knalligen Farben und süßen Kätzchen wurde das Spiel, vergleichbar mit einem harmlosen Russisch Roulette, zum großen Erfolg. Wer die Katze zieht, stirbt – das ist die Quintessenz des Spiels.
Es ist kaum vorstellbar, dass ein analoges Spiel in einer Welt von Videospielen noch so große Begeisterung erfährt, doch in nicht einmal einer Woche wurden fast vier Millionen US-Dollar per Crowdfunding für die Spielkarten eingenommen. 10.000 US-Dollar war das Ziel, das die beiden Erfinder von Exploding Kittens mithilfe der Kampagne einnehmen wollten. Dass es nach nur einer Woche 4 Millionen Euro waren, ist auch für sie ein glücklicher Erfolg.

Den Erfindern des Spieles und gleichzeitige X-Box-Mitarbeitern Elan Lee und Shane Small kam die Idee für das Kartendeck auf dem Weg zur Arbeit. Anfangs sollte es schlicht nur “Bomb Squad” heißen, was die Erfinder dann aber selbst nicht überzeugt hatte. Im späteren Verlauf der Spieleentwicklung trafen Elan und Lee auf den Comiczeichner The Oatmeal, welcher dem Spiel den letzten Schliff verlieh und die eintönigen Bomben in Katzen abänderte. Warum? “Weil Internet”, begründete The Oatmeal seine Entscheidung selbst. Über die Plattform kickstarter.com startete das Team die Crowdfunding-Kampagne und versprach allen Spender:innen ein Deck des Spieles als Gegenleistung. Die Finanzierung von Exploding Kittens gehört zu den erfolgreichsten kickstarter-Geschichten der Website.

Das Online-Mitbestimmungswerkzeug “brabbl”

Weg von Spiel und Film, kann Crowdfunding auch weniger künstlerischen Projekten eine Starthilfe bieten. Zum Beispiel dem Online-Mitbestimmungswerkzeug brabbl, welches geordnete Diskussionen und faire Abstimmungen in Unternehmen, im Privaten sowie in der gesamten Gesellschaft ermöglichen will. Denn zu oft seien die Diskussionen im Netz unübersichtlich und die Ergebnisse meist frustrierend. Es fehle an Konstruktivität, Moderation und Klarheit, um die Partizipation im Internet zielführend zu gestalten. Die Software brabbl geht dieses Problem an und ermöglicht es eine Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, die auf den besten Argumenten basieren. Mithilfe der Software werden verschiedene Argumente dabei nicht chronologisch aufgelistet, sondern können von den Nutzer:innen bewertet und somit nach Relevanz und Qualität geordnet werden. Neben dieser Funktion ist auch die Erstellung von Umfragen und Meinungsbarometern möglich. Diese vielseitige Einsetzbarkeit macht Entscheidungen und konstruktive Diskussionen im Kleinen, aber auch im im Großen, bspw. bei Volksentscheiden, einfacher. Das Team von brabbl startete 2014 in eine Crowdfunding-Kampagne und schloss diese ein paar Monate später mit einem Startkapital von 40.000 Euro erfolgreich ab. Mittlerweile zählen neben vielen anderen bekannten Namen das Wirtschaftsministerium für Wirtschaft und Energie und die Schwarzkopf Stiftung Junges Europa zu den Kunden der Plattform.

Die Organisation “Mein Grundeinkommen”

Das bedingungslose Grundeinkommen sorgt immer wieder für Diskussionen in der Politik, aber auch in einfachen Diskussionen innerhalb des Freundeskreises. Mag das wirklich eine Lösung sein, jedem Menschen bedingungslos jeden Monat die gleiche Summe Geld zu geben? Ist das überhaupt finanzierbar und die Lösung aller Probleme?
Während um die Umsetzbarkeit und tatsächliche Wirkung des Konzeptes ständig gestritten wird, bietet die Organisation “Mein Grundeinkommen” eine Möglichkeit, die Effekte dieser Idee einfach mal auszuprobieren. Mit dem Slogan “Wir testen schon heute die Gesellschaft von morgen” wird unter vielen Interessenten kostenlos das bedingungslose Grundeinkommen verlost. Die Gewinner*innen erhalten dann ein Jahr lang jeden Monat ca. 1.000 Euro ausgezahlt – bedingungslos. Woher kommt dieses Geld? Tatsächlich per Crowdfunding von anderen Personen, die hinter der Idee der Organisation stehen. Sogenannte “Crowdhörnchen” zahlen monatlich (oder einmalig) einen Unterstützungsbeitrag ihrer Wahl und sind somit auch automatisch in der Lostrommel. Die Organisation verzeichnet eine Vielzahl begeisterter Anhänger:innen, die sich finanziell an der Idee beteiligen. Über diesen Weg können sich Gewinner:innen der Verlosung über die einjährige finanzielle Unterstützung freuen und aus der Praxis berichten, wie sich das bedingungslose Grundeinkommen auf den Alltag auswirkt. So kann Crowdfunding also auch funktionieren.

Crowdfunding, voll easy?

Die hier aufgeführten Beispiele zeigen, wie vielfältig die Realisierung von Crowdfunding-Projekten aussehen kann und dass sie alle eins verbindent Eine Idee, die die Menge begeistert. Meist sind die Projekte vor einer Crowdfunding-Kampagne nur eine Idee auf dem Papier, die nur mit ersten Prototypen und Illusionen gestütz werden kann. Erst die finanziellen Mittel ermöglichen es, dass daraus handfeste Projekte werden können, die sich positiv auf die Gesellschaft auswirken. Wenn du auch Interesse bekommen hast, dich an jungen Projektideen zu beteiligen, reichen schon ein paar wenige Klicks auf Webseiten wie kickstarter.com oder crowdfunding.de. Diese Positivbeispiele zeigen uns: Man muss nicht für alle tragenden Projekte ein Investment-Genie sein. 

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Mara Betjemann

Mara Betjemann ist Redakteurin bei Good News Magazin und freie Autorin. Sie ist der Meinung, dass Medien maßgeblich das Denken vieler Menschen beeinflussen und genau deswegen positiver Journalismus noch viel mehr etabliert werden sollte. Neben dem Schreiben für Good News Magazin, studiert sie Sozialwissenschaften in Düsseldorf und genießt das Leben im Rheinland.

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