"PET Orangen"

Zweites Leben für Orangenschalen – Aus Abfällen werden Öle, Lösemittel und Zitrusfasern

von | 7. Juli, 2023

PeelPioneers recycelt Orangenschalen aus Saftpressen von Hotels, Supermärkten und Co. zu neuen Produkten. Dabei werden 100 Prozent der Schale verarbeitet.

Fruchtig, süß und frisch gepresst – Orangensaft ist nicht nur in Deutschland ein gern gesehener Begleiter des Frühstücks. Die Zitrusfrüchte sind weltweit beliebt und werden zu riesigen Massen geerntet und täglich literweise ausgepresst. Im Jahr 2021 waren es 75,6 Millionen Tonnen Orangen, welche produziert wurden. Dabei fällt häufig außer Acht, dass in den meisten Fällen nur das Innere der Frucht gebraucht wird und die nährstoffreiche Schale als Abfall zurückbleibt. Die Folgen sind tonnenweise Orangenschalen, welche verbrannt werden. Das niederländische Unternehmen PeelPioneers entdeckte 2016, dass die Zitrusschalen voller Nährstoffe stecken und produzieren nun aus den Abfällen u.a. Bindemittel und Öle. Die Orangenschalen beschreiten ihren eigenen Recycling-Zyklus.

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Orangensaft ist weltweit beliebt. Aber was passiert eigentlich mit den Schalen? Bild: pixabay

Der wertvolle Mantel der Orange

Bevor ein Recyclingkreislauf für die Schalen überhaupt ins Gespräch kam, war es üblich, Orangenschalen aus Saftpressen als Abfall abzutransportieren und sie dann verbrennen zu lassen. Durch diesen Vorgang entstanden hohe CO₂-Emissionen, doch PeelPioneers möchten dem entgegenwirken und einen Kreislauf mit geringerer Umweltbelastung entwickeln und zugleich die Nahrungsverschwendung minimieren.

Im Jahr 2016 lernte sich das Gründerteam von PeelPioneers auf einer Veranstaltung zum Thema Kreislaufwirtschaft in Amsterdam kennen. Lindy Hensen, Bas van Wieringen und Sytze van Stempvoort heißen die Drei, welche später die große Chance in Orangenschalen entdecken sollen. Sytze van Stempvoort, der Chemiker unter ihnen, welcher sich auf organische Abfälle spezialisiert hatte, nahm die Orangenschalen mit ins Labor und erkannte die Nährstoffe, welche in den Geweben der Zitrusfrucht schlummerten. 2021 eröffneten das Trio die größte Schalenfabrik Europas, in der mehr als 30 Millionen Kilo Schalen pro Jahr verarbeitet werden.   

Die Saftpressen-Abfälle werden in der Bioraffinerie in den Niederlanden gesammelt und aufbereitet. Die natürlichen Rohstoffe, welche dabei entstehen, werden zu Inhaltsstoffen für Kosmetika und Reinigungsmittel, aber auch für Nahrungsmittel weiterverarbeitet. 

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Bei der niederländischen Firma PeelPioneers werden Orangenschalen recycelt. Bild: ©PeelPioners

Was ist eine Bioraffinerie?

In einer Bioraffinerie wird Biomasse zu Grund- und Feinchemikalien aufbereitet. Ziel soll sein, möglichst alle Biomasse-Bausteine zu verwenden, was heißt, dass die vorhandenen Ressourcen vollständig genutzt und nicht wie in Verbrennungsanlagen vernichtet werden. Dieser Kreislaufvorgang dient der Absicht, die CO₂-Emissionen zu verringern.  Im Falle von PeelPioneers gelingt es, 100 Prozent der angelieferten Orangenschalen weiterzuverarbeiten und somit den nachhaltigen Kreislauf hochzuhalten. Über diesem Weg leisten Bioraffinerien einen wichtigen Beitrag für nachhaltiges Wirtschaften.

Bis die Biomasse in der Raffinerie zu nutzbaren Endprodukten verarbeitet ist, erfolgen mehrere Schritte. Zuerst wird die Biomasse – im Falle von PeelPioneers die Orangenschalen – angeliefert, vorbehandelt und aufbereitet. Anschließend wird das pflanzliche Stoffgemisch in seine grundlegenden Komponenten aufgetrennt, etwa in Stärke oder Cellulose. Im letzten Schritt erfolgen die Veredlungsschritte, die zum Endprodukt führen. 

“With the growing demand for freshly squeezed orange juice, the number of peels is also growing. We make food products out of food products, where we retain the entire incoming (peel) flow in the food chain.”

– Sytze van Stempvoort, Co-Gründer von PeelPioneers

Was aus Orangenschalen werden kann 


PeelPioneers stellt aus den Abfällen fünf Inhaltsstoffe in ihrer Schalenfabrik her, welche dann an andere Firmen zur Verarbeitung weiterverkauft werden. Dazu gehört der weiße Stoff Finix-Citrusfaser, ein kaltgepresstes Orangenschalenöl, das fünffach gepresste Öl namens “Five Fold Oil”, das farblose Lösungsmittel D-Limonen und kandierte Orange. Jedes der vier hier aufgeführten Endprodukte von PeelPioneers finden eine andere Verwendung. So wird beispielsweise die Finix-Citrusfaser als Bindungs- und Verdickungsmittel genutzt. Aus dem weißen Pulver können Soßen, aber auch Badebomben und Cremes im Kosmetikbereich entstehen. Die beiden Öle aus Orangenschalen verleihen Produkten in der Weiterverarbeitung einen köstlichen und völlig natürlichen Orangengeschmack. Die Firmen, welche die Öle weiterverarbeiten, nutzen das natürliche Aroma beispielsweise für Getränke, Muffins oder Körperpflegeprodukte. Auch die kandierten Orangen werden in der Lebensmittelbranche weiterverarbeitet Zuletzt bleibt das farbfreie Lösungsmittel D-Limonen zu erwähnen, welches vorwiegend in Reinigungsmitteln und Körperpflegeprodukten weiterverarbeitet wird. 

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Die Endprodukte von links nach rechts: Five Foild Oil, D-Limonen, kaltgepresstes Orangenschalenöl, Finix-Citrusfaser. Bild: ©PeelPioneers

Aus Alt mach Neu

Die neuen Endprodukte aus ehemaligen Orangenschalen-Abfällen zeigen, dass einstiger Müll in brauchbare Rohstoffe verwandelt werden kann, welche nebenbei auch noch nachhaltig sind. Andere Firmen, die sich das nachhaltige Wirtschaften zur Aufgabe gemacht haben, können die Recycling-Produkte aufkaufen und weiterverarbeiten. Auf diesem Wege entsteht ein umweltfreundlicher Kreislauf in der oft als schädlich verpönten Chemiebranche. Die nachhaltige Spülmittelfirma Seepje zum Beispiel setzt auf vegane, natürliche und fair hergestellte Inhaltsstoffe für ihre Reinigungs- und Spülmittel. Die Öle von PeelPioneers helfen dabei, die perfekte Duftnote in die Allzweckreiniger zu holen. Und in diesem Fall stimmt wirklich, was auf der Verpackung steht: 100 Prozent natürlich!

Beitragsbild: Engin Akyurt via pexels

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Mara Betjemann

Mara Betjemann ist Redakteurin bei Good News Magazin und freie Autorin. Sie ist der Meinung, dass Medien maßgeblich das Denken vieler Menschen beeinflussen und genau deswegen positiver Journalismus noch viel mehr etabliert werden sollte. Neben dem Schreiben für Good News Magazin, studiert sie Sozialwissenschaften in Düsseldorf und genießt das Leben im Rheinland.

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