Das Alarm Phone organisiert Rettung für geflüchtete Menschen, die auf dem Weg in Not geraten und fordert eine neue Perspektive auf Migration, auch politisch. Wie eine andere Migrationspolitik aussehen könnte und warum sie so große Chancen birgt.
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Vor 60.000 Jahren verließen mehrere Gruppen von Menschen den afrikanischen Kontinent und wanderten nach Asien und weiter in alle Winkel der Welt. Vielleicht begann diese Wanderung auch schon vor über 120.000 Jahren. Klar ist in jedem Fall: Bevölkerungsbewegungen hat es schon immer und auch in großem Stil gegeben. Die Welt, in der wir heute leben, ist damit das Ergebnis menschlicher Migration. Auch die Karte des heutigen Europas ist das Ergebnis von Wanderungen, unter anderem der German:innen, Slaw:innen und Türk:innen. Vergessen wird zudem schnell, dass aus Europa über Jahrhunderte vorwiegend Menschen auswanderten; erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist der Kontinent eine Zuwanderungsregion*.
Europa: Ein Migrationskontinent
“Historisch gesehen wurde Europa geschaffen, überworfen und neu geschaffen durch Bewegungen von Menschen(gruppen)“, so der Migrationsforscher und Soziologe Adrian Favell. Dass Migration nicht mehr als Grundpfeiler der europäischen Gesellschaft gesehen wird, ist eine vergleichsweise junge Entwicklung, bedingt durch die Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aber auch durch die darauffolgende wirtschaftliche und zunehmend politische Kooperation zwischen europäischen Staaten. Mit dem Schengen-Abkommen von 1985 und der Einführung des Binnenmarkts 1993 wurde das freie Reisen innerhalb der Europäischen Union möglich, gleichzeitig aber eine feste Außengrenze für Nicht-EU-Bürger:innen geschaffen. Mit dem Vertrag von Amsterdam wurden 1999 Maßnahmen zur Verschärfung der Kontrollen an den Außengrenzen und zur Schaffung eines “Gemeinsamen Europäischen Asylsystems” (GEAS) eingeführt.
Diese Zuwanderung ist in den letzten Jahrzehnten vermehrt zum Gegenstand hitziger Debatten geworden. Dabei kommt ein Fakt häufig zu kurz: Zuwanderung birgt, sofern richtig umgesetzt, große Vorteile – und ist in Staaten wie Deutschland sogar dringend notwendig. Dafür jedoch braucht es eine andere Migrationspolitik.
Der demographische Wandel bedingt in vielen westlichen Ländern eine zunehmende Überalterung der Gesellschaft und damit einen erhöhten Bedarf an Arbeitskräften, besonders im Bereich der Pflege und Versorgung, aber auch allgemein. In Deutschland sorgt der sogenannte “Generationenvertrag” zusätzlich dafür, dass durch die schrumpfende arbeitende Bevölkerung das Sozialsystem bzw. die Rentenfinanzierung immer mehr wankt.
400.000 Migrant:innen brauche Deutschland pro Jahr, argumentierte 2021 der Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, um diese Entwicklung aufzufangen und besonders dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Bereits jetzt füllen Menschen aus Nicht-EU-Ländern wichtige Lücken gerade in den Sektoren der Pflege, Gastronomie und im Baugewerbe. Doch auch in anderen Sparten, die oft eine hohe Qualifizierung voraussetzen, werden Arbeitskräfte gebraucht. Auch diese Arbeit k…