Ein historisches Urteil stärkt die Rechte der Natur – und rückt den jahrzehntelangen Kampf indigener Frauen ins Licht der Weltöffentlichkeit.
Im peruanischen Amazonasgebiet hat das Volk der Kukama Kukamiria gemeinsam mit ihrer Anführerin Mari Luz Canaquiri einen wegweisenden Erfolg errungen: Im März 2024 erklärte ein peruanisches Gericht den Marañón-Fluss und seine Nebenflüsse zu Rechtssubjekten – also zu juristischen Personen mit eigenen Rechten. Es ist das erste Mal in der Geschichte Perus, dass ein Fluss diesen Status erhält.
Der Fluss als Lebewesen – was bedeutet das?
Für die Kukama ist der Marañón nicht nur ein Fluss, sondern ein heiliges, beseeltes Wesen. Diese Sichtweise fand erstmals Anerkennung im peruanischen Rechtssystem. Die Klägerinnen – organisiert in der Gruppe Huaynakana Kamatahuara Kana („Arbeitende Frauen“) – konnten mit juristischer Unterstützung erreichen, dass der Fluss eigene Rechte erhält. Die Gemeinschaften der Kukama wurden vom Gericht als rechtliche Vertreterinnen und „Hüterinnen“ des Flusses anerkannt.
Hintergrund: Jahrzehnte der Umweltverschmutzung
Grundlage der Klage waren wiederholte Ölverschmutzungen durch Lecks in der staatlichen Pipeline Norperuano, betrieben von Petroperú. Diese Umweltkatastrophen haben die Lebensweise der Kukama und das Ökosystem des Marañón-Flusses schwer geschädigt. Das Gericht ordnete an, dass Petroperú die Pipeline „sofort, effektiv und umfassend“ warten und einen neuen Umweltmanagementplan vorlegen müsse. Zudem soll die Regionalregierung Flussbeiräte mit indigener Beteiligung einrichten.
Internationale Anerkennung für Mari Luz Canaquiri
Für ihren Einsatz wurde Mari Luz Canaquiri 2025 mit dem renommierten Goldman Environmental Prize ausgezeichnet, auch bekannt als „Grüner Nobelpreis“. Die Auszeichnung würdigt Umweltaktivist:innen, die sich unter hohem Risiko für ihre Gemeinschaften und Ökosysteme einsetzen.
Ein Urteil mit Signalwirkung
Das Urteil wird als juristischer Meilenstein gewertet. Es stärkt die Rechte der indigenen Bevölkerung und ist Teil eines internationalen Trends: In Ländern wie Neuseeland und Kolumbien wurden bereits zuvor Naturgebiete als juristische Personen anerkannt. Der peruanische Präzedenzfall reiht sich in diese wachsende globale Bewegung ein, die ökologische Gerechtigkeit und indigene Kosmovisionen in den Mittelpunkt stellt.
Foto: Huaynakana Kamatahuara Kana