Weil die Lagunen Vanuatus regelrecht im Müll erstickten, führte der kleine Inselstaat vor sechs Jahren eines der strengsten Plastikverbote der Welt ein. Seitdem zeigen sich beeindruckende Ergebnisse: Verbotene Kunststoffe machen nur noch einen Bruchteil des Abfalls aus.
Jedes Jahr gelangen zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Meere. Dort vermüllt es die Ökosysteme, bedroht die Tierwelt und gefährdet die Lebensgrundlagen vieler Küstengemeinden. Für kleine Inselstaaten wie Vanuatu im Südpazifik ist die stetig wachsende Verschmutzung besonders herausfordernd: Zum einen hängt die Versorgung ihrer Bevölkerung stark von Importen ab, die große Mengen an Plastikverpackungen mit sich bringen. Zum anderen bringen Meeresströmungen Plastikmüll aus der ganzen Welt in die pazifischen Gewässer und an die Ufer der Inseln.
Viele Inselstaaten einschließlich Vanuatu verfügen außerdem nicht über angemessene Recycling- oder Abfallentsorgungsanlagen. Müll wird oft verbrannt oder gelangt in Flüsse und Lagunen, von wo aus er weiter in die Meere gespült wird. Schätzungen zufolge erzeugen pazifische Länder im Schnitt ein Kilo Abfall pro Person und Tag: 40 Prozent mehr als der globale Durchschnitt.
Verbotene Kunststoffe machen nur noch 2 Prozent des Abfalls aus
Aufgrund dieser Herausforderungen und nach öffentlichem Druck ergriff die Regierung Vanuatus deshalb als eine der ersten weltweit drastische Maßnahmen gegen den Plastikmüll. Mit dem Ziel, die Menge der erzeugten Abfälle zu senken, verbot die Regierung 2018 den Verkauf und Vertrieb bestimmter Einwegkunststoffe. Dazu gehört auch das erste Plastikstrohhalm-Verbot der Welt.
Sechs Jahre später zeigen sich beeindruckende Ergebnisse. Wie der Guardian berichtet, benutzen die meisten Einkaufenden auf dem lokalen Markt oder in Lebensmittelgeschäften inzwischen wiederverwendbare Taschen. Plastiktüten seien kaum zu sehen. Auf Festivals und Veranstaltungen würden Lebensmittel häufig in Bananenblättern statt in Kunststoff-Takeaway-Boxen serviert. Die Vanuatu Environmental Science Society hat bei der Auswertung von gesammeltem Müll festgestellt, dass der Anteil der nun verbotenen Kunststoffe im Abfall von 35% auf weniger als 2% gesunken ist.
Von der Petition zur Gesetzgebung
Ins Rollen gebracht wurde das Verbot wurde durch eine Petition von Christelle Thieffry, einer Französin, die seit mehr als zwanzig Jahren in Vanuatu lebt. Im Frühling 2017 starteten sie und ihr Mann eine Facebook-Seite namens „No plastik, plis” und eine Petition, um Einweg-Plastiktüten zu verbieten. Die Petition wurde in nur wenigen Wochen von mehr als 2.000 Menschen unterschrieben und erregte damit die Aufmerksamkeit des Premierministers, der sie im Juli in einer Rede erwähnte. Schließlich wurde der damalige Außenminister Ralph Regenvanu mit der Entwicklung und Umsetzung eines Gesetzes beauftragt.
Verboten wurden im ersten Gesetz dünne Einweg-Plastiktüten, Styropor-Takeaway-Boxen und Plastikstrohhalme. 2020 wurden in einer zweiten Phase des Gesetzes sieben weitere Artikel zur Liste der verbotenen Kunststoffe hinzugefügt, darunter Einwegbesteck, -becher und -teller, Gemüsenetze, künstliche Blumen und Eierkartons aus Plastik. Bei Verstößen drohen Geldstrafen von bis zu 20.000 Vatu, etwa 155 Euro. Für die Menschen vor Ort ist das viel Geld.
Trotzdem brauchte es auch Kompromisse. Fischer:innen dürfen beispielsweise weiterhin Plastik verwenden, um ihre Produkte einzuwickeln und zu transportieren. Auch Plastikflaschen bleiben bisher erlaubt. Da Vanuatu sich bei Lebensmitteln stark auf Importe verlässt, wäre auch ein Verbot von Lebensmittelverpackungen schwer umsetzbar.
Gewebte Taschen statt Plastiktüten, Pflanzentöpfe aus Pandanblättern
Für die Ni-Vanuatus, wie sich die Einwohner:innen des Archipels nennen, war das Verbot ebenfalls eine Herausforderung; die Leute hatten sich an Plastikprodukte gewöhnt. Nun müssen sie durch das Verbot wieder mehr lokale Produkte und Rohstoffe nutzen. Dadurch sind immer mehr Initiativen entstanden, die Alternativen zu den verbotenen Produkten anbieten. So haben Gemeinden begonnen, Plastik-Pflanzentöpfe durch biologisch abbaubare einheimische Pandanblätter zu ersetzen. Die Nachfrage nach traditionell gewebten Taschen ist stark gestiegen, was auch die lokale Wirtschaft gestärkt hat. Und das vanuatische Unternehmen Mamma’s Laef, das wiederverwendbare Stoffbinden verkauft, hat sein Sortiment nach dem Verbot um Windeln und Taschen erweitert.
Trotzdem ist Plastik immer noch ein Problem in dem Inselstaat, besonders, da es keine geeigneten Entsorgungsmöglichkeiten und Recyclinganlagen gibt. Die Regierung möchte daher ein System für die Entsorgung von Plastikflaschen einführen, um die verbleibenden Plastikreste recyceln zu können. Nach der offensichtlichen Wirkung der Gesetze sind auch weitere Verbote in Planung, beispielsweise für Einwegwindeln.
Hier erfährst du noch, wie Kanada mit schrittweisen Plastikverboten bis 2030 plastikfrei werden möchte.
Dieser Beitrag ist zuerst bei Squirrel News erschienen.
Beitragsbild: Seiji Seiji / Unsplash