Seit Dezember 2022 führt Kanada ein schrittweises Verbot von sechs Plastik-Produktkategorien ein. Ziel ist es, bis 2030 plastikfrei zu werden.
In der EU wurden bestimmte Einweg-Plastikprodukte bereits vor eineinhalb Jahren schrittweise verboten. Jetzt folgt auch Kanada dem ambitionierten Ziel, Plastik von der Produktion, über den Verkauf bis hin zu Im- und Export zu reduzieren. Zuerst einmal trifft dies sechs Kategorien: Einkaufstüten, Einwegbesteck, Verpackungen von Takeout-Produkten, Aluminium-Flaschenhalter, Rührstäbchen und Strohhalme. Damit folgt Kanada den auf dem Klimagipfel 2022 in Montreal gesetzten Zielen.
Kanadas Klima-Engagement
Auch wenn Premierminister Justin Trudeau große Ziele für das Klima hat, belegt Kanada regelmäßig einen der hinteren Plätze im internationalen Vergleich. Das liegt vor allem an der Ölindustrie, die im Land sehr mächtig ist. In der Klimabilanz des Global Carbon Atlas belegte Kanada im Jahr 2020 Rang 61 von 64. Doch seitdem ist einiges passiert. Zu Beginn des letzten Jahres hat Kanada einen konkreten Plan vorgelegt, wie die Emissionen bis 2030 reduziert werden sollen. Bereits im Jahr 2021 hatte Kanada die eigenen Ziele nochmals verschärft. Im Gespräch mit Bloomberg Green bestätigte Trudeau, dass das Land zum Klima-Vorreiter werden möchte.
Das Plastikverbot ist dabei nur einer von vielen Schritten auf dem Weg in eine plastikfreie Zukunft, aber ein sehr wichtiger Anfang. Kanada produziert pro Jahr drei Millionen Tonnen Plastikmüll. Davon werden gerade einmal neun Prozent recycelt, 85 Prozent landen auf Müllkippen und circa ein Prozent endet in Gewässern. Damit verschmutzen jedes Jahr 20.000 Tonnen – in der Regel als besonders schädlich geltende – Plastikprodukte das Meer. Mit dem Beginn des Plastikverbots hofft Kanada, langsam von Einweg auf Mehrweg umsteigen zu können und so langfristig Plastikmüll zu reduzieren.
Ziel ist eine plastikfreie Zukunft
Seit Dezember 2022 dürfen die gelisteten Plastikprodukte nicht mehr produziert und importiert, aber übergangsweise weiterhin genutzt werden. Ende diesen Jahres ist dann auch der Verkauf und die Ausgabe nicht mehr gestattet. Die Flaschenhalter werden mit einem halben Jahr Verzögerung verboten, damit Unternehmen genug Zeit haben, eine Alternative einzuführen.
Die betroffenen Produkte wurden aus bestimmten Gründen von der Regierung ausgewählt. So werden diese besonders häufig in der Natur gefunden, sind oft schwer wiederzuverwerten und können leicht durch Alternativen ersetzt werden. Einige Produkte, die eigentlich auch in die Kategorien fallen würden, bleiben vom Verbot ausgeschlossen. So werden Strohhalme, die flexibel verbogen werden können, in der Pflege eingesetzt und sind momentan noch nicht ersetzbar.
Das Verbot der Produkte macht nur drei bis fünf Prozent des kanadischen Plastikmülls aus, ist aber laut wissenschaftlichen Stimmen ein unbedingt notwendiger erster Schritt für ein Umdenken in Bezug auf Einwegprodukte. Umweltschützer:innen reagierten dennoch enttäuscht. Produkte wie Einwegdeckel für Kaffeebecher sind nicht von dem Verbot betroffen, obwohl sie eines der häufigsten in der Natur gefundenen Plastikprodukte darstellen. Laut der kanadischen Regierung sei der Grund dafür, dass es nicht genug Alternativen gäbe.
Aus Einweg wird Mehrweg
Mit dem Verbot werden neben nicht-recyclebaren Produkten auch kompostierbare Produkte verboten. Die Maßnahmen der kanadischen Regierung sollen damit auch ein Umdenken hin zu Mehrwegprodukten fördern und damit eine plastikfreie Zukunft unterstützen. Kompostierbare Plastikprodukte, die aus pflanzlichen Stoffen hergestellt werden und vermeintlich weniger umweltschädlich sind, landen in Kanada trotz ihrer Eigenschaften oft auf Müllkippen. Das hängt damit zusammen, dass der Begriff „kompostierbar” sehr weit greift. In der Theorie zersetzt sich jedes Produkt irgendwann. Um richtig kompostiert zu werden, müssen Produkte den richtigen Bedingungen ausgesetzt werden. Kanada besitzt jedoch in der Regel nicht die nötigen Anlagen, die diese Bedingungen schaffen.
Ein weiterer Grund, warum vermeintlich umweltfreundliche Produkte in das Verbot eingeschlossen sind, ist die Ambition Kanadas, Mehrwegprodukte zu fördern. Nach Definition gelten nur solche Produkte als Mehrweg, die ohne Schäden einhundert Spülmaschinengänge überstehen. Mehrweg reduziert damit nicht nur den Plastikmüll, sondern auch die Emissionen pro Produkt. Damit unterstützen sie ein weiteres großes Ziel des Landes.
Unternehmen zeigen Eigeninitiative
Bereits vor dem vollständigen Verbot haben einige Unternehmen auf nachhaltige Alternativen umgestellt. Die Kaffehaus-Ketten Starbucks und Tim Hortons führen in den gelisteten Kategorien keine Einwegprodukte mehr. Sobeys, eine kanadische Supermarktkette, rief im Rahmen einer Plastic Waste Challenge Industrie-Unternehmen dazu auf, ihnen innovative Plastik-Alternativen für die Verpackung von Fleischprodukten vorzustellen.
Noch bleibt es allerdings eine Herausforderung, den Umstieg auf Mehrweg-Produkte umzusetzen. Lediglich auf Papier- statt Plastiktüten zurückzugreifen, würde zwar den Plastikmüll reduzieren, aber dafür höhere Emissionen mit sich bringen. Daher ist es von Seiten der Regierung nun notwendig, gezielt Mehrwegprodukte zu fördern. Auch der Ausbau von Recycling-Möglichkeiten bedarf Förderungen. Insgesamt ist das Verbot allerdings ein sehr wichtiger Schritt, der langfristig helfen wird, Plastikmüll und damit Schäden für die Umwelt zu reduzieren.
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