Neues Potential in Sachen Ökostrom: Terrakotta-Ziegel mit Solarzellen ermöglichen nun auch auf traditionellen Gebäuden Solarstrom.
Ob auf Häuser- oder Garagendächern, freien Wiesenflächen oder Parkscheinautomaten: überall sind mittlerweile Solaranlagen zu finden. Damit steigt auch die Menge an durch Sonnenenergie generiertem Strom rasant an. Waren es im Jahr 2011 weltweit noch 70 Gigawatt, konnten 2021 bereits 942 Gigawatt auf diese Weise produziert werden. Zum Vergleich: Das niederbayerische Kernkraftwerk Isar 2 – eines der drei nennleistungsstärksten Kernkraftwerken weltweit – konnte im Vorjahr rund 1,49 Gigawatt verzeichnen.
Doch nicht überall kann Solarenergie genutzt werden, etwa auf denkmalgeschützten Gebäuden. Eine italienische Firma hat dafür nun eine Lösung gefunden: Sie entwickelt Solarziegel, die jenen aus Terrakotta nachempfunden sind und sich damit perfekt in das typische Bild südeuropäischer Städte fügen. So bringt das Unternehmen Solarenergie dorthin, wo sie besonders lohnenswert ist – in die sonnenreichsten Städte Europas.
Tradition trifft Moderne
Hinter den modernen Solarziegeln steckt das italienische Familienunternehmen Dyaqua aus der kleinen Gemeinde Camisano Vicentino im Nordosten Italiens. In Handarbeit stellen sie die Solarpaneele her, die durch eine spezielle Technik funktionsfähig sind: Über die eigentlichen Photovoltaikzellen trägt das Unternehmen eine gefärbte Polymermasse auf, die allerdings durchlässig für die relevanten Lichtbestandteile ist. Zwar haben Form und Färbung der Dachziegel einen leichten negativen Einfluss auf die Aufnahmeleistung, doch das Potenzial der Ziegel ist dennoch groß. Nicht zuletzt, weil die Instandhaltung von Ziegeldächern simpel ist. Beschädigte Ziegel können einfach ausgetauscht werden. 2015 wurde Invisible Solar vom italienischen Ministerium für kulturelles Erbe, Aktivitäten und Tourismus (MiBACT) deshalb als Lösung zur Verbesserung der Energieeffizienz im kulturellen Erbe beschrieben.
Erste Solarziegel in Pompeji
Die Assoziationen mit der süditalienischen Stadt Pompeji sind vermutlich eher geschichtlich geprägt als technologisch. Doch das Haus der Cecere wird nun hochmodern und absolut unsichtbar mit Solarziegeln mit Sonnenenergie versorgt. Für Gabriel Zuchtriegel, Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji, liegen die Vorteile der Technik auf der Hand: “Da wir ein umfangreiches Beleuchtungssystem brauchten, konnten wir entweder weiterhin Energie verbrauchen, Masten und Kabel herumstehen lassen und die Landschaft verschandeln, oder uns dafür entscheiden, sie zu respektieren und Millionen Euro zu sparen.” Auch in Zukunft sollen die Solarziegel bei weiteren Bauten in Einsatz kommen.
Weitere Ziegel wurden im Rahmen des europäischen Projekts POCITYF installiert. So entstanden erste Vorzeigeprojekte im kroatischen Split, portugiesischen Evora und niederländischen Alkmaar. Viele weitere Invisible Solar-Projekte sollen schon bald folgen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind enorm: Da es das Unternehmen nach eigenen Angaben auch möglich ist, Solarpaneele in Holz-, Stein- oder Betonoptik herzustellen, könnten auch Projekte in Form von Wänden und Böden realisiert werden.
Beitragsbild: Trey Musk/ unsplash