In der vorangegangenen Woche hat sich der EU-Trilog aus Parlament, Kommission und Rat zum Renaturierungsgesetz geeinigt.
So müssen die Mitgliedstaaten in mehreren Schritten die vom Gesetz abgedeckten Lebensräume in einen guten Zustand versetzen, zum Jahr 2030 insgesamt 30 Prozent der Flächen, bis 2050 schließlich 90 Prozent.
Im Gegensatz zum Parlamentsvorschlag soll ein Teil der Moore wiedervernässt werden, allerdings ohne die Landbesitzer:innen dazu zu zwingen. Zudem sollen bis zum Jahr 2030 Natura-2000-Schutzgebiete prioritär renaturiert werden. Die Einigung des Trilogs muss nun im nächsten Schritt von den Mitgliedstaaten und dem Parlament final angenommen werden.
„Das Renaturierungsgesetz spielt eine zentrale Rolle für die Umsetzung der Ziele des Weltnaturgipfels in Montreal 2022 und des Green Deals. Dies ist die wichtigste Maßnahme für die Natur seit dem Natura 2000-Beschluss im Jahr 1992. Europa wird damit Vorreiter in Sachen nachhaltige Landnutzung und Naturschutz. Das Gesetz dient explizit der Wiederherstellung von Ökosystemen. Das ist essenziell für den Schutz von Biodiversität und Klima, und gleichermaßen für die Sicherung der Ernährung, der Wirtschaft und unserem Wohlergehen.“
Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN), Frankfurt am Main, und Professorin am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Was sich hinter dem Renaturierungsgesetz verbirgt
Das Renaturierungsgesetz soll als zentraler Teil des Green New Deals dafür sorgen, degradierte Ökosysteme wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Die EU-Kommission will mit dem Gesetz die Mitgliedstaaten verpflichten, Städte zu begrünen, trockengelegte Moore wiederzuvernässen, die Ökosysteme der Meere instand zu setzen sowie Flüsse und Wälder naturnaher zu gestalten. Auch Äcker und Weiden sollten insekten- und vogelfreundlicher gestaltet und der Rückgang an Bestäubern aufgehalten werden.
„Das Renaturierungsgesetz ist ein großer Erfolg für den Umweltschutz in der EU. Es ist der erste rechtlich bindende Mechanismus für Biodiversität der letzten drei Jahrzehnte seit der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie. Trotz schwieriger Verhandlungen zwischen Parlament und Kommission bleibt das Gesetz im Kern ambitioniert: 20 Prozent der Land- und Seeflächen sollen bis 2030 renaturiert werden sowie 90 Prozent der Habitate in schlechtem Zustand bis 2050. Das Gesetz deckt alle wichtigen Ökosysteme ab und wird zu mehr Biodiversität und resilienteren Wäldern beitragen, zu mehr nachhaltiger Landwirtschaft, wilderen Flüssen und zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen aus Europas Mooren.“
Prof. Dr. Henrique Pereira, Leiter der Forschungsgruppe Biodiversität und Naturschutz, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Im Juli 2023 hatte das EU-Parlament dem Renaturierungsgesetz zugestimmt, was direkt nach der Abstimmung als großer Erfolg für den Umweltschutz vermeldet wurde. Erst bei einem genaueren Blick auf die Abstimmungsdetails wurde klar, dass der ursprüngliche Kommissionsvorschlag vom Parlament an entscheidenden Stellen stark verändert worden war: Etwa wurde der Artikel zur Renaturierung in der Landwirtschaft und Wiedervernässung von Mooren gänzlich vom Parlament abgelehnt. Zudem wurden bindende Ziele gestrichen und durch weniger strikte Formulierungen ersetzt. Diese Schwächen wurden nun in der Trilog-Einigung wieder behoben.
„Das Renaturierungsgesetz ist aus Sicht des Schutzes der Artenvielfalt ein wichtiges Gesetzesvorhaben. Der Standpunkt von Parlament und Rat, über den im Trilog verhandelt wurde, enthielt zahlreiche Schwächungen und Lücken des Renaturierungsgesetzes, wie beispielsweise das Streichen von Naturschutzgebieten in Agrarräumen und das Weglassen der Moorrenaturierung. Die Schwächung dieses Gesetzesvorhabens erfolgte mit teilweise nicht nachvollziehbaren Argumenten. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass durch die Verhandlungen die Naturschutzgebiete in der Agrarlandschaft und die Moore wieder Teil des Gesetzes sind.“
Prof. Dr. Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Universität Rostock
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