Nach mehr als vier Jahren in iranischer Haft ist die deutsch-iranische Menschenrechtlerin Nahid Taghavi wieder in Deutschland.
Die 70-Jährige wurde am 12. Januar 2025 aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis entlassen. Wenige Stunden später konnte sie in ein Flugzeug nach Deutschland steigen. Am Flughafen Köln/Bonn wurde Taghavi von ihrer Tochter und zahlreichen Unterstützer:innen empfangen. Außenministerin Annalena Baerbock begrüßte ihre Rückkehr mit den Worten:
„Nahid Taghavi kann endlich wieder in Freiheit leben. Ihr Fall zeigt, dass internationaler Druck wirkt, doch wir dürfen nicht vergessen, dass noch viele andere unschuldig Inhaftierte auf Hilfe warten.”
Verhaftung und Inhaftierung in Teheran
Taghavi wurde im Oktober 2020 während eines Aufenthalts in Teheran festgenommen. Die iranischen Behörden warfen ihr unter anderem „Propaganda gegen den Staat“ und die „Leitung einer illegalen Gruppe“ vor – Vorwürfe, die häufig gegen Menschenrechtsaktivist:innen im Iran erhoben werden. Nach ihrer Festnahme wurde Taghavi in das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran gebracht, das für seine harten Haftbedingungen bekannt ist. Ihr Gerichtsverfahren dauerte nur zwei Tage und wurde von internationalen Beobachter:innen als unfair kritisiert. Ein Revolutionsgericht verurteilte sie zu zehn Jahren und acht Monaten Haft. Menschenrechtsorganisationen stufen sie als gewaltlose politische Gefangene ein.
Internationale Unterstützung und diplomatischer Druck
Schon kurz nach ihrer Verhaftung begannen zahlreiche Familienmitglieder und Unterstützer:innen, sich für ihre Freilassung einzusetzen. Ihre Tochter Mariam Claren machte ihren Fall über soziale Medien, öffentliche Kampagnen und Petitionen bekannt. Unter dem Hashtag #FreeNahid forderten zahlreiche Aktivist:innen und Organisationen wie Amnesty International ihre Freilassung. Der Fall Taghavi wurde zu einem Teil einer Bewegung, die sich für Gerechtigkeit und Solidarität mit unrechtmäßig im Iran inhaftierten Staatsbürger:innen einsetzt. Immer mehr Menschen forderten ihre Freilassung und erhöhten den Druck auf die deutsche Bundesregierung, damit das Schicksal politischer Gefangener nicht in Vergessenheit gerät. Allein in Deutschland kamen über 30.000 Unterschriften zusammen, die diesen Appell unterstützten. Unter anderem sprach sich Außenministerin Annalena Baerbock wiederholt öffentlich für Taghavis Freilassung aus.
Haftbedingungen und gesundheitliche Probleme
Während ihrer vierjährigen Haft litt Taghavi zunehmend unter gesundheitlichen Problemen. Sie erkrankte an Diabetes und entwickelte starke Rückenbeschwerden. Trotz ihres kritischen Zustands wurde ihr über lange Zeit eine angemessene medizinische Versorgung verweigert. Menschenrechtsorganisationen prangerten die mangelhafte ärztliche Betreuung an und warfen den Behörden den Einsatz sogenannter „Weißer Folter“ vor – einer Form psychischer Folter ohne körperliche Spuren. Sie forderten ihre umgehende Freilassung aus humanitären Gründen. Trotz ihrer gesundheitlichen Probleme blieb Taghavi ungebrochen und hielt unbeirrt an ihren Überzeugungen fest, wie ihre Tochter in Interviews erklärte.
Ein Zeichen für Solidarität und Engagement
Die Freilassung von Nahid Taghavi ist nicht nur ein persönlicher Erfolg für sie und ihre Familie, sondern auch ein Beispiel dafür, wie internationale Aufmerksamkeit und diplomatisches Engagement Veränderungen bewirken können. Gleichzeitig bleibt die Lage im Iran angespannt. Noch immer sitzen zahlreiche politische Gefangene unter teils lebensbedrohlichen Bedingungen in Haft. Amnesty International fordert weiterhin die sofortige Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen, darunter auch weitere Doppelstaatler:innen, die aus ähnlichen Gründen inhaftiert wurden. Nach der Freilassung ihrer Mutter wandte sich Mariam Claren über Instagram an die Öffentlichkeit. Sie bedankte sich für die breite Unterstützung während der Haftzeit und bat gleichzeitig um Verständnis dafür, dass ihre Familie nun Zeit für sich benötigt, um die Ereignisse zu verarbeiten. Claren betonte die Bedeutung von Privatsphäre in dieser sensiblen Phase und äußerte den Wunsch, dass die Medien und die Öffentlichkeit diese respektieren.
Quellen:
https://www.hawar.help/de/nahid-taghavi-is-free/
https://www.instagram.com/free.nahid/
https://www.amnesty.de/aktuell/iran-nahid-taghavi-wieder-frei-deutsch-iranerin-freilassung-haftentlassung