Im niedersächsischen Winsen (Luhe) wurde das deutschland- und europaweit erste vollständig klimaneutrale Naturbad eröffnet.
2017 stellte sich in Winsen (Luhe) erstmals die Frage, was aus dem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau im Eckermannpark werden sollte. Elf Jahre zuvor hatten noch Tausende Besucher:innen die Blütenpracht und Gartenideen bestaunt, doch inzwischen war der sieben Hektar große Park gezeichnet von Vandalismus, wodurch die Attraktivität deutlich litt.
In einer umfassenden Bürger:innenbeteiligung wurden Ideen gesammelt – und schnell zeichnete sich eine von der Mehrheit unterstützte Lösung ab: Ein Naturbad sollte her. Nach einer Machbarkeitsstudie und dem finalen Projektbeschluss aus dem Jahr 2020 wurde es nun mit einem Jahr Verzögerung am 2. Mai 2025 eröffnet: Deutschlands erstes Naturbad, das klimaneutral betrieben wird, also unterm Strich keine zusätzlichen Treibhausgase verursacht.
Klimaneutralität durch clevere Technik
Schon beim Bau wurden die Emissionen so weit wie möglich reduziert, indem umweltfreundliche Materialien und ressourcenschonende Techniken eingesetzt wurden. Im laufenden Betrieb will das Schwimmbad durch grünen Strom und moderne Technik eine ausgeglichene Bilanz erreichen.
Dafür produziert es mit einer Photovoltaikanlage auf dem Hauptgebäude seinen eigenen Strom. Die Nennleistung der Anlage liegt bei 66 Kilowattpeak (kWp). Überschüsse aus dem produzierten Strom werden in das Winsener Netz eingespeist und kann zum Laden von E-Autos oder dem Betrieb von Wärmepumpen genutzt werden. Im Sommer wird zusätzlich Wärmeenergie über Absorberplatten auf dem Dach gewonnen, im Winter aus dem Wasser in den Schwimmbecken. Insgesamt spart das Naturbad jährlich mehr als 130 Tonnen CO₂ im Vergleich zu einem herkömmlichen Freibad ein und produziert sogar mehr Strom, als es verbrauchen kann.
Ganzheitlich nachhaltig
Auch die Gastronomie des Naturbades verfolgt ein nachhaltiges Konzept und verarbeitet vor allem regionale und saisonale Zutaten. Plastikverpackungen werden nach Möglichkeit vermieden, und das Abfallmanagement ist auf Umweltfreundlichkeit ausgerichtet.
Das Naturbad ist zugleich Erholungsraum für die Menschen und Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten. Um die Biodiversität zu fördern, werden natürliche Uferzonen geschaffen, heimische Pflanzenarten gepflanzt und gezielte Schutzmaßnahmen für die regionale Tierwelt umgesetzt.

Wer an Freibäder denkt, erinnert sich oft an den Duft von frisch frittierten Pommes rot/weiß, der von Chlorgeruch überlagert wird – in Winsen sucht man letzteren vergeblich. Wie es sich für ein Naturbad gehört, setzen die Betreiber:innen statt auf Chlor ganz auf Umweltverträglichkeit: Die Reinigung des Badewassers erfolgt vollständig ohne den Einsatz chemischer Zusätze.
Stattdessen wird das Wasser durch einen biologischen und mechanischen Reinigungsprozess in bepflanzten Substratfiltern aufbereitet, bevor es wieder in die Becken zurückgeleitet wird. Die Substratfilter bestehen aus durchlässigem Material wie Kies, Lava oder Blähton. Die Wasserqualität wird vom Gesundheitsamt regelmäßig und sorgfältig kontrolliert.
Winsen setzt neue Maßstäbe
Das Naturbad Winsen (Luhe) wurde über das Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ durch das Bundesministerium des Innern gefördert und kann zukünftig als Blaupause dafür gelten, um weitere Klimaneutrale Naturbäder zu eröffnen oder umzubauen. „Neben dem reinen Spaßfaktor eines Naturbads findet eben auch der Klimaschutzgedanke hier große Bedeutung“, betonte Winsens Bürgermeister André Wiese.
Im Video seht ihr, wie das Naturbad genau funktioniert.
Bilder: Gregor Szielasko