Perspektiven für Frauen mit Flucht- oder Gewalterfahrung

das ist ein GNM+ ArtikelEmpowerment durch Nähen: Katrin Gonser und die soziale Wirkung von Mode

von | 19. Juli, 2025 | GuteZukunft, Füreinander, GNM+

Empowerment durch Nähen

Katrin Gonser zeigt mit dress2bless, dass textile Arbeit nicht nur nachhaltig, sondern auch sozial transformativ sein kann. In ihrer Nähwerkstatt finden Frauen mit Flucht- oder Gewalterfahrung einen geschützten Raum, in dem sie neue Stärke entwickeln, Vertrauen fassen und Schritt für Schritt im eigenen Tempo ihren Weg gehen können.

GuteZukunft #4

Wo entstehen die Ideen für eine GuteZukunft? Wir sprechen mit Unternehmer:innen, Kreativen und Visionär:innen über ihre Innovationskraft, Inspirationsquellen und Visionen – und zeigen, wie positive Konzepte echte Veränderungen möglich machen.

GNM: Wer bist du und was machst du?

Ich habe von 2003 bis 2007 Modedesign an der Fachhochschule Trier studiert und war anschließend mehrere Jahre in der Modebranche tätig – in einem kreativen, aber auch sehr fordernden Umfeld. Die Schnelllebigkeit, der permanente Druck und vor allem die Ausbeutung entlang der globalen Lieferketten haben mich tief beschäftigt. Irgendwann habe ich gespürt: So möchte ich nicht weitermachen. Ich will nicht länger Teil eines Systems sein, das auf Kosten anderer funktioniert.

Nach einem persönlichen Burnout stand für mich fest: Ich will Mode mit Sinn verbinden – und zeigen, dass soziale Gerechtigkeit und Mode durchaus miteinander vereinbar sind. Als Projektleiterin des Empowerment-Projekts dress2bless und Vorständin des gemeinnützigen Vereins Advocate 4 Liberty e.V. möchte ich gemeinsam mit einem großartigen Team neue Perspektiven für Frauen mit Flucht- oder Gewalterfahrung schaffen – durch handwerkliche Qualifizierung in unserer Nähwerkstatt dress2bless, psychosoziale Begleitung und viel Empowerment.

Unser Projektstart ist für Herbst/Winter 2025 geplant.

GNM: Welche positiven Entwicklungen siehst du in deiner Branche, die bisher (zu) wenig Aufmerksamkeit bekommen haben?

In der Modebranche hat sich in den letzten Jahren viel bewegt. Der gesellschaftliche Diskurs rund um nachhaltige Mode ist deutlich lauter geworden – Materialien, Lieferketten und Konsumverhalten stehen immer mehr im Fokus. Was dabei jedoch oft übersehen wird: Soziale Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil dieser Transformation.

Viele Frauen, die wir erreichen möchten, haben Gewalt, Flucht oder extreme Unsicherheit erlebt. Sie kämpfen mit psychischer Belastung, fehlenden Bildungsabschlüssen, Sprachbarrieren oder einer langen Arbeitslosigkeit. In klassischen Förderstrukturen fallen sie oft durchs Raster – sei es durch starre Anforderungen, mangelnde Begleitung oder fehlendes Vertrauen. Genau hier wollen wir ansetzen.

Die dress2bless-Nähwerkstatt in Mannheim soll ein geschützter Ort für Frauen mit Flucht- oder Gewalterfahrung werden. Wir nutzen Nähen als Empowerment-Tool und bieten ein mehrmonatiges Trainingsprogramm, das handwerkliche Qualifizierung, psychosoziale Begleitung, Sprachförderung und Jobcoaching miteinander verbindet – ganzheitlich abgestimmt auf die Lebensrealität unserer Teilnehmerinnen.

Unser Ziel: ein Sprungbrett ins Berufsleben zu schaffen. Ein Ort, der Stabilität gibt, Selbstvertrauen stärkt und Mut macht für den nächsten Schritt. Wir begleiten die Frauen mit viel Feingefühl – immer im Blick, was gerade für sie möglich ist.

Unsere Initiative zeigt: Textile Arbeit kann nicht nur ökologisch, sondern auch sozial transformativ wirken. Indem wir auf faire Rahmenbedingungen und echte Teilhabe setzen, entsteht ein neuer Wert – bei dem es nicht um den Verkauf geht, sondern ums Stärken, Ermutigen und Sichtbarmachen.

GNM: Was sind konkrete Beispiele für nachhaltigen oder sozialen Fortschritt in deiner Arbeit?

Ein Beispiel für sozialen Fortschritt durfte ich kürzlich bei einem Kooperationsnähkurs in Stuttgart erleben, den ich für sozial benachteiligte Frauen gehalten habe: Eine Teilnehmerin, die anfangs sehr zurückhaltend war und kaum Selbstvertrauen hatte, begann Schritt für Schritt, sich auf das Nähen einzulassen. Mit jedem Stich wurde sie sicherer, bis die Ideen nur so aus ihr heraussprudelten.

Am Ende hielt sie stolz ihr selbstgenähtes Täschchen in der Hand und sagte: „Das macht echt ein richtig gutes Gefühl.“

Genau darum geht es uns auch bei dress2bless: Selbstwirksamkeit erfahrbar machen. Wenn eine Frau, die oft jahrelang nur funktioniert hat, plötzlich wieder anfängt zu träumen, Pläne zu schmieden und an sich selbst zu glauben, dann ist das für mich gelebtes Empowerm…

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