Binnen weniger Wochen: Freiheit für Umweltaktivisten und ein Stop für Neugenehmigungen für umweltschädlichen Rohstoffabbau in Honduras.
Seit Ende Februar werden in Honduras keine Genehmigungen für den Abbau von Rohstoffen mehr erteilt. Die neugewählte Regierung will damit gegen die negativen Auswirkungen von Berg- und Tagebau auf Umwelt und Bevölkerung angehen. Zudem wurden mehrere Umweltaktivist:innen auf freien Fuß gesetzt, die gegen eine der größten Minen im Land demonstriert hatten.
Ein Land auf Kurswechsel
Als Xiomara Castro Ende 2021 zur ersten Frau an der Spitze der Regierung von Honduras gewählt wurde, war das eine Sensation. International, doch noch viel mehr für die lokale Bevölkerung, gilt die Kandidatin der linksliberalen „Libre“-Partei doch als Hoffnungsträgerin für tiefgreifende positive Veränderungen in dem von Korruption und Konflikten geprägten mittelamerikanischene Land. In ihrem Wahlkampf versprach Castro mehr Rechte und Schutz für Frauen und die indigene Bevölkerung, ein Ende der Unterdrückung und der Korruption – und Maßnahmen für mehr Umweltschutz.
Nur einen Monat nach ihrer offiziellen Vereidigung als Präsidentin der Republik Honduras am 27. Januar 2022 macht Castro in Hinblick auf dieses letzte Versprechen nun Ernst: Vor kurzem verfügte die neue Regierung einen Stopp für neue Genehmigungen zum Rohstoffabbau. In der am 28. Februar veröffentlichten Erklärung des Ministeriums für Energie, natürliche Ressourcen, Umwelt und Bergbau heißt es, der Abbau von Rohstoffen bedrohe natürliche Ressourcen, die öffentliche Gesundheit und den Zugang zu Trinkwasser als Menschenrecht. Zudem erklärte die Regierung, das gesamte Staatsgebiet solle „frei von Tagebau“ werden.
Mit diesen Maßnahmen reagiert die neue Regierung auf seit langem währende Rufe von Umweltaktivist:innen und Angehörigen indigener Gruppen, die sich gegen die durch den Abbau entstehenden Umweltschäden auflehnen. In Honduras werden mehrere Rohstoffe abgebaut, darunter Gold, Silber, Eisenoxid und Zink. Deren Export brachte dem Staat 2021 rund 293 Millionen US-Dollar ein – und machte damit weniger als 1,2 Prozent des BIP aus. Die ökologischen Folgen des Abbaus jedoch sind massiv. Neben Luftverschmutzung und Verlust der Biodiversität ist es insbesondere die Verschmutzung des Trinkwassers, die die Bevölkerung in Honduras am eigenen Leib erfährt. Und gegen die sie protestiert.
Umweltaktivismus unter schweren Bedingungen
Schon seit langem gibt es Bewegungen von Seiten der direkt betroffenen Honduraner und Honduranerinnen gegen die wachsende Zahl neuer Projekte zum Abbau natürlicher Ressourcen. Ein besonders aktuelles Beispiel ist der Protest der sogenannten „water defenders“ aus Guapinol, eine Region im Norden des Landes, die an eine der größten Minen des Landes grenzt. Durch den Abbau von Rohstoffen in der Mine von Tacao wurde der angrenzende Fluss, eine zentrale Versorgungsquelle für die umliegenden, ländlichen Gebiete, stark verschmutzt. Als Mitglieder der Gemeinde Guapinol ein friedliches Protestlager errichteten, um gegen die Verschmutzung zu protestieren, wurde das Lager von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst und acht der Demonstrierenden verhaftet.
Nach mehr als 36 Monaten in Untersuchungshaft wurden Anfang Februar zunächst sechs der acht festgenommenen Männer schuldig gesprochen. Kurz darauf revidierte jedoch das Oberste Gericht das Urteil, annullierte die Vorwürfe gegen die Aktivisten und ordnete ihre Freilassung an – ein Meilenstein für den Umweltaktivismus in Honduras.
Jüngste Entwicklungen sind Grund zur Hoffnung
Der Fall der water defenders zeugt davon, wie gefährlich es lange Zeit war, sich in Honduras aktiv für Umweltschutz einzusetzen. Auch macht er deutlich, dass häufig die ländliche, arme und indigene Bevölkerung in besonderem Maß von den Auswirkungen der umweltschädlichen Praktiken betroffen sind. Aus diesem Grund fordern Umweltaktivist:innen Maßnahmen, die über die kürzlich von der Regierung verkündeten Beschlüsse hinausgehen, wie ein weitreichendes Verbot nicht nur künftiger, sondern existierender Minen zum Rohstoffabbau. Dies ist laut Umweltminister Lucky Medina derzeit nicht geplant, stattdessen sollen bestehende Minen überwacht und neu bewertet werden.
Es bleibt also noch Einiges zu tun für den Umweltaktivismus in Honduras. Doch sprechen die jüngsten Entwicklungen eine klare Sprache: Sie wecken die Hoffnung, dass die Entscheidungen, sowohl der Judikative als auch der Legislative, entscheidende Weichenstellungen für mehr Umweltschutz waren. Und sie setzen ein klares Zeichen, dass unter der neuen Regierung beides möglich sein wird: Umweltschutz und Umweltaktivismus.
Übrigens: Auch in Costa Rica und El Salvador wurden in den letzten Jahrzehnten Gesetze verabschiedet, die den Abbau bestimmter Rohstoffe verbieten oder stark einschränken. In Ecuador verpflichtete das Verfassungsgericht in einem historischen Urteil Anfang Februar den Staat dazu, die indigene Bevölkerung in den Entscheidungsprozess für neue Ölförderungs- und Bergbau-Projekte einzubinden (das GoodNewsMagazin berichtete). Das Bewusstsein für die Auswirkungen umweltschädlicher Industrieaktivitäten in diesen Ländern wächst also – genauso wie die Bereitschaft, dagegen vorzugehen. Dass sich sowohl Bevölkerung als auch Regierung aktiv einsetzen, macht eindeutig: Es tut sich was in Mittel- und Südamerika in Sachen Umweltschutz. Wenn das kein Grund zur Hoffnung ist.
Beitragsbild: Mario Alberto / Unsplash