Weltweit mehr Kinder und Jugendliche in Schulen als je zuvor

das ist ein GNM+ ArtikelBildung für alle: Wo stehen wir?

von | 16. März, 2025 | #10 – Früher war alles besser ... nicht, Füreinander, GNM+

Die Zahlen der Menschen, die lesen und schreiben können, sind drastisch gestiegen, immer mehr Schüler:innen machen einen Abschluss und immer mehr Mädchen* besuchen die Schule. Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen im Zugang zu Bildung in den letzten Jahrzehnten – und was für echte Chancengleichheit noch nötig ist.

Die Zahlen der Menschen, die lesen und schreiben können, sind drastisch gestiegen, immer mehr Schüler:innen machen einen Abschluss und immer mehr Mädchen* besuchen die Schule. Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen im Zugang zu Bildung in den letzten Jahrzehnten – und was für echte Chancengleichheit noch nötig ist.

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Das Recht auf Bildung

Der Zugang zu Bildung ist ein Menschenrecht, das legt der 26. Artikel der Menschenrechte fest. Im ersten Absatz heißt es da:

„Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.”

Dieses Menschenrecht war lange Zeit alles andere als selbstverständlich, und zwar überall auf der Welt. Auch dort, wo seit knapp 150 Jahren Schulpflicht besteht, wie in Deutschland oder Frankreich, war der Zugang zu Bildung in der Realität bestimmt von finanziellen Mitteln, Geschlecht, oder, ganz simpel, der Erreichbarkeit einer Bildungsinstitution. In der Generation meiner Großmutter war es nicht ungewöhnlich, dass nicht alle Kinder einer Familie im ländlichen Bayern regelmäßig zur Schule gehen konnten. Fehlende Ressourcen bedeuteten zudem oft, dass der höhere Bildungsweg nicht infrage kam – zu teuer, vor allem aber Zeit, in der schon Geld verdient werden könnte. Was ich damit sagen will: Es ist noch nicht so lange her, dass im deutschsprachigen Raum der Zugang zu Bildung alles andere als eine Selbstverständlichkeit war. Und wenn wir ehrlich sind, ist er das auch heute nicht für alle Menschen gleichermaßen – gerade global betrachtet, aber auch hier in Deutschland.

Es gibt also dringenden Handlungsbedarf – und dennoch: Blicken wir auf die Entwicklung über die Zeit, sprechen die Zahlen für sich. Im frühen 19. Jahrhundert erhielt nicht einmal jeder fünfte Mensch weltweit eine grundlegende Bildung. Heute ist es umgekehrt: Weniger als einer von fünf Erwachsenen hat keine formelle Bildung erhalten, Trend fallend. Gleichzeitig stieg über die letzten Jahrzehnte die Dauer der Beschulung, die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Schul- und Hochschulabschluss und der Anteil der Frauen, die Zugang zu Bildung haben. Ein Blick auf positive Veränderungen im Lauf der Zeit und aktuelle Maßnahmen, gegen bestehende Ungleichheiten anzugehen.

Was bedeutet “Bildung”?

Bevor wir uns in Daten stürzen, ist es vielleicht hilfreich, darüber nachzudenken, was eigentlich gemeint ist, wenn wir von “Bildung” sprechen. Und damit geht es schon los, denn was Bildung bedeutet, ist so kontrovers wie kontextabhängig. „Bildung … ist Ausstattung zum Verhalten in der Welt“, formulierte es der deutsche Pädagoge Saul Robinsohn einmal. Das bedeutet, Bildung ist zum einen individuell, denn was wir brauchen, um uns in der Welt zurechtzufinden, ist abhängig von unseren Umständen und dem Weg, den wir einschlagen wollen. Zum anderen ist Bildung eine Frage der Gesamtgesellschaft, denn unser Verhalten in der Welt ist zwangsläufig ein Verhalten gegenüber anderen Menschen. Bildung bedeutet also nicht nur Faktenwissen, sondern Wissen um Kommunikation und soziale Konventionen. 

Für mich selbst war Bildung allerdings lange Zeit ganz klar mit Schule verbunden. Und diese Bildung ist es auch, die wir meistens im Kopf haben, wenn wir von Bildung und Zugang zu Bildung sprechen. Das liegt auch daran, dass Schulbildung ein enormer Stellenwert in unserer heutigen Volkswirtschaft zukommt, anders gesagt: Bildung ist ein Kapital, auf gesamtgesellschaftlicher wie individueller Ebene. “Gute Bildungsleistungen – in der Breite wie an der Spitze – sind die Basis des langfristigen Wachstums und damit des wirtschaftlichen Wohlstands einer Gesellschaft”, argumentiert beispielsweise Ludger Wößmann, Professor für Bildungsökonomik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik. Er brachte in einer Studie Bildungsindikatoren und Wachstumsentwicklungen in 50 Ländern in Verbindung und leitete daraus einen direkten Zusammenhang zwischen den Bildungsleistungen der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes ab.

Dabei ist die Qualität der Bildung entscheidend, argumentiert er: “Schulbildung wirkt sich nur in dem Maße wirtschaftlich aus, wie sie auch tatsächlich Kompetenzen vermittelt. Es reicht nicht, nur die Schul- oder Universitätsbank zu drücken; auf das Gelernte kommt es an”. Die Qualität der Bildung wiederum wird beeinflusst durch staatliche Investitionen in das Bildungssystem, eine Wechselwirkung, die zu beeindruckenden Entwicklungen führen kann. In vielen Ländern Südostasiens, wie Taiwan, Südkorea oder Singapur, haben sich die Leistungen der Schüler:innen in internationalen Tests binnen zweier Generationen drastisch verbessert. Gleichzeitig ist die Wirtschaft rapide gewachsen, als Resultat, so Wößmann, sind Menschen in Südkorea gemessen am BIP heute siebenmal wohlhabender als ihre Großeltern. 

Für jede:n Einzelne:n von uns bedeutet Bildung pauschal betrachtet ganz konkret bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Mit jedem zusätzlichen Jahr Schulbildung steigt das Stundeneinkommen um neun Prozent, so die World Bank. Institutionalisierte Bildung wird damit oftmals gleichbedeutend mit der Chance auf oder eine Bedingung für Wohlstand. 

Ein Mittel, an der Gesellschaft teilzuhaben

Nun sind Einkommen und Wirtschaftswachstum nicht das einzig Wichtige – ich bin die Erste, die das lautstark vertreten würde. Gleichzeitig ist ein hoher Bildungsabschluss keine Garantie für einen gut bezahlten Job. In vielen Fällen bestimmt ein Bildungsabschluss aber dennoch über die Höhe des Gehalts, oder darüber, ob man überhaupt eine Arbeitsstelle findet. Abgesehen von der ökonomischen Bedeutung, ist Bildung aber auch in vielen anderen Hinsichten unabdingbar. Denn Bildung befähigt zur Teilhabe an der Gesellschaft.

Das beginnt beim Lesen und Schreiben, zwei enorm wichtige Kompetenzen, um im Alltag komplett eigenständig und unabhängig zu sein. Denn auch, wenn es uns meist nicht bewusst ist: Wir sind gerade auf das Lesen angewiesen. Von Orientierung zu Kommunikation – von den Behörden ganz zu schweigen – läuft enorm viel über die Schriftsprache. Was Bildung auch bedeutet: Die Befähigung zum kritischen Denken, das Hinterfragen des Ist-Zustands, das Suchen nach neuen Wegen und nach Lösungen für Pro…

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