Farmleben statt FSJ

das ist ein GNM+ ArtikelWWOOF ermöglicht das Leben und Lernen auf ökologischen Bauernhöfen

von | 28. Juli, 2023

Der Verein WWOOF vermittelt Aufenthalte auf ökologischen Höfen und bringt damit Menschen das Landleben und die Herkunft von Lebensmitteln näher.

Wer nach dem Schulabschluss noch nicht weiß wohin, macht häufig ein Freiwilliges Soziales Jahr, geht als Au-pair ins Ausland oder macht „Work and Travel”. Eine besondere Alternative bietet der Verein WWOOF, der Aufenthalte auf ökologischen Bauernhöfen vermittelt. Hier kann jeder, der will, das Landleben näher kennenlernen – und das nicht nur nach dem Abschluss.

Was ist WWOOFen?

Beim WWOOFen besuchen Freiwillige kleinere Bauernhöfe, die von Familien oder Kollektiven geführt und bewohnt werden. Für einen festgelegten Zeitraum unterstützen die sogenannten WWOOFenden die Gastgeber:innen bei der Hofarbeit, lernen ihren Tagesablauf kennen und erfahren viel über ökologische Landwirtschaft und die dazugehörige Arbeit. Sie erhalten dafür kein Geld, nur Kost und Logis werden gestellt.

WWOOF bedeutete zunächst „Working Weekends on Organic Farms”. Die britische Gründerin Sue Coppard suchte nach einer Möglichkeit, mehr Zeit auf dem Land und in der Natur zu verbringen. Als sie dafür kein Angebot fand – mitten im London der 1970er-Jahre – half sie sich schließlich selbst und rief den Verein ins Leben. Sie versammelte Gleichgesinnte und fragte bei ökologischen Höfen an, ob sie gegen Hilfe bei der Hofarbeit Gäste empfangen würden. Das Konzept kam gut an: Mit wachsender Mitgliederzahl stiegen auch die Möglichkeiten des Vereins, Aufenthalte beschränkten sich nicht mehr nur auf Wochenendtrips und auch in anderen Ländern fanden sich immer mehr Interessierte. Heute steht WWOOF deswegen für „World Wide Opportunities on Organic Farms”.

Eine Frau hält einen Korb in der Hand, darin viele gelbe Blüten, sie steht draußen auf einem Feld und lacht, WWOOF
Eine WWOOFerin bei der Feldarbeit Ⓒ WWOOF

Nach Deutschland kam Coppards Idee Ende der 1980er-Jahre, seit 1992 dann auch offiziell als Verein „Freiwillige Helfer/-innen auf ökologischen Höfen e.V.”. Heute sind es über 500 deutsche Höfe, die sich an dem Projekt beteiligen. International sind es etwa 12.000 Gastgeber:innen, die man besuchen kann, verteilt auf 130 Länder. Über 100.000 WWOOFer:innen haben sie schon besucht.

„Damals wie heute lernen Menschen bei WWOOF, wie gesunde Lebensmittel produziert werden, indem sie selbst aktiv werden und für eine gewisse Zeit Teil naturnaher, alternativer und nachhaltiger Lebenskonzepte werden, die bereits im ländlichen Alltag praktiziert werden”, heißt es auf der deutschen WWOOF-Website. Der Verein will als eine Art Netzwerk der ökologischen Bewegung dienen, entsprechende Landwirtschaft bewerben und eine Gemeinschaft erschaffen, die Nachhaltigkeit und eine ethischere Wirtschaft fokussiert.

Erfahrungen sammeln, Landwirtschaft kennenlernen

Um einen WWOOF-Aufenthalt absolvieren zu können, muss man Mitglied des Vereins werden, was hierzulande momentan 30 Euro im Jahr kostet. Auch die Organisation des Aufenthalts, also An- und Abreise, müssen selbst organisiert und finanziert werden. Der eigentliche Aufenthalt und Verpflegung sind hingegen kostenfrei. Teilnehmen kann jeder, der möchte, unabhängig vom Alter oder Vorerfahrungen – Student:innen, Rentner:innen oder Familien mit Kindern, sie alle sind auf den Höfen willkommen.

Ein Gruppenbild von Freiwilligen und WWOOF-Hosts
Die gemeinsame Arbeit verbindet Hosts und Freiwillige Ⓒ WWOOF

Um einen möglichst reibungslosen Ablauf und ein geregeltes Miteinander zu garantieren, hat der Verein eine Charta entwickelt, die die Rahmenbedingungen für Besucher:innen sowie Hosts in Grundzügen definiert. Darin sind u.a. die unentgeltliche Mitarbeit auf dem Hof sowie die Bildungsarbeit der Gastgeber:innen festgehalten. Auch die Notwendigkeit entsprechender Versicherungen ist darin zu finden.

Es wird schnell klar, dass WWOOFen nicht als Entspannungsurlaub auf dem Land misszuverstehen ist. Ernsthaftes Interesse an landwirtschaftlicher Arbeit und der Gemeinschaft sind Grundvoraussetzungen für einen erfolgreichen Aufenthalt. Die Höfe und Gastgeber:innen sind jedoch genauso unterschiedlich wie die Besucher:innen, weshalb vermutlich keine Reise der anderen gleicht. Das spiegelt sich auch in den vielen Erfahrungsberichten, die es online zu finden gibt: von harter körperlicher Arbeit auf der Alm bis hin zur entspannten Gemeinschaft auf einer amerikanischen Farm ist alles dabei. 

How to WWOOF – Tipps einer Erfahrenen

Auch Joy Dallmann war bereits mehrfach als WWOOFerin unterwegs. Die 22-Jährige konnte dabei viele prägende Erfahrungen sammeln. Den GNM-Leser:innen erzählt sie davon – inklusive Tipps für einen entspannten Aufenthalt. Danke, Joy!

WWOOFen ist für mich mehr als nur eine günstige Art zu reisen. Es ist die Möglichkeit, ein Land mit all seinen Facetten kennenzulernen und ganz nah an seinen Bewohner:innen, der Sprache und Kultur zu sein. 

Seit ich 2019 in Neuseeland zum ersten Mal WWOOFen war, kann ich mir kaum vorstellen, wie es ist, „einfach nur Urlaub zu machen”. Natürlich ist es nicht das Gleiche wie Sightseeing. Man muss ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit mitbringen – sowohl was die Unterkunft angeht (die variiert von eher liebloser Abstellkammer bis Hotelniveau), als auch das Essen. Die WWOOF-Seite bietet jedoch zahlreiche Möglichkeiten, die verfügbaren Hosts nach gewissen Kriterien zu filtern – so z.B. nach Ernährungsgewohnheiten (vegan / vegetarisch).

Aufgrund meiner Erfahrungen kann ich WWOOFen in Neuseeland als auch in Großbritannien und Irland nur empfehlen. Insbesondere der Norden von Wales (optisch übrigens sehr ähnlich zu Neuseeland!) hat tolle Landschaften und Unterkünfte zu bieten.

Eine junge Frau kuschelt mit einer jungen Ziege, WWOOF
Joy durfte beim WWOOFen auch mit Tieren arbeiten Ⓒ Joy Dallmann

Wenn man eine WWOOF-Rundreise machen möchte, sollte man ein gewisses Planungstalent besitzen. Bei den meisten Hosts muss man ein paar Wochen vor dem geplanten Aufenthalt eine Anfrage stellen. Außerdem antwortet leider nicht jeder und manche haben keine Zeit oder keinen Bedarf – Durchhaltevermögen ist gefragt. 

Wer ohne Auto unterwegs ist, muss die Kosten für Bus und Bahn mit einrechnen, die speziell in Großbritannien nicht unerheblich sind. Allerdings sind die allermeisten Hosts bereit, einen am Bahnhof abzuholen, und manche fahren einen auch gerne zu den lokalen Sehenswürdigkeiten.

Natürlich hat jeder Host hat seine eigene Vorstellung von der Arbeit, die man als WWOOFer:in erbringen soll. Manche wollen vier, andere sechs Stunden pro Tag, manche haben feste Zeiten, andere lassen einem freie Hand. Die Aufgaben können von Einpflanzen und Beete vorbereiten bis Gießen, Feuerholz stapeln, Rasenmähen, Unkraut jäten, Zäune bauen, Netze spannen und Obst verarbeiten usw. variieren. Bleibt man aber mindestens eine Woche, bekommt man in der Regel zwei komplette Tage frei.

Meine zehn besten WWOOF-Tipps aus über zehn Monaten Erfahrung sind:

  1. Gartenhandschuhe mitbringen und regelmäßig waschen
  2. Zwei Paar feste Schuhe (eines wird immer dreckig sein)
  3. Kappe für die sonnigen und wasserfeste Jacke für die regnerischen Tage
  4. Ohrenstöpsel sind hilfreich bei der Arbeit mit lauten Gerätschaften
  5. Garten-Knieschoner mitbringen / benutzen
  6. Ernährungsgewohnheiten vorher absprechen
  7. Busse und Züge mind. eine Woche im Vorhinein buchen
  8. Begeisterung für Gartenarbeit ist für die meisten Hosts wichtiger als Erfahrung
  9. Hosts schätzen es sehr, wenn man beim Abwasch hilft, sein Zimmer sauber hinterlässt und sich zum Kochen bereiterklärt
  10. WWOOF-Tagebuch führen, um Rezepte, Gartengestaltungsideen und Dinge, die man selbst anders machen würde, festzuhalten.”
Eine junge Frau sitzt lächeln auf einem Gittertor, WWOOF
Für Joy sind die WWOOF-Erfahrungen wertvolle Erinnerungen Ⓒ Joy Dallmann

Beitragsbild: Ⓒ WWOOF

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Julia Verstraelen

Ich liebe schon immer Worte und Sprache und studiere deswegen Online-Redaktion in Köln. Egal ob in Filmen, Gedichten oder Videospielen – gute Geschichten begeistern mich einfach. Umso besser natürlich, wenn die Geschichten auch noch eine schöne Message haben. Aus diesem Grund schreibe ich für das Good News Magazin: um die wirklich guten Stories erzählen zu können!

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