Das blaue Herz Europas

Albanien plant einen Nationalpark zum Schutz des letzten Wildflusses

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von | 21. Juli, 2022

In Albanien wird der erste Wildfluss-Nationalpark entstehen, um den Fluss Vjosa vor Verbauung zu schützen. An vielen anderen Orten wird Flüssen zu diesem Zweck der Personenstatus zugesprochen.

Albaniens Regierung hat Mitte Juni eine Erklärung unterzeichnet, an der Vjosa einen Nationalpark zu deren Schutz errichten zu wollen. Dem letzten großen Wildfluss Europas und seinen Ökosystemen drohte die Zerstörung durch Verbauung. Diesem historischen Schritt gingen knapp zehn Jahre andauernde Bemühungen von Umweltschützer:innen, Wissenschaftler:innen und Anwohner:innen voraus. 

Der geplante Wildfluss-Nationalpark wird der erste seiner Art sein. Er wird das gesamte Flusssystem der Vjosa von der Grenze zu Griechenland bis an die Adria unter Schutz stellen, einschließlich ihrer frei fließenden Nebenflüsse. Insgesamt soll der Vjosa-Nationalpark etwa 45.000 Hektar groß sein und 300 Kilometer Fließgewässer schützen.

Zu viele Staudämme bedrohen Ökosysteme

Das Wildnisgebiet rund um die Vjosa besteht aus vielen verschiedenen Lebensraumtypen. Enge Schluchten, breite und verzweigte Abschnitte, naturnahe Deltas. Das Ökosystem der Vjosa und ihrer Nebenflüsse bilden eine riesige, biologischen Vielfalt und sind das Ergebnis ungestörter natürlicher Prozesse. Von den über 1.100 dort lebenden Tierarten gelten 13 weltweit als bedroht. Auch die dort lebenden Menschen profitieren von dem Fluss. Neben Ackerbau, Viehzucht und Fischerei nimmt auch der Ökotourismus dort ständig zu. Aktivitäten wie Rafting, Kanufahren und Schwimmen wurden fester Bestandteil der örtlichen Wirtschaft.

Eine Collage von Orten, auf deren Böden
Zehn Jahre lang haben sich die lokalen Gemeinden, Umweltschützer:innen, Kunstschaffende und Forscher:innen für den Schutz des Wildfluss Vjosa eingesetzt. Foto: Save the Blue Heart of Europe

Die geplante “Verstauung” vieler Balkanflüsse bedroht die ansässigen Ökosysteme. Tausende Wasserkraftwerke und Dämme sollen an den Flüssen gebaut werden. Die beiden Organisationen Euronatur und Riverwatch haben deshalb die Kampagne Save the Blue Heart of Europe ins Leben gerufen. Sie zielt darauf ab, die Öffentlichkeit zu informieren, den Bau von vielen Staudämmen zu verhindern und einen Plan für den Schutz der Flüsse zu entwickeln. Für sie ist der Wildfluss-Nationalpark an der Vjosa ein entscheidender Schritt. Seine Beantragung Anfang 2021 hatten sie gemeinsam mit lokalen Umweltorganisationen unterstützt.

Ein Meilenstein für den Flussschutz

Laut der unterzeichneten Erklärung wird nun zeitnah eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die mit den Planungen für die Errichtung des Nationalparks beginnt. Die Pläne sollen aber nicht beim Naturschutz enden: “Der Park soll auch Besucherzentren, Rangerstellen sowie Wissenschafts- und Bildungsprogramme enthalten und neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die lokalen Gemeinden bieten”, schreibt Euronatur in einer Pressemitteilung. Er soll so auch als mögliches Vorbild für andere Flüsse dienen. 

Besjana Guri, die Sprecherin der federführenden, lokalen Organisation EcoAlbania ist stolz auf diesen Schritt und sieht positiv in die Zukunft: „Es gibt zwar noch viel zu tun, bevor wir die Zukunft der Vjosa als gesichert ansehen können, aber heute wurde ein großer Meilenstein für Albanien und für Flussschützer weltweit gesetzt. Europas erster Wildfluss-Nationalpark ist seiner Realisierung einen großen Schritt nähergekommen.“

Personenstatus für Flüsse

Anderorts werden Flüsse durch rechtliche Kniffe geschützt. Der Magpie in Québec wurde vor Kurzem zur juristischen Person erklärt, um seinen Schutz besser durchsetzen zu können. Er ist der erste kanadische Fluss mit diesem Status, weltweit aber einer von vielen. Auch beispielsweise der Amazonas gilt seit 2018 vor dem Gesetz als Person.

Meist sind es die ansässigen indigenen Völker, die diese Änderung durch Kampagnen vorantreiben. Im Falle des Magpie sind es die Innu. Für sie trägt der Wildfluss den Namen “Mutuhekau Shipu” und ist eine Art Heiligtum, das sie als Transportweg, Nahrungsquelle und Apotheke nutzen. Ein Wasserkraftwerk hatte ihm lange Zeit stark zu schaffen gemacht und durch seine Konsequenzen für Natur und die Innu den positiven Effekt der produzierten erneuerbaren Energien wieder aufgehoben.

Durch den neuen Status ist der knapp 290 Kilometer lange Fluss jetzt besser geschützt. Er hat nun unter anderem das Recht zu fließen, frei von Verschmutzung zu sein und seine Artenvielfalt zu erhalten. Auch klagen kann er jetzt, sollten seine Rechte in Zukunft verletzt werden.

Beitragsbild: © Roland Dorozhani

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    Julia Verstraelen

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