Eine Forschungsgruppe will Beipackzettel leicht verständlich und barrierefrei gestalten.
Verständlich, übersichtlich und gut lesbar. So sollten Beipackzettel sein. Die Realität sieht jedoch anders aus: Ein dünner grauer Zettel, der fast schon origamiartig gefaltet und mit vielen Informationen in kleinster Schrift bedruckt ist. Viele Fremdwörter, geringe Verständlichkeit.
Beipackzettel haben die Funktion, über die Einnahme, Risiken und Nebenwirkungen eines Medikaments aufzuklären. Damit ist die Packungsbeilage eine sehr wichtige Informationsquelle für Patient:innen. Eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt allerdings deutlich: Nur die Hälfte der Befragten versteht, was auf dem Beipackzettel steht.
Forschungsgruppe zur Verständlichkeit von Beipackzetteln
Obwohl Packungsbeilagen laut Arzneimittelgesetz allgemeinverständlich und gut lesbar sein müssen, stehen sie seit Jahren wegen ihrer schlechten Verständlichkeit in der Kritik. Gemeinsam mit seinem Team aus Doktorand:innen und Studierenden forscht Thorsten Lehr genau zu dieser Thematik. Er untersucht die Verständlichkeit von Beipackzetteln und wie diese optimiert werden kann.
Die Analyse des Forschungsteams hat ergeben, dass die fehlende Verständlichkeit vor allem an der hohen Dichte von Fremdwörtern liegt. Außerdem sind die Packungsbeilagen mit rund 2.500 Wörtern für die Durchschnitts-Patient:innen zu lang und unübersichtlich. Die Wissenschaftler:innen forschen deshalb daran, alle wichtigen Informationen der Beipackzettel auf nur eine Übersichtsseite zu bringen. Die vollständigen und umfassenden Informationen zu den Medikamenten können bei Interesse immer noch über einen QR-Code digital abgerufen werden. Gerade für ältere Patient:innen, so schätzt das Forschungsteam, sei der analoge Papierzettel in Medikament-Verpackungen noch unerlässlich.
Außerdem untersucht das Forschungsteam gängige Formulierungen und versucht, diese einfacher und verständlicher zu formulieren. Soll ein Medikament „30 Minuten vor dem Essen“ eingenommen werden, so ist diese Anweisung schon weitaus genauer und verständlicher als: „Vor dem Essen einnehmen“.
Gesetzliche Vorgaben regeln den Inhalt der Beipackzettel. Allerdings sind die Pharmaunternehmen selbst für die Erstellung und Aktualisierung ihrer Packungsbeilagen verantwortlich.
Barrierefreie Beipackzettel
Gestaltungsspielraum in der Packungsbeilage kann als große Chance genutzt werden. Software-Unternehmen entwickeln beispielsweise KI-basierte Gebärdensprach-Avatare. Diese werden in Kooperation mit Unternehmen für barrierefreie Informationsvermittlung genutzt. So gibt es beispielsweise einen Gebärdensprach-Avatar, der über einen QR-Code in Beipackzettel integriert ist und so für mehr Inklusion sorgt. Der digitale Übersetzer ist somit jederzeit abrufbar, gibt die Informationen zum Medikament in Gebärdensprache wieder und erklärt Fachbegriffe. Gerade bei lebenswichtigen Informationen, wie sie beispielsweise in Packungsbeilagen enthalten sind, ist eine barrierefreie Informationswiedergabe besonders wichtig.
Beitragsbild: Rahel Pfeffinger