Auf dem Rad ist die Gefahr sehr viel geringer, sich anzustecken. Außerdem änderte die Pandemie unser Verkehrsverhalten weltweit. Daher reichte die vorhandene Infrastruktur für Radfahrer:innen einfach nicht aus. Die Pop-up-Radwege waren eine Reaktion vieler Städte auf diese Situation. Der Gebrauch der kurzlebigen Fahrradwege wurde nun in einer Studie untersucht und diese zeigt: in den 100 europäischen Städten sind dadurch 48 Prozent mehr Menschen mit dem Fahrrad unterwegs.
Pop-up-Radwege?
Pop-up, das kennt die ein oder der andere vielleicht von Berliner Cafés oder von den Pop-up-Stores. Das sind meist kleine Geschäfte, die für kurze Zeit ihre Spezialitäten anbieten und dann wieder spurlos verschwinden. Solch ein Unterfangen auch für Radwege zu entwickeln, davon hörte man das erste Mal aus Nordamerika. Beispielsweise wurden in New York „Pop-up-Bike-Lanes“ geschaffen, um neue Ideen zu testen für die Fahrradinfrastruktur.
Während der Coronapandemie sind in Kolumbien auf den Hauptverkehrsstraßen der Stadt Bogotá insgesamt über hundert Kilometer Pop-up-Radwege neu installiert worden. Medien weltweit zeigten die Aktion und sie hatte sogleich viele Nachahmer. In Deutschland ist Berlin der Ort mit dem ersten Pop-up-Radweg. Das Mobilitätsgesetz von 2018, verabschiedet vom rot-rot-grünen Senat in Berlin, bereitete die rechtliche Grundlage für die kurze Intervention in die Infrastruktur.
„Ersetzt keine seriöse Planung“
Felix Wiesbrich vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg weist im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk auf die Probleme der Autofahrer hin. Es sei nicht zu leugnen, dass der Platz nun fehle. Auch Volker Krane vom ADAC meint, die Radwege seien teilweise sogar überflüssig und das Ganze ersetze keine seriöse Planung. Ob ein Pop-up-Radweg wirklich notwendig ist, das müsse besser geprüft werden. Volker Krane fordert bundesweite Entscheidungen dazu, wie die wachsende Bevölkerung ihre Autos gemeinsam nutzen kann.
Gekommen, um zum bleiben?
Könnten die Pop-up-Radwege eventuell sogar dauerhaft bleiben? Der Anklang in der Bevölkerung dafür scheint sehr stark zu sein. Das zeigt zumindest die Nutzung der Radwege. 11 bis 48 Prozent mehr Leute stiegen aufs Rad, zeigt eine groß angelegte Studie. Hinter dieser stecken Sebastian Kraus und Nicolas Koch vom Berliner Klimafoschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Die Studie stützt sich dabei auf Werte von 736 amtlichen Fahrradzählstationen in 106 europäischen Städten sowie auf das Monitoring des Europäischen Radfahrerverbands zu den „Corona-Radwegen“.
Studie beweist: Wir brauchen die neuen Radwege!
Es ist klar, dass viele Leute wegen Corona sowieso aufs Rad umsteigen, um nicht im vollen Bus zu sitzen. Aber wir zeigen, dass die neuen Radwege darüber hinaus in beträchtlichem Umfang zusätzlichen Radverkehr bewirkt haben.
Sebastian Kraus, Leitautor der Studie
Wären wegen der Ansteckungsgefahr sowieso mehr Menschen auf das Fahrrad umgestiegen? Um diese Frage zu beantworten, vergleicht die Studie europäische Städte, die provisorische Radwege gebaut haben (durchschnittlich 11,5 Kilometer pro Stadt) mit anderen Städten, die das nicht getan haben.
Jetzt steht das Ergebnis fest: Der Städtevergleich zeigt, die Pop-up-Radwege bewirkten im Zeitraum März bis Juli 2020 bis zu 48 Prozent zusätzlichen Radverkehr.
Neue Radwege können den Stadtverkehr enorm entlasten und unserer Umwelt helfen. Denn ein Fahrrad benötigt keinen Treibstoff, weniger Bau-Material, ist günstiger im Unterhalt und deshalb deutlich nachhaltiger als etwa ein herkömmliches Auto.
Kritisch betrachtet, die Pop-up-Radwege beim Bayerischen Rundfunk:
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