Mit dem kostenlosen OptInk-Tattoo kann das Einverständnis zur Organspende ausgedrückt werden. Es soll vor allem zu Gesprächen anregen.
Ich hatte nicht gedacht, dass ich mir nach jugendlichen Schnapsideen noch einmal ein Tattoo stechen lassen würde. Doch dann hörte ich von der Initiative von Junge Helden e.V.: Mit OptInk stellten sie ein vor einem Monat ein Projekt auf die Beine, bei dem Tätowierer:innen ehrenamtlich und kostenlos ein Tattoo stechen, das die Bereitschaft zur Organspende signalisiert. In den letzten Wochen nahm die Aktion richtig Fahrt auf: Influencer:innen und Prominente sorgten für weitere Werbung, die Medien berichteten. Auch in unserer Redaktion waren etliche von dem Projekt angetan. Als Chefredakteurin muss/will/sollte man da mit gutem Beispiel vorangehen, oder? Also tat ich das …
Der Verein
Junge Helden ist ein in München eingetragener gemeinnütziger Verein, dessen Ziel es ist, “Jugendliche und junge Erwachsene über die Organspende aufzuklären, sie zu motivieren, eine Entscheidung zu treffen und diese Angehörigen und Freunden mitzuteilen.” Gründerin Claudia Kotter war 2003 selbst auf eine Lungentransplantation angewiesen und stellte fest, dass die Organspende im Alltag noch viel zu selten Thema ist. Mit ihrem Verein wollte sie vor allem den Dialog rund um die Organspende fördern.
Der Status Quo
Etwa 9.200 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. 2020 gab es bundesweit 913 Organspender:innen, 2019 waren es 932. Obwohl eine große Mehrheit angibt, ihre Organe spenden zu wollen, werden nur 0,001 Prozent wirklich Spender:innen. Anders als z.B. in den meisten EU-Ländern gibt es in Deutschland eine (umstrittene) “erweiterte Zustimmungslösung” zur Organspende: Organe und Gewebe dürfen nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat. Falls keine Dokumentation der Entscheidung vorliegt, werden die nächsten Angehörigen oder Bevollmächtigten im Fall der Fälle gebeten, im Sinne der verstorbenen Person über eine Organ- und Gewebespende zu entscheiden. Bei der Widerspruchslösung hingegen muss man sich zu Lebzeiten konkret gegen eine Organspende entscheiden. In den Statistiken liegen die Länder mit Widerspruchslösung meist vorn.
Das Tattoo
Nach einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov, hat nahezu jede vierte Person in Deutschland ein Tattoo. Genau hier setzt OptInk an. Zwei Halbkreise werden zu einem Ganzen – ein starkes Symbol für die Organspende, die Leben schenken soll. Das ist die Idee hinter dem simplen Design des Tätowierers Gara. Das kostenlose Tattoo kann zwar keinen Organspendeausweis ersetzen, soll aber “eine klare Willenserklärung, ein Zustimmungsnachweis und ein deutliches Statement für deine Angehörigen” sein, erklärt Junge Helden. Denn in der Praxis sind es überwiegend die Angehörigen, die über eine Organspendenbereitschaft Bescheid wissen müssen und schließlich entscheiden.
Mein Tattoo
Überrascht stellte ich fest: Der Weg zum Tattoo ist kein weiter – selbst wenn man so ländlich wohnt, wie ich. Die Webseite von OptInk zeigt übersichtlich an, welche Studios wo teilnehmen und so war Kattoo Tattookollektiv in Unna nicht nur schnell gefunden, sondern auch innerhalb von wenigen Tagen ein Termin gemacht. Inhaberin Katja Baranowski übernahm selbst mein Tattoo und noch während wir über die Größe und Platzierung sprachen, kam bereits die nächste Kundin in das gemütliche Studio im Fachwerkhaus und wollte sich zu der OptInk-Aktion informieren. “Wir sind erst seit sechs Tagen dabei, haben aber schon über 30 Anfragen zu den Tattoos bekommen. Wir hatten gar nicht damit gerechnet, dass es sofort solch ein großes Interesse gibt!”, so Katja.
“Für uns war das eine Herzensangelegenheit, wir sind hier im Team alle Organspender und finden die Idee großartig. Den Organspendeausweis hat man nicht immer dabei, das Tattoo schon! Und: Wir wollten schon immer gern ehrenamtlich etwas tun und das passt perfekt.”
Katja Baranowski
Katja und ihr Team machen auch in ihrer großen Community fleißig Werbung für die Aktion – sie selbst haben es allerdings noch nicht geschafft, sich das OptInk zu stechen. “Uns fehlt einfach die Zeit dafür, aber wir werden das auf jeden Fall auch selbst machen!” Nach sieben Minuten ist dann auch mein Tattoo fertig – das ganz simple Design, am Fuß. “Viele wünschen es sich auch individueller oder in andere Tattoos integriert, aber die zwei Halbkreise und der ganze müssen erkennbar bleiben”, erklärt mir Katja.
Meine Motivation
Genau dieses “Erkennbarsein” war mir wichtig – ein simples Design, das zu Nachfragen anregt. In Freundeskreis und Familie habe ich meinen Schritt sofort geteilt und genau das erreicht, was Junge Helden e.V. erreichen möchte: Zum Diskurs und Nachdenken anregen. Dabei kommt eben auch immer wieder meine ganz persönliche Motivation zur Organspende zur Sprache: Wenn ich schon sterbe, dann soll der Tod nicht komplett sinnlos sein, sondern auch einen kleinen Beitrag für andere leisten. Oder ganz profan gesagt: ICH brauche meine Organe dann nicht mehr. Und wenn sich dank unserer Gespräche nun bereits einige selbst über eine Organspende informieren oder die Aktion unbedingt mit ihrem ersten eigenen Tattoo unterstützen wollen, dann scheint das Projekt womöglich den richtigen Nerv zu treffen.
Beitrags-Fotos: Good News Magazin