Über 4.700 Besucher:innen haben seit der Eröffnung im Mai 2025 das neue Dokumentationszentrum zu den NSU-Anschlägen besucht.
„Denn Chemnitz ist nicht irgendein Ort.“ Mit diesen Worten erklärte Gamze Kubaşık am 25. Mai 2025 die Bedeutung der Eröffnung des neuen Dokumentationszentrums zu den NSU-Anschlägen in Chemnitz. Sie hob hervor, dass der Ort bewusst gewählt wurde – hier hatten die Täter lange Zeit Rückzugsräume und konnten sich unbehelligt bewegen. Gamze Kubaşık ist unmittelbar von den Anschlägen des NSU betroffen: Ihr Vater Mehmet wurde am 4. April 2006 von den NSU-Terroristen in Dortmund ermordet.
Auch Abdulla Özkan, der den Nagelbombenanschlag 2004 in Köln überlebte, war zur Eröffnung gekommen. Er machte deutlich, dass es nicht reicht, die Verbrechen nur festzuhalten. „Wir dürfen nicht vergessen, was auch Teil unserer Realität war und ist: Warum wurden die Täter des NSU nicht früher ermittelt? Warum hat man jahrelang weggesehen, vertuscht und versagt?“ Diese Taten hätten nicht nur ihn, sondern viele Menschen für immer geprägt.
Persönliche Gegenstände als stumme Zeug:innen
Untergebracht in einem ehemaligen Möbelladen im Stadtzentrum von Chemnitz, zeigt die Ausstellung Exponate aus der Wanderausstellung „Offener Prozess“. Dazu gehören persönliche Gegenstände der Opfer – etwa die Armbanduhr von Mehmet Kubaşık, die im Moment seines Todes stehen blieb. Knapp zwei Monate später zeigen sich die Organisator:innen zufrieden mit dem Zuspruch: Über 4.700 Menschen haben sich im Dokumentationszentrum mit den Fragen der Betroffenen auseinandergesetzt. Bisher fanden 17 Veranstaltungen statt. Jede Woche werden mehrere Führungen angeboten, die den NSU-Komplex und die Kontinuitäten rechter Gewalttaten thematisieren. Auch die Polizei beteiligt sich mit eigenen Beiträgen und hat bislang fünf Workshops durchgeführt.

Finanzierung bis 2026 gesichert
Das neue Dokumentationszentrum versteht sich zugleich als Gedenkort, als Dokumentation rechter Gewalt und als Ort der Aufarbeitung. Getragen wird es von ASA-FF, der Opferberatung RAA und der Initiative „Offene Gesellschaft“. Bund, Land und Stadt unterstützen das Projekt mit rund vier Millionen Euro. Mittlerweile gibt es weitere erfreuliche Nachrichten: Aufgrund des großen Interesses hat das Organisationsteam bekannt gegeben, dass durch den sächsischen Haushaltsbeschluss die Finanzierung auch für 2026 gesichert ist.
Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, bezeichnete das neue Dokumentationszentrum bei der Eröffnung als „zentrale Bildungsaufgabe“. Er machte zugleich deutlich, dass viele junge Menschen mit den drei Buchstaben NSU kaum noch etwas verbinden. Auch Chemnitz’ Sozial- und Kulturbürgermeisterin Dagmar Ruscheinsky (parteilos) betonte die Bedeutung des Projekts. Sie sprach sich dafür aus, Besuche im Zentrum fest in den Lehrplänen der regionalen Schulen und Bildungseinrichtungen zu verankern. Gerade weil die Auseinandersetzung mit dieser Geschichte schmerzhaft sei, müsse sie bewusst geführt werden.
Bilder von Mark Frost