Nicht umsonst: Wie kostenloser Nahverkehr einen oder auch keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann – und unter den richtigen Bedingungen sogar viel mehr.
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Für alle Mitglieder: ePaper #6 – Mobilität – Leben ist Bewegung
Die estnische Stadt Tallinn, zahlreiche Städte in Polen und Frankreich und mit Luxemburg gar ein ganzes Land haben es vorgemacht: Fahrkarten braucht man hier meistens nicht mehr. Der Nahverkehr ist kostenlos. Grund für zahlreiche Menschen und Organisationen aus der Klimabewegung, dies auch hierzulande zu fordern. Oder zumindest wollen sie das 9-Euro-Ticket zurück. Wenn mehr Menschen den (fast) kostenlosen Nahverkehr nutzen, dann ist dies ein Beitrag zum Klimaschutz, oder?
Die Antwort auf die Frage, ob und wie „kostenloser Nahverkehr“ etwas zum Klimaschutz beitragen kann, ist komplexer. Er hat jedoch viele andere Vorteile. Außerdem schärft er unser Bewusstsein für das, was wirklich nötig ist, um Menschen zum Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel zu bewegen. Unsere Redakteurin Luisa Vogt hat mit Mark Wege, Sprecher der Initiative Einfach Einsteigen, über die Vorteile und Herausforderungen kostenlosen Nahverkehrs gesprochen – und darüber, was wir aus schon vorhandenen Modellen Wichtiges lernen können.
Herr Wege, kostenloser Nahverkehr wird in Politik und Gesellschaft zunehmend debattiert und in immer mehr Städten eingeführt. Aber so neu ist der Gedanke gar nicht, oder?
Das stimmt. Bereits in den 1970er Jahren demonstrierten Studierende für etwas, was sie damals „Nulltarif“ nannten. Klimaschutz spielte dabei keine Rolle. Auslöser waren die steigenden Preise. Es ging also im Wesentlichen um die soziale Dimension. Das ist bis heute so. Wenn man genauer hinschaut, geht es vielen Städten, die kostenlosen Nahverkehr einführen, im Kern darum, etwas für die Bürger:innen zu tun. Klimaschutz ist nur ein zusätzliches Argument.
Aber kann denn kostenloser Nahverkehr oder die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets zur Rettung des Klimas beitragen?
Wenn das Interview hier zu Ende wäre, dann müsste ich mit einem klaren “Nein” antworten. Die Antwort auf diese Frage ist etwas komplexer, als dass sie sich mit einem einfachen Ja-Nein beantworten lässt. Es herrscht große Einigkeit darüber, dass die CO2-Emissionen im Verkehrssektor runter müssen. Wenn Menschen statt des Autos den ÖPNV nutzen, kann das einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Die Frage ist aber: Reicht es dafür aus, den Nahverkehr kostenlos zu machen? Steigen dann die Menschen vom Auto auf den ÖPNV um? Die Erfahrungen mit kostenlosen Nahverkehrsmodellen zeigen, dass nur „kostenlos“ nicht ausreicht.
Wenn kostenlos nicht ausreicht, was brauchen wir dann, um die Autofahrenden dazu zu bringen, auf den Nahverkehr umzusteigen?
Das Entscheidende ist, dass das Netz und das Angebot ausgebaut wird. Das kostet richtig Geld. Das muss man klar sagen und es steht damit in Konkurrenz mit den Kosten für die Finanzierung eines kostenlosen Angebots. Dabei kann man schn…