Kaum ist das Kiffen erlaubt, wird es schon wieder verteufelt. Wie kann ein konstruktiver, aufgeklärter Umgang mit Rauschmitteln aussehen? Fünf Beispiele vom Drugchecking bis zur MDMA-Therapie.
Dass das Verbieten ein deutscher Volkssport ist, bei dem gerade auch konservative Politiker erst so richtig zu sich zu kommen scheinen, zeigte nicht nur kürzlich das Gender-Verbot in Bayern; man erkennt es auch an den neuen, überzogenen Gebühren dort für alle, die am falschen Ort und zur falschen Zeit an einem Joint ziehen.
500 Euro für das Kiffen in Fußgängerzonen vor 20 Uhr; 1000 Euro für das Kiffen vor Minderjährigen. Angesichts dieser Bestrafungslust würde man dem bayerischen Ministerpräsidenten Söder gerne dazu raten, selbst öfter mal einen durchzuziehen. Und auch seinem Kollegen Friedrich Merz würde es mit etwas Übung sicherlich gut tun. Da dies in naher Zukunft jedoch unwahrscheinlich scheint, wollen wir hier einen Blick auf weitere Möglichkeiten für einen konstruktiven Umgang mit Rauschmitteln werfen. Denn abgesehen vom legalen Kiffen gibt es auf dem Gebiet weitere spannende Entwicklungen:
1. MDMA und Pilze gegen PTSD
MDMA sorgt für Glücksgefühle und Euphorie. Als Partydroge ist es deshalb gut etabliert, auch als Bestandteil von Ecstasy. Neue Studien zeigen nun aber, dass sich MDMA auch erfolgreich zur Traumatherapie einsetzen lässt, da es den Zugang zu traumatischen Erfahrungen erleichtert und Menschen sich damit traumatischen Erfahrungen besser stellen können. (Mehr Infos hier) Auch bestimmte Pilze (Magic Mushrooms) können unter Umständen dabei helfen, ein posttraumatisches Stresssyndrom zu überwinden. In den USA hoffen nicht zuletzt, traumatisierte Kriegsveteranen dadurch auf Heilung. Das ZDF hat gerade darüber berichtet.
Mehr zu Thema findet ihr hier: So werden Psychedelika in der Medizin eingesetzt
2. LSD und Pilze gegen Depressionen
LSD und Magic Mushrooms wiederum können auch bei Depressionen positive Effekte haben. Die Forschung dazu wird immer umfangreicher. Große Studien sollen die Wirkung der Stoffe demnächst belegen. Noch in diesem Jahrzehnt könnte ein Wirkstoff zugelassen werden.
Klarmachen sollte man sich bei alldem aber auch: In der Medizin und Wissenschaft werden diese Stoffe nicht einfach wahllos in der Freizeit konsumiert, sondern unter Aufsicht in ärztlicher Umgebung, streng dosiert und kontrolliert. Und wer ein erhöhtes Risiko für eine Psychose hat, darf gar nicht erst teilnehmen. (Mehr Infos hier)
3. Pilze gegen Alkoholsucht
Witzigerweise können die genannten Stoffe offenbar sogar gegen andere Drogen und Suchterkrankungen helfen, zum Beispiel gegen Alkoholsucht. Neuen Forschungsergebnissen zufolge liegt das daran, dass bei Suchterkrankungen ein bestimmter Glutamat-Rezeptor im Gehirn gestört ist und Psilocybin, der Wirkstoff in Magic Mushrooms, diesen wiederherstellen kann. Das SZ Magazin etwa hat von einem alkoholabhängigen Mann berichtet, der von Suchttherapie bis zu Entzugskliniken quasi alles probierte, ohne Erfolg. Dann nahm er unter therapeutischer Aufsicht in Denver zwei mal Psilocybin, und berichtet nun: “Ich bin seitdem trocken.” Dabei muss man wissen: Die Wirkung von Pilzen und LSD ist zwar sehr intensiv; abhängig wird man davon jedoch nicht.
4. Drugchecking für mehr Sicherheit
In Berlin ist es seit Kurzem möglich, illegale Substanzen in Beratungsstellen auf Verunreinigung prüfen zu lassen. Der Andrang soll groß sein. Mehrere andere Bundesländer planen bereits, den Service ebenfalls anzubieten, um Todesfälle zu vermeiden. (Mehr Infos hier) Allerdings ist das Drugchecking bisher noch auf einzelne Stellen in der Stadt beschränkt. Noch mehr könnte es helfen, wenn man Substanzen direkt in Clubs oder auf Festivals untersuchen lassen könnte. Um die Aufklärung über die Risiken von Drogen zu verbessern, gibt es außerdem seit Kurzem eine kostenlose App: KnowDrugs liefert allgemeine Infos und aktuelle Warnungen zu bestimmten Stoffen, und arbeitet dabei die eng mit Suchtberatungszentren und dem Drugchecking-Dienst von Berlin zusammen. (Mehr Infos hier)
5. Partys mit Alkoholverbot
Wem das nun doch zu viele Drogen sind, der erfreut sich vielleicht an einem entgegengesetzten Trend: In Lüneburg nämlich gibt es seit Kurzem Partys, bei denen Alkohol verboten ist. Das Maximum der Langeweile? Keineswegs. Die Partys sind so begehrt, dass oft hunderte Jugendliche wieder nach Hause geschickt werden müssen. In Zukunft soll das Angebot deshalb weiter ausgebaut werden. (Mehr Infos hier).