Eine KI identifiziert erfolgreich Menschen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs und verwendet dazu ausschließlich Krankenakten.
Dies geht aus einer neuen Studie hervor, die unter Leitung der Forschungsteams von der Harvard Medical School und der Universität Kopenhagen durchgeführt wurde. Die verwendete Künstliche Intelligenz (KI) hat erfolgreich Personen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs bis zu drei Jahre vor der Diagnose identifiziert. Dazu benötigt sie ausschließlich die Krankenakten der Patient:innen.
Die Ergebnisse, die am 8. Mai in “Nature Medicine” erschienen, legen nahe, dass KI-gestützte Bevölkerungsscreenings nützlich sein könnten, um Menschen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko zu identifizieren. So könnte die Diagnose einer Krankheit beschleunigt werden, die oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird, wenn die Behandlung weniger wirksam und die Prognose düster ist. Bauchspeicheldrüsenkrebs ist weltweit eine der tödlichsten Krebsarten.
“Chance, den Verlauf von Bauchspeicheldrüsenkrebs zu verändern”
Bislang gibt es keine flächendeckende Früherkennung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Personen mit einer familiären Vorgeschichte und bestimmten genetischen Mutationen, die sie für Bauchspeicheldrüsenkrebs prädisponieren, werden gezielt untersucht. Solche gezielten Untersuchungen können jedoch andere Fälle übersehen, die nicht in diese Kategorien fallen, so die Forschenden.
„Eine der wichtigsten Entscheidungen, mit denen Kliniker tagtäglich konfrontiert werden, ist die Frage, wer ein hohes Risiko für eine Krankheit hat und wer von weiteren Tests profitieren würde, was auch invasivere und teurere Verfahren bedeuten kann, die ihre eigenen Risiken mit sich bringen. Ein KI-Tool, das diejenigen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs ausfindig machen kann, die am meisten von weiteren Tests profitieren, könnte einen großen Beitrag zur Verbesserung der klinischen Entscheidungsfindung leisten.
Chris Sander, Co-Leiter der Studie und Fakultätsmitglied in der Abteilung für Systembiologie am Blavatnik Institute an der HMS
In der neuen Studie wurde der KI-Algorithmus mit zwei getrennten Datensätzen von insgesamt neun Millionen Patient:innenakten aus Dänemark und den USA trainiert. Die Forscher:innen instruierten das KI-Modell, anhand der Daten in den Akten nach charakteristischen Anzeichen zu suchen.
„Viele Krebsarten, vor allem solche, die schwer zu erkennen und frühzeitig zu behandeln sind, fordern einen unverhältnismäßig hohen Tribut von den Patient:innen, ihren Familien und dem Gesundheitssystem insgesamt. KI-basiertes Screening ist eine Chance, den Verlauf von Bauchspeicheldrüsenkrebs zu verändern. Diese aggressive Krankheit ist bekanntermaßen schwierig früh zu diagnostizieren und rechtzeitig zu behandeln, wenn die Erfolgsaussichten am größten sind.”
Søren Brunak, Professor für Systembiologie von Krankheiten und Forschungsdirektor am Novo Nordisk Foundation Center for Protein Research an der Universität Kopenhagen
Co-Leiter Sanders Einschätzung zu den Ergebnissen der Studie macht Hoffnung: Wenn ein solcher Ansatz in großem Maßstab angewendet würde, könnte dies die Erkennung von Bauchspeicheldrüsenkrebs beschleunigen, zu einer früheren Behandlung führen, die Ergebnisse verbessern und die Lebenserwartung der Patienten verlängern.
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