Der neue Integrationsbericht der Bundesregierung zeigt, dass Integration in Deutschland vielfach gelingt.
Deutschland ist ein Einwanderungsland – das belegt der 14. Integrationsbericht der Bundesregierung. „Integration gelingt millionenfach jeden Tag und viel besser, als manch aufgeheizte Debatte das vermuten lässt“, betonte die Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration Reem Alabali-Radovan bei der Veröffentlichung.
Bildung als Schlüssel für Integration
Der Blick auf die veröffentlichten Zahlen zeigt, dass im Bildungssektor deutliche Fortschritte erzielt wurden. So verbesserten sich die schulischen Kompetenzen von Nachkommen von Eingewanderten seit 2006 stetig. Zudem gab es seit 2005 nahezu eine Verdopplung des Anteils der Eingewanderten mit einem akademischen Abschluss – von 13,1 Prozent auf 24,8 Prozent. Besonders erwähnenswert ist, dass Eingewanderte heute deutlich häufiger eine (Fach-)Hochschule besuchen.
Historische Höchstwerte zeigt der Bericht bei der Teilnahme an Integrationskursen und den dabei erworbenen Deutschkenntnissen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden erreichten 2023 das Sprachniveau B1, das eine wichtige Grundlage für die gesellschaftliche Teilhabe darstellt. Positiv zu erwähnen ist auch, dass fast alle Nachkommen und Personen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte ihre Deutschkenntnisse als gut oder sehr gut einschätzen – ein klares Zeichen für erfolgreiche sprachliche Integration.
Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels
Auch am Arbeitsmarkt sind die Erfolge greifbar. Die Erwerbstätigenquote unter Eingewanderten ist von 2005 bis 2023 kontinuierlich gestiegen und die Anzahl der Beschäftigten ohne deutsche Staatsangehörigkeit hat sich seit 2008 nahezu verdreifacht. Gerade in Engpassberufen wie dem Gastgewerbe oder der Logistik sind Eingewanderte unverzichtbar und tragen laut Integrationsbericht entscheidend zur Bewältigung des Fachkräftemangels bei. Dies wird immer wieder auch von Forschenden bestätigt. Unter anderem vom Institut der deutschen Wirtschaft: „Ausländische Beschäftigte spielen eine entscheidende Rolle für den Beschäftigungszuwachs und die Fachkräftesicherung.“
Das zeigen auch die Erfahrungen der Migrationsberaterin Marie Geffroy. Für den Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe e.V. begleitet und unterstützt sie Personen mit Einwanderungsgeschichte auf dem Weg in einen Pflegeberuf. „Die Zielstrebigkeit und das Engagement der neu Zugewanderten, die trotz multipler Belastungen, Diskriminierungserfahrungen und postmigratorischem Stress hier beruflich neu Fuß fassen möchten, sind beeindruckend!“, betont sie. In der von ihrem Verein getragenen Pflegeschule hat ungefähr die Hälfte der Auszubildenden zur Pflegefachkraft Zuwanderungserfahrung.
Gesellschaftliche Teilhabe und Zusammenhalt
Auch die soziale und politische Partizipation nimmt zu, wie der Bericht zeigt. Mehr als 80 Prozent der Eingewanderten berichteten von einem hohen Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland. Freiwilliges Engagement ist unter Nachkommen und Personen mit eingewanderten Elternteilen nahezu genauso häufig wie bei Personen ohne Zuwanderungsgeschichte.
Murat Bicer, der als Geflüchteter zum Sprachkurs im Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe e.V. kam und im Anschluss dort eine Pflegeausbildung begann, engagierte sich am Ende seiner Ausbildung ehrenamtlich als Mentor: „Ich habe selber so viel Unterstützung erhalten, ich möchte jetzt, wo ich hier Fuß gefasst habe, etwas zurückgeben.“
Trotz Hindernissen – eine Erfolgsgeschichte
Natürlich bleiben Herausforderungen bestehen, beispielsweise bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse oder der Chancengleichheit im Bildungssystem. Integration ist kein Selbstläufer – sie erfordert Engagement, Offenheit und gezielte politische Maßnahmen. Und auch ein Blick auf die Zahlen zu Hass und Gewalt unterstreicht die Notwendigkeit für Politik und Gesellschaft, gemeinsam an einem besseren Zusammenhalt zu arbeiten. Denn die Zahl registrierter Fälle hasskrimineller Gewalt verdreifachte sich innerhalb von 13 Jahren auf 1.591. Fremdenfeindlichkeit war dabei das häufigste Tatmotiv (ein Anteil von 78,7 Prozent im Jahr 2023). Auch antisemitische und islamfeindliche Gewalttaten sahen zuletzt deutliche Anstiege. Besonders erschreckend: Wenngleich die meisten Opfer hasskrimineller Gewalt erwachsen waren, stiegen auch die Opferzahlen bei Kindern und Jugendlichen sehr schnell und verdoppelten sich seit 2010. Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind überproportional häufig betroffen und stellen etwa die Hälfte der Opfer von Hasskriminalität. Der größte Teil der hasskriminellen Gewalt ist rechtsmotiviert. Staatsministerin Reem Alabali-Radovan erklärte, dass Diskriminierung und Rassismus konsequent bekämpft werden müssen. „Nur mit einem Mindset, das von Offenheit und Zusammenhalt geprägt ist, werden die Menschen, die zu uns kommen sollen, auch bleiben wollen”, sagte sie und unterstrich: „Dadurch werden wir ein neues deutsches Wir-Gefühl entwickeln.”
Eine Frage der Perspektive
Während oft im gesellschaftlichen Diskurs von „gescheiterter Integration“ gesprochen wird, zeichnet der Bericht ein ganz anderes Bild: Integration gelingt millionenfach – trotz struktureller Hindernisse und politischer Instrumentalisierung. Es ist wichtig, diese Erfolge zu würdigen und Integration nicht zu einem parteipolitischen Spielball zu machen. Ein stärkerer politischer Wille könnte den Prozess noch weiter erleichtern.