Wandern gewinnt immer mehr an Popularität. Zu Recht, denn die gesundheitlichen Effekte von Bewegung in der Natur sind erstaunlich.
Immer mehr Menschen treibt es statt auf Städtereisen raus in die Natur. In einer Welt, in der ständig etwas passiert, in der viel Zeit am Computer verbracht wird, sehnen sich Menschen nach Ruhe. Stille. Nach dem Fühlen statt Denken. Ausdauersportarten bieten genau das: aus dem Kopf in den Körper zu kommen.
Und was gibt es da Schöneres als Ausdauersport mit der Natur zu verbinden? So zieht es mehr und mehr Menschen in die Berge und auf die Trails. Manche drei Stunden, manche 20 Tage. Manche 20 Kilometer, manche teils tausende Kilometer. Schritt für Schritt erkämpfen sie sich den Weg aus dem Kopf und in den Körper.
Zeitweise galt Wandern als uncool, doch das ist schon lange nicht mehr so. Menschen aller Altersgruppen haben neuen Gefallen an dem Sport gefunden. Aus nerdiger Wanderausrüstung sind Lieblingsstücke geworden. Wunderschöne Landschaften werden in den sozialen Medien präsentiert.
Die Mitgliederzahlen bei den Alpenvereinen zeigen: Wandern ist kein Nischensport mehr. Der Schweizer Alpenclub zählte 2023 175.000 Mitglieder, der Deutsche Alpenverein 1,5 Millionen und der Österreichische Alpenverein 700.000 wanderbegeisterte Menschen.
Rekorde auf dem Jakobsweg
Auch beim Weitwandern zeigen die Zahlen neue Rekorde an. Im Jahr 2023 war der Jakobsweg die bekannteste Weitwanderstrecke Europas, einer Vielzahl an Menschen eine Zuflucht. Mehr als 438.300 Personen holten sich in Santiago de Compostela im spanischen Galizien ihre Urkunde ab – eine Auszeichnung, die bestätigt: Der oder die Wandernde hat den Jakobsweg absolviert.
Der Jakobsweg – das ist ein Sammelbegriff für die europäischen Pilger:innenwege zum Grab des Apostels Jakobus nach Santiago de Compostela in Spanien. Wechselnd lange Pilger:innenwege werden dafür zurückgelegt. Doch wofür eigentlich das Ganze? Was macht das lange Gehen so attraktiv?
Wandern: das Mittel gegen Stress
Mehrere Studien zeigen teils erstaunliche Effekte des Wanderns auf die Gesundheit, sowohl physisch als auch mental. Beim Wandern wird das Gehirn mit Sauerstoff versorgt, während sich das Stresslevel reduziert. Die Monotonie des Weitwanderns hilft auch beim Entschleunigen. Das hat eine Studie der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin für den Deutschen Alpenverein aus dem Jahr 2019 ergeben. 24 Teilnehmende, deren Stresslevel zu Beginn der Studie merklich erhöht war, wurden gemeinsam mit einem erfahrenen Coach ein Jahr lang zu allen Jahreszeiten auf vier Bergwandertouren geschickt.
Dabei wurden physische und psychische Datenpunkte erfasst. Die Studie zeigte merkliche Unterschiede beim Stresslevel und im Stressempfinden. Zusätzlich brachten die Teilnehmer:innen positive Gefühle in Bezug auf die Wanderungen hervor: Zufriedenheit, Dankbarkeit, Demut und Lebenssinn. Dabei zeigte sich eine Korrelation zwischen der Wanderzeit und der wahrgenommenen Zufriedenheit. Auf der physischen Ebene konnten Teilnehmende Verbesserungen von Herz- und Kreislauf-Beschwerden wahrnehmen. Wandern macht also rundum glücklicher.
Auch der Berliner Glücksforscher Stefan Klein stimmt zu:
„Körperliche Bewegung, ein Ziel zu verfolgen, die Gemeinschaft mit anderen – wenn ich alles zusammennehme, haben wir guten Grund zu der Annahme, dass Bergsteigen glücklich macht.”
Spätestens jetzt solltet ihr eure Wanderschuhe aus dem Kleiderschrank kramen. Denn die Untersuchung einer Gruppe Forschender um den Innsbrucker Sportwissenschaftler Martin Kopp ergab, dass bereits drei Stunden Wanderung reichten, um die Stimmung der Proband:innen aufzuheitern, Gelassenheit zu fördern und negative Gefühle zu reduzieren.
Leichte Wanderungen reichen bereits aus
Auch Reinhold Fartacek sah sich die Auswirkungen leichter Wanderungen auf die Gesundheit an. Innerhalb eines zweiwöchigen Wanderprogramms untersuchte er, wie Wandern Menschen hilft, die sich aufgrund von psychischen Erkrankungen in medizinischer Behandlung befinden. Die Forschenden setzten das Wandern als zusätzliche Behandlungsmethode ein. Die Proband:innen berichteten nach der Studienteilnahme von geringerer Hoffnungslosigkeit, Depressivität und von einer Milderung von Suizidgedanken.
„Es war berührend, die Patienten so zu erleben. Sie haben sich während des Wanderprogramms positiv verändert. Das haben sie auch selber so wahrgenommen. Sie sahen wesentlich gesünder aus, wirkten aktiv und zuversichtlich.”
Reinhold Fartacek, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und ehemals ärztlicher Direktor des Uniklinikums Salzburg
Der US-Mediziner Robert Abbott von der University of Virginia hielt zudem mit seiner Forschungsgruppe fest: Körperliche Aktivität erhöht die kognitiven Leistungen. Die Forschenden fanden heraus, dass ältere Menschen durch regelmäßige Bewegung ihr Demenzrisiko halbieren können. Also: Es gibt keinerlei Ausreden. Zieht eure Wanderschuhe an und raus mit euch!
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