Immer mehr Schulen führen „Glück“ als eigenes Unterrichtsfach ein. Jetzt will auch eine Realschule Schülerinnen und Schülern mit dem neuen Fach zu mehr Selbstbestimmung, Fröhlichkeit und einer positiveren Grundeinstellung verhelfen.
Kann Glück unterrichtet werden bzw. kann Glück gelernt werden? Eine gar nicht so einfache Frage. Besonders da viele Menschen das eigene Glücksgefühl oft gar nicht gezielt erzeugen, es entsteht einfach, überkommt uns regelrecht. Ob Sonnenschein am Morgen oder ein großer Geburtstag, eine Garantie, wann und wie wir glücklich werden können, gibt es nicht. Das Gefühl zu erzwingen und negative Gefühle auszuschließen, geht sogar eher nach hinten los. So musste auch Filmemacher und Youtuber DeChangeman bei seinem Experiment „7 Tage Glück“ feststellen: Glückshormone sind nicht unbegrenzt, sie können sogar „alle“ sein und auf das Hoch folgt ein Tief.
Dipl. Psych. Tobias Rahm vom Institut für Pädagogische Psychologie an der Technischen Universität Braunschweig forscht zu diesem Thema und sagt: „Glücklich zu sein, bringt viele Vorteile mit sich. Es geht aber nicht darum nur positive Emotionen zu haben und alle negativen Emotionen wegzudrücken, es geht vielmehr um einen Gleichklang.“ Er ist ein klarer Befürworter von dem neuen Schulfach Glück.
Die Notwendigkeit
20–30% der Menschen in Deutschland erkranken in ihrem Leben an einer Depression. 2020 und 21 bringt die Pandemie für sehr viele Kinder und Erwachsene extreme psychische Belastungen.
„Vor diesem Hintergrund halte ich es für absolut angezeigt, zu sagen wir möchten mehr Menschen in den Zustand des Aufblühens bringen. Wenn wir das ganze gesellschaftlich verankern wollen, müssen wir dafür natürlich in die Bildungssysteme rein und es Kindern frühzeitig beibringen.“
Tobias Rahm
Im Ausland, wie beispielsweise in Australien, ist das neue Unterrichtsfach schon viel weiter etabliert. In Deutschland hat 2007 der ehemalige Schuldirektor Ernst Fritz-Schubert an seiner Schule in Heidelberg das Unterrichtsfach „Glück“ entwickelt. Seit 2018 gibt er das Konzept in einem pädagogischen Institut (FSI) an andere Lehrende weiter. Auch ein Buch für Lehrkräfte zu dem Schulfach ist schon seit 2015 auf dem Markt.
Glück als Schulfach: Mehr davon!
„Unser traditionelles Schulmodell vermittelt zwar viel Wissen, aber kaum Orientierung. Unsere Welt und die Bildungslandschaft der Kinder und Jugendlichen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immens verändert. Wir haben es mit völlig anderen Gesellschaftsstrukturen zu tun, die Digitalisierung erhöht die Komplexität unseres Lebens. Hinzu kommt die ständige Reizüberflutung, die viele Kinder und Jugendliche überfordern. Wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand sind an ihre ökologischen Grenzen gestoßen. (…) Wenn sich die Rahmenbedingung der Gesellschaft so drastisch verändern, muss sich auch die Schule verändern,“ sagt Ernst Fritz-Schubert.
Noch zahlen die am FSI ausgebildeten Lehrerinnne und Lehrer die Weiterbildung selbst und unterrichten üblicherweise an den Schulen, an denen sie beschäftigt sind. Dazu gehören mittlerweile über 200 Schulen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien.
Seit wenigen Tagen steht „Glück“ auch auf dem Stundenplan einer privaten Realschule in München. Im Video hat TV Bayern die Kinder im Unterricht besucht:
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