Unerforschte Frauenkrankheit rückt in den Fokus

das ist ein GNM+ ArtikelDas Rampenlicht auf Endometriose zeigt Wirkung

Werbung
Werbung

von | 12. September, 2024

Nachdem Medizin und Gesellschaft jahrelang weggeschaut haben, ist die chronische Krankheit Endometriose heute allgemein bekannt. Das alleine hat zu deutlich mehr Diagnosen und damit zu besseren Krankheitsverläufen geführt.

Diesen Artikel aus unserem Printmagazin „Gesundheit. Danke!“ und weitere exklusive Beiträge gibt’s im GNM+ Abo.
Unsere ePaper im Abo oder hier mit tiun ohne Abo lesen.

Seit der Pubertät hatte ich im Portemonnaie Ibuprofen-Tabletten. Aus dem Blister habe ich mir einen kleinen Bereich mit zwei bis vier Tabletten ausgeschnitten – falls mich die Schmerzen unterwegs erwischen sollten. Früher habe ich ihn oft erneuern müssen. Damit die ersten Tage meiner Periode auszuhalten sind. Damit ich in der Schule zurecht komme. Aber vor allem: damit ich nicht negativ auffalle. Denn über die Mädchen, die im Sportunterricht jeden Monat auf der Bank saßen oder sogar in der Schule fehlten, tuschelte man: „Die Periode ist keine Krankheit“, sagten meine Mitschülerinnen. Und was, wenn sie das doch ist?

Lena (Name von der Redaktion geändert) konnte ihre Periodenschmerzen nicht mit Ibuprofen oder anderen rezeptfreien Schmerztabletten betäuben. Ihre Schmerzen bauten sich langsam auf. „Wenn es anfing, fand ich es sehr schwer, gerade zu stehen und mit der Zeit ging das irgendwann nicht mehr. Irgendwann war das Sitzen nicht mehr möglich und dann habe ich nur noch im Bett gelegen und geweint.“ Lena musste sich jeden Monat in der Schule krank melden. Und sie musste Aktivitäten mit ihren Freund:innen absagen.

Bei der Endometriose ist nicht die Periode selbst die Krankheit, aber für viele fühlt sie sich so an. Das häufigste Symptom sind starke Menstruationsschmerzen. Dazu ist ein unerfüllter Kinderwunsch unter Endometriose-Betroffenen weit verbreitet. Bei 40 bis 50 Prozent der Frauen, die nicht schwanger werden können, ist Endometriose die Ursache. Die Krankheit kann zwar nicht geheilt werden, aber sie kann oft so behandelt werden, dass Frauen wieder fruchtbar sind.

2012: Im Schnitt 10,4 Jahre bis zur Diagnose.

„Alles ist gut gelaufen, es war Endometriose“ waren die ersten Worte, als ich aus der Narkose aufwachte. „Das ist eine ganz häufige Krankheit“, sagte mir später der Arzt. Ich war 29 Jahre alt und verwirrt – nicht nur wegen der Narkose. Wieso kenne ich diese häufige Krankheit nicht? Und warum erfahre ich erst jetzt davon?

Meine Ratlosigkeit war keiner großen Wissenslücke geschuldet. Es war das Jahr 2018 und kaum jemand hatte je von Endometriose gehört. Viele Frauenärzt:innen hatten die Krankheit nicht auf dem Radar, obwohl sie tatsächlich eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen war und immer noch ist. Von den ersten Symptomen bis zur Diagnose vergingen 2012 im Schnitt zehn Jahre.

Zehn Jahre, in denen Frauen wegen starker Schmerzen in der Schule oder bei der Arbeit fehlten, nur eingeschränkt am Leben teilnahmen oder mit Unfruchtbarkeit zu kämpfen hatten. Zehn Jahre lebten sie mit dem Widerspruch, zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist, aber von außen die Rückmeldung zu bekommen, ihre Wahrnehmung stimme nicht. Und zehn Jahre verstrichen, in denen man Schlimmeres hätte verhindern können, wenn man die Krankheit früher behandelt hätte.

„Betroffene brauchen die Sicherheit, dass sie ernst genommen werden“

Lena wusste schon als junges Mädchen, was Endometriose ist, denn vor ihr waren auch andere Frauen in ihrer Familie betroffen. Schon einen Tag bevor ihre allererste Periode einsetzte, hatte sie starke Bauchschmerzen und musste in der Schule fehlen. „Mir war von Anfang an klar, dass ich Endometriose habe. Bis zur offiziellen Diagnose hat es dafür sehr lange gedauert.“ Ihrer damaligen Frauenärztin erzählte sie von den Schmerzen. Ihre Antwort: So stark, wie Lena diese schildert, könnten Periodenschmerzen gar nicht sein. Sie glaubte Lena nicht.

Heute sprechen wir von „Medical Gaslighting“, wenn Mediziner:innen Symptome ihrer Patient:innen nicht ernst nehmen, bagatellisieren, herunterspielen oder als psychosomatisch bezeichnen. Im Fall der Endometriose ist dieses Phänomen nicht nur im medizinischen Bereich, sondern auch im privaten Umfeld der Betroffenen vermehrt vorgekommen.

„Betroffene brauchen konkret die Sicherheit, dass sie ernst genommen werden“, sagt Michelle Röhring. Sie ist im Vorstan…

Unterstütze die Arbeit von Teodora Mebus und anderen Autor:innen mit einem GNM+ Abo!

Deine Vorteile:

  • Gut recherchierte positive Nachrichten
  • Nachhaltig gedruckt oder digital
  • Dramafrei und lösungsorientiert

    GNM+

    Teodora Mebus

    Good-Newsletter: Melde dich hier gratis an für die Good News der Woche in deinem E-Mail-Postfach.

    Diese Good News könnten dich auch interessieren