Harvard-Studie zur Entwicklung Erwachsener

Die längste Studie der Forschung: Glücklich und gesund altern

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von | 3. Mai, 2024

Seit 1938 begleitet eine Forschungsgruppe Teilnehmende über ihr gesamtes Leben und untersucht, welche Faktoren ein mental und physisch gesundes und glückliches Älterwerden beeinflussen.

1938 begann eine Studie, die unser Verständnis von Glück, Gesundheit und Erfolg prägen sollte, wie sonst kaum eine. Die Harvard-Studie zur Entwicklung Erwachsener untersucht, welche Faktoren aus der Kindheit und der Zeit des Erwachsenwerdens Glück und Erfolg in höherem Alter beeinflussen. Dabei deckte sie bisher schon einige Zusammenhänge auf, die überraschen. Beispielsweise, dass die Mithilfe bei der Hausarbeit im Kindesalter mit Erfolg mit Erwachsenenalter zusammenhängt. Und dass gute Beziehungen sich sogar auf die physische Gesundheit auswirken. 

Die Studie ist aus zwei Gründen einzigartig: Zum einen ist es die bisher längste Längsschnittstudie in der Forschung – und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Mit mittlerweile 85 Jahren Recherchematerial stellt sie eine Rarität dar. Denn der Aufwand und die Kosten solcher Studien sind in der Regel sehr hoch. Auch die Rate an abspringenden Proband:innen über die Zeit kann zunehmen, was die Ergebnisse stark verfälschen kann. Gleichzeitig würde sich mit der Zeit auch die Stichprobe dezimieren. Durch die von vornherein große Versuchsgruppe konnte dem entgegengewirkt werden. Insbesondere in der Psychologie, die sich oftmals mit Phänomen beschäftigt, die sich nicht von einem Tag auf den anderen verändern, sind solche Studien essentiell. 

Zum anderen wurde dem Erfolg der ursprünglichen Studie im Laufe der Zeit eine weitere Proband:innengruppe angefügt: Die Second-Generation-Studie betrachtet die Kinder der Teilnehmenden der Studie zur Entwicklung Erwachsener. Diese befinden sich inzwischen in ihren 50er und 60er Jahren.

Das macht uns glücklich

Derzeit fokussiert sich die Forschungsgruppe vor allem auf drei Aspekte des Alterns: Gesundheit auch im hohen Alter, Beziehungen, insbesondere Partnerschaften, sowie Veränderungen der Gehirnstrukturen. Sie wertet aus, wie sich Familie, Kindheit und psychologische Variablen auf den Alterungsprozess auswirken und welche frühen Einflüsse die mentale und physische Gesundheit im Alter beeinflussen. Außerdem untersucht sie , wie sich die Beziehungen der Proband:innen im Laufe der Jahre entwickelt haben. 

Die überraschende Erkenntnis ist, dass unsere Beziehungen und wie glücklich wir in unseren Beziehungen sind, einen starken Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Sich um seinen Körper zu kümmern ist wichtig, aber auch die Pflege von Beziehungen ist eine Form der Selbstfürsorge. Das ist, glaube ich, die Offenbarung.

Robert Waldinger, Leiter der Studie, Psychiater am Massachusetts General Krankenhaus und Professor of Psychiatrie an der Harvard Medical School

Da die Studie im Laufe der Zeit auch die Partner:innen der Proband:innen mit in die Analyse aufgenommen hat, können jetzt Rückschlüsse langer Beziehungen auf die Gesundheit geschlossen werden. Die Studie leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Komponente “Familie” im weiteren Sinne für das gesunde Altern.

„Die Menschen, die im Alter von 50 Jahren in ihren Beziehungen am zufriedensten waren, waren im Alter von 80 Jahren am gesündesten.“

Robert Waldinger

Das dritte große Themenfeld der Studie blickt auf das Gehirn. Die Forschenden ergänzen ihre bestehenden Daten zum Verhalten der Proband:innen mittlerweile auch um Messungen der Gehirnströme und neuronaler Netzwerke. Damit können auch andere Disziplinen von den umfangreichen Recherchen des Teams profitieren.

Daten vieler Jahrzehnte

In den 1940er Jahren startete die Harvard-Universität eine Studie, die sich fast über ein Jahrhundert ziehen würde. Die Studie zur Entwicklung Erwachsener besteht aus zwei Einzelstudien, die sich mit psychosozialen Faktoren und biologischen Prozessen auseinandersetzen, welche Gesundheit und Wohlbefinden im höheren Alter beeinflussen. Damit ist die Studie besonders wertvoll für die Forschung. Denn solche Zusammenhänge über lange Zeiträume können normalerweise nicht objektiv und quantifizierbar festgestellt werden – es sei denn, man beobachtet einen gesamten Lebenszyklus. Und genau diesem Anspruch eifert die Studie nach.

Die Grant Study, die erste der beiden Teilstudien, startete mit 268 Teilnehmenden, alle männlich, weiß und amerikanisch, die an der Harvard-Universität ausgebildet wurden. Die Glueck Study wurde in den 1970er Jahren eingeführt und untersucht 456 Männer aus der Umgebung von Boston. Auch die Partner:innen der Teilnehmenden wurden im Laufe der Zeit mit in die Studie integriert. In der ursprünglichen Gruppe befanden sich keine Frauen. Damit kann die Studie in Bezug auf Diversität nicht ansatzweise Vollständigkeit vorweisen, dennoch sind die Ergebnisse ein wichtiger Anhaltspunkt, um den Prozess des Alterns besser zu verstehen. In der Zukunft wäre es wünschenswert, dass ähnliche Studien mit einem diverseren Feld an Teilnehmenden durchgeführt werden.

Die Second Generation Study untersucht zudem die Kinder der Teilnehmenden aus Grant und Glueck Study. Damit können nun auch Erfahrungen aus der Kindheit objektiv beobachtet und in Verbindung mit dem Altern gestellt werden. Die Teilnehmenden der ersten beiden Studien befanden sich bereits im jungen Erwachsenenalter, als sie rekrutiert wurden.

Wie wurde die Studie bisher durchgeführt? Alle zwei Jahre füllten die Probanden beider Studien Fragebögen aus, wurden interviewt und auf ihre physische Gesundheit untersucht. Teilweise werden auch andere Instrumente der Forschung mit eingebunden. Von vielen der Teilnehmenden wurden die Daten mittlerweile von ihrer Universitätszeit bis zum hohen Rentenalter erhoben.

Mit zunehmender Studienlänge finden die Forschenden immer mehr Hinweise auf Faktoren, die das Glück im Alter beeinflussen. Auch wenn die Studie ursprünglich eine sehr homogene Menge an Menschen untersucht hat, haben sich die Teilnehmenden im Laufe der Zeit in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt, sodass sich die aktuelle Gruppe an Proband:innen beispielsweise aus unterschiedlichen sozialen Schichten zusammensetzt.

Auch Waldinger versucht, sich an seine eigenen Erkenntnisse aus der Studie zu halten:

Es ist leicht, sich zu isolieren, in der Arbeit gefangen zu sein und nicht daran zu denken: ‚Oh, diese Freunde habe ich schon lange nicht mehr gesehen.‘ Deshalb versuche ich, meinen Beziehungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken als früher.

Beitragsbild: Artur Verkhovetskiy / depositphotos.com

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    Lara Dehari

    Lara ist Redakteurin beim Good News Magazin. Sie träumt nicht nur von einer besseren Welt, sondern gestaltet sie mit ihren Artikeln aktiv mit. Sie hat Wirtschaftspsychologie und Medienmanagement studiert, bevor sie den Journalismus für sich entdeckte.

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