Millionen-Erbin fordert Steuergerechtigkeit

das ist ein GNM+ ArtikelEngelhorn: Gremium zur Umverteilung des Erbes tagt zum ersten Mal

von | 18. März, 2024

Die Millionen-Erbin fordert gemeinsam mit der Initiative taxmenow eine Vermögensumverteilung. Dafür hat sie ein Gremium einberufen, das ohne ihren Einfluss über die Vergabe ihres Erbes entscheiden soll.

Millionen – eine Einheit, die sich oft nur schwer begreifen lässt. Das sieht auch die Wiener Studentin Marlene Engelhorn so, die vor Kurzem erfahren hat, dass sie von ihrer Oma eine zweistellige Millionensumme erben soll. Gemeinsam mit Taxmenow setzt sie sich nun für eine angemessene Erbschaftssteuer ein. Die Erbin aus Österreich kündigte an, den Großteil ihres Erbes an die Bevölkerung zurückzugeben. Sie möchte darüber allerdings nicht selbst entscheiden. Ein zufällig ausgewähltes Gremium wird damit beauftragt. Laut eigener Aussage wird Engelhorn auf diese Entscheidung keinen Einfluss nehmen und sich auch nicht an der Entscheidungsfindung beteiligen.

Vergangenes Wochenende trafen sich dafür 50 repräsentativ ausgewählte Frauen und Männer aus Österreich in Salzburg. Am Samstag kam das Gremium zum ersten Mal zusammen. Bis Juni wird an insgesamt sechs Wochenenden ein Plan ausgearbeitet, der die Vergabe des Geldes besiegeln soll.

Für die Mitarbeit im Gremium kamen rund 10.000 Menschen in Österreich infrage, von denen knapp 1.500 ihr Interesse bekundeten. Das schlussendlich ausgewählte Gremium besteht nach Angaben des Foresight Instituts aus Menschen, die über 16 Jahre in Österreich wohnen. Pro Tagungen erhalten die Mitglieder 1.200 Euro Entschädigung. Knapp drei Millionen Euro investiert Engelhorn in die Organisation, die Anfahrts- und Aufenthaltskosten sowie etwaige Kinderbetreuung.

Welche Bereiche sollen profitieren

In den Sitzungen geht es erstmal nicht um konkrete Projekte, sondern um die grundsätzliche Frage nach sozialer und steuerlicher Gerechtigkeit. „Es soll keine wilde Charity-Aktion geben nach dem Motto, ich suche mir irgendeine NGO aus, sondern es ist wirklich eine große Systembeleuchtung“, erklärt Engelhorn dem Tagesspiegel. Auch die Frage nach der Einführung einer Vermögens- und Erbschaftssteuer soll an den Tagen nachgegangen werden.

Marlene Engelhorn hat sich bereits mehrfach zu einer höheren Besteuerung von reichen Menschen geäußert. In Österreich würde die Einführung solcher Steuern Schätzungen nach Milliardenbeträge einspielen. Dadurch könnte beispielsweise die Kindersicherung finanziert und Kinderarmut abgeschafft werden.

Großes Erbe, große Verantwortung

Nachdem Marlene Engelhorn zum ersten Mal erfahren hatte, dass sie mehrere Millionen Euro erben würde, reagierte sie verärgert: „Ich hätte mich ganz gerne gefreut, aber ich habe mich ehrlicherweise sehr geärgert”, sagt die Literaturstudentin dem Deutschlandfunk in einem Interview. Ihre Forderung: Eine Umverteilung ihres Vermögens. Bislang existiert in Österreich nämlich keine Erbschaftssteuer. Insgesamt 90 Prozent ihres Vermögens möchte die 32-Jährige spenden. Doch wer ist die Studentin eigentlich und woher kommt all das Geld?

Marlene Engelhorn erlangte weitreichende mediale Aufmersamkeit, als sie verkündete, dass sie 90 Prozent ihres Erbes an die Bevölkerung spenden möchte. Die Germanistik-Studentin ist die Enkelin von Traudl Engelhorn-Vechiatto, Ehefrau des Urenkels des Gründers des Chemiekonzerns BASF. Bereits vor zwei Jahren, erfuhr Marlene Engelhorn, dass sie nach dem Tod ihrer Oma sehr viel Geld erben würde. Schon damals hielt sie dieses Erbe für ungerecht und forderte gerechte Verteilung. Sie gründete das demokratische Gremium Guter Rat, das ihr Vermögen gerecht verteilen sollte. 

Umverteilung durch taxmenow

Das erste Mal hat das Good News Magazin im Dezember 2022 über die Initiative taxmenow berichtet. Die Organisation setzt sich seit mehreren Jahren für die Einführung gerechterer Steuerinstrumente ein. „Besteuert mich jetzt!”, fordert die Initiative von Stephanie Bremer, deren Namen wir zum Schutz ihrer Familie geändert haben, und richtet sich dabei vor allem an diejenigen mit einem großen Vermögen. Auch sie ist durch ein Erbe über Nacht zur Millionärin geworden. „Reich sein ist angenehm, aber noch viel lieber wünsche ich mir eine Gesellschaft, in der ich eine intakte Umwelt habe und in der ich versorgt bin, wenn mir etwas zustößt. Das ist mir viel wichtiger und viel mehr wert”, erzählt sie dem Good News Magazin. Heute arbeitet sie mit ihrer Organisation, zusammen mit Marlene Engelhorn, an einer gerechten Erbschaftssteuer.

Warum das alles?

Für Marlene und Stephanie ist eines klar: Sie finden es ungerecht, dass sie für ihr Vermögen nichts tun mussten. Schon öfter sprach Marlene Engelhorn darüber, dass mit Reichtum auch automatisch mehr Einfluss auf die Gesellschaft kommt. Selbst durch das Spenden von Geld würden reiche Menschen entscheiden, welcher Bereich mehr Unterstützung verdiene und welcher nicht. Sie würden also mitentscheiden, welche Probleme “wichtig” sind und welche nicht.

Mehrere Studien zeigen, dass eine Vermögensteuer 27.000 bis 58.000 Haushalte in Deutschland betreffen könnte. In Prozent sind das in etwa 0,14 Prozent der deutschen Bevölkerung. Mithilfe eines demokratischen Prozesses, beispielsweise durch ein Gremium, an dem auch Menschen aus der unteren Einkommensschicht teilnehmen, könnte entschieden werden, wie das Geld umverteilt wird. So soll auch deutlich mehr Bürgerbeteiligung erreicht werden.

Da eine reine Vermögenssteuer nicht ausreiche, um mehr Steuergerechtigkeit zu sichern, plädiert taxmenow ebenfalls für eine Reformierung der Erbschafts- sowie Kapitalertragssteuer. 

Umverteilung durch Steuern. Schreibttisch mit Taschenrechner und Steuerunterlagen.
Umverteilung von Vermögen durch Steuern | Quelle: pixabay

Das Ziel der Zusammenarbeit von Marlene Engelhorn (Guter Rat) und Stephanie Bremer (taxemenow) kann in Zukunft einen großen Beitrag zur Verbesserung der Steuergerechtigkeit in Österreich und Deutschland leisten.

Beitragsbild: pixabay.com

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Sophia Schweizer

Sophia ist Redakteurin beim Good News Magazin. Als Kind wollte sie unbedingt einmal so werden wie Karla Kolumna, umso stolzer wäre sie wohl, wenn sie wüsste, dass sie nun für das erste Magazin für Positiven Journalismus in Deutschland schreiben darf - Sensationell!

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