Umfangreichste, aktuelle Sammlung zur Zukunft der Arbeit von 181 Autor:innen
Antonia Sureth und Jens Nachtwei sind Wissenschaftler:innen an der Humboldt-Universität Berlin. Im November 2020 haben sie den Sonderband „Zukunft der Arbeit“ veröffentlicht. Mit 539 Seiten von 181 Autor:innen ist es die umfangreichste Sammlung zu diesem Thema in deutscher Sprache. Personalverantwortliche, Vordenker:innen, Arbeitgeber:innen, Arbeitsrechtler:innen und Gründer:innen bieten vielseitige Perspektiven, Ideen und Erfahrungen. Willst du mehr wissen, dann lade dir das Werk kostenfrei herunter.
Arbeit, die Zukunft schenkt
Als Autor von dem Sachbuch-Bestseller „Mythos Fachkräftemangel“ wurde auch ich eingeladen, meine Sicht zur „Zukunft der Arbeit“ darzustellen. Eine Frage in meinem Beitrag zum Sonderband lautet: Was wäre, wenn wir nur die Arbeit machen, die Zukunft ermöglicht? Was wäre, wenn wir Arbeit so verändern, dass sie fair, menschenfreundlich, nachhaltig und für die Erde tragfähig ist?
Boyan Slat, ein junger holländischer Ingenieur, arbeitet seit vielen Jahren an der Zukunft der Ozeane. Mit The Ocean Cleanup säubert er Meere vom Kunststoff und Mikroplastik. Laut The Ocean Cleanup gelangen 80 Prozent des Mülls über Flüsse ins Meer. Sein Interceptor sammelt den Müll direkt in Flüssen und ist solarbetrieben. Auf diese Weise wird ein Großteil des Plastikmülls abgefangen, bevor er in die Ozeane gelangt.
Nach dem Studium hätte Boyan als Ingenieur lukrative Jobs annehmen können, doch er hat sich dem Schutz der Meere verschrieben. Er hat sehr viel riskiert, sein erster Versuch ist gefloppt – und er ist dennoch drangeblieben. Ein einzelner Mensch wie Boyan Slat schenkt uns mit seiner gegenwärtigen Arbeit Zukunft.
Streichen und ersetzen
Was wir jetzt tun und auch, was wir jetzt streichen, bestimmt die Zukunft. Streichen wir Umwelt-Schmutz und ersetzen ihn durch Umweltschutz. Das ist Arbeit. Die Hälfte des Kohlendioxids, für das die Menschheit verantwortlich ist, haben wir in den vergangenen dreißig Jahren produziert. Das war harte Arbeit, und nun erkennen wir, dass wir mit der gegenwärtigen Form der Arbeit unsere Zukunft zerstören. Unsere Art zu leben und zu arbeiten, werden wir ersetzen müssen, um in der Zukunft eine Gegenwart erleben zu können.
Aktuell erleben Millionen Menschen am Arbeitsplatz Missachtung, Willkür, Rassismus und Sexismus. Können wir uns darauf verständigen, das alles nicht mehr zu dulden? Was wäre, wenn wir Willkür und Rassismus streichen und ersetzen? Natürlich gelingt die Ächtung von würdelosem Verhalten am Arbeitsplatz nicht einfach so, das ist Arbeit. Rassismus kann verlernt werden. Auch das ist Arbeit. Eine Arbeit, die Zukunft schenkt. Streichen wir Missachtung, Sexismus und Arroganz und ersetzen sie durch Würde.
Gut oder schlecht? Unterschiedlich!
7,8 Milliarden Menschen sind gleich in ihrer Würde. Machst du mit bei der unantastbaren Würde aller Menschen? Die Würde aller Menschen bedeutet, die Andersartigkeit aller Menschen wertzuschätzen. Das Anderssein wäre normal, und kein Mensch müsste sich mehr rechtfertigen für sein anders Sein.
Gleich in der Würde. Anders im Sein und Handeln. Das ist die Basis der Zukunft der Arbeit, die ich mir wünsche und an der ich hart arbeite!
Ich bin dafür, dass wir radikal an der Würde aller Menschen arbeiten und alle Unterschiedlichkeiten wertschätzen. Dann wird die Frage nach ‚gut‘ oder ‚schlecht‘ überflüssig, wir Menschen sind einfach unterschiedlich. Punkt! Ich bin dafür, dass wir Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen in einer inklusiv-diversen Gemeinschaft denken und handeln. Wirst du auch radikal an der Anerkennung und Würde aller Menschen arbeiten?
Das Unbekannt-Sein
Wird Fremdenfreundlichkeit zur obersten Priorität in der Zukunft? Fremdenfreundlichkeit ist für mich die Basis einer lebenswerten Zukunft aus zwei Gründen. Erstens ist Arbeit kein Selbstzweck. Arbeit ist immer für andere, also Fremde. Arbeit erfüllt anderen Menschen ihre Wünsche und Bedürfnisse. So erschaffen wir Wertvolles mit unserer Arbeit für andere in der Gesellschaft. Da sich die Gesellschaft, Wünsche und auch Anforderungen laufend ändern, verändert sich Arbeit.
Um immer wieder die Wünsche und Bedürfnisse anderer zu erfüllen, entwickeln wir neue Antworten und Lösungen. Dazu brauchen wir das Fremde, denn eine neue Lösung ist per Definition bisher noch unbekannt. Also fremd. Daher ist der Umgang mit dem Unbekannten die Basis für neue Lösungen, und Fremdenfreundlichkeit schafft eine lebenswerte Zukunft.
Mehr Fremdes bietet mehr Chancen auf Neues. Das Unbekannt-Sein ist genau die Stärke des Fremden, die wir für die Arbeit der Zukunft brauchen. Fremdenfreundlichkeit ist also nicht nur eine Frage der Aufrichtigkeit, sondern auch des Überlebens, um uns weiter zu entwickeln. Jede Erfahrung, wie es anders geht, verschiebt die Grenzen zu einer neuen, fremden Erfahrung.
Lernen als Arbeit
Boyan Slat hat das Fremde umarmt und Grenzen verschoben. Er löst Herausforderungen anders als Milliarden Menschen vor ihm. Und er lernt täglich dazu. Seine Arbeit wird immer wertvoller für unsere Zukunft, weil seine Maschinen durch die Weiterentwicklung wirkungsvoller arbeiten.
Wir können uns und unsere Arbeit täglich weiterentwickeln und ständig dazu lernen. Das braucht Zeit und fremden Input. Umgang mit dem Fremden und Lernen sind wesentliche Teile der Arbeit der Zukunft. Organisationen, die Raum für Fremdenfreundlichkeit und neue Lösungen bieten, werden erfolgreich sein. Die Arbeit des Lernens schafft Zukunft. Umarmt das Fremde und macht Fremdenfreundlichkeit zur Priorität Nummer Eins. Für euch, für uns und für die Erde.
Was wäre, wenn alle Menschen ihre Arbeit so gestalten, dass sie Zukunft schenkt? Was wäre, wenn wir nur noch solche Arbeit tun, die die Erde und Menschen wertschätzt, statt sie auszubeuten? Was wäre, wenn die Gesundheit und Würde der Menschen und des Planeten Erde oberste Priorität hätte?
Eins kann ich euch versprechen, es wird nie langweilig mit der Arbeit der Zukunft.