Bezahlte Krankschreibung und psychologische Unterstützung sollen nach Fehlgeburten in Zukunft Standard sein, stimmt die französische Nationalversammlung.
Einstimmig verabschiedete die französische Nationalversammlung in der Nacht vom 8. auf den 9. März einen Gesetzentwurf, der eine bessere Betreuung von Frauen und ihren Partner:innen nach einer Fehlgeburt gewährleisten soll. Dazu zählt die psychologische Unterstützung der Betroffenen genauso wie die Möglichkeit einer Krankschreibung ohne Karenztage und ein umfangreiches Programm zur Schulung und Sensibilisierung medizinischen Fachpersonals. Der Gesetzentwurf wird nun vom Senat diskutiert.
Hilfsangebote werden deutlich erweitert
Eingebracht wurde der Gesetzentwurf von der demokratischen Abgeordneten Sandrine Josso. In ihrer Rede betonte sie die dringende Notwendigkeit, Frauen und ihren Partner:innen nach einer Fehlgeburt beizustehen. Eine von zehn Frauen mache in ihrem Leben die traumatische Erfahrung einer Fehlgeburt, rief Josso den Abgeordneten ins Gedächtnis, die Unterstützung gerade bei einem Schwangerschaftsverlust in den ersten drei Monaten sei jedoch unzureichend.
Der neue Gesetzentwurf soll das ändern: Er sieht vor, dass Personen nach einer Fehlgeburt zukünftig Anspruch auf Krankschreibung mit sofortigem Lohnausgleich haben. Zudem soll die psychologische Betreuung verbessert und betroffene Frauen und ihre Partner:innen umfassend über Hilfsangebote aufgeklärt werden.
Bereits seit letztem Frühjahr läuft in Frankreich das Programm “MonParcoursPsy”, das allen Menschen die Möglichkeit gibt, bis zu acht psychotherapeutische Einheiten in Anspruch zu nehmen. Bezahlt werden die Sitzungen von der Krankenkasse. Ein wichtiger Schritt ist nun, dass nach einer Fehlgeburt nach dem neuen Gesetzentwurf nun nicht mehr nur Ärzt:innen, sondern auch Geburtshelfer:innen die Überweisung für eine solche Therapie ausstellen können.
Empathie statt Banalisierung
Durch die neuen Regelungen soll die Hemmschwelle für Frauen und Paare gesenkt werden, nach einer Fehlgeburt psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für Josso sind sie zudem ein wichtiger Schritt zu einem empathischeren Umgang mit einem Thema, das trotz seiner hohen Sensibilität häufig “zu Unrecht banalisiert” werde.
Sofern der Senat zustimmt, tritt das neue Gesetz am 1. September 2024 in Kraft. Bis dahin müssen die regionalen Gesundheitsbehörden, so sieht es der Text vor, ein Programm zum Umgang mit Fehlgeburten ausgearbeitet haben. Dazu gehört auch eine bessere Schulung und Aufklärung des medizinischen Fachpersonals, von Ärzt:innen zu Radiolog:innen, über den Umgang mit Paaren nach einem Schwangerschaftsverlust.
“Unser Gesundheitssystem gibt der Gesundheit von Frauen nicht genug Raum, das muss sich ändern … ein spontaner Schwangerschaftsverlust ist ein intimes Drama”, konstatierte das französische Gesundheitsministerium. Die Entscheidung der Nationalversammlung ist nun der erste wichtige Schritt, dies anzuerkennen und zu verbessern, so Josso. Für sie bedeutet das neue Gesetz “ein Ende der jahrelangen Leugnung des psychischen Leids, das Tausende von Frauen und ihre Partner:innen erfahren haben”.
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