Kinder aus 41 Ländern schreiben Briefe übers Glück
Was hast du dir gewünscht als du klein warst: Ein Haustier? Fliegen können? Oder endlos Schokolade zum Frühstück? Karina Sillmann hat Kinder in über 41 Ländern eingeladen einen Brief zu schreiben, darüber was sie glücklich macht und wie ihr glücklicher Tag aussieht. So gibt sie mit ihrem Projekt Children’s Happy Days Kindern auf der ganzen Welt eine Stimme. Sie ist überzeugt, dass besonders in diesen Zeiten, in denen Kinder unter der Pandemie leiden, es von großer Bedeutung ist, ihnen Gehör zu verschaffen. Genauso ist es essenziell, auch in diesen Zeiten den Blick für ein Thema wie Glück nicht zu verlieren. Mittlerweile ist aus dem Projekt ein Buch geworden. Dem Good News Magazin hat Karina Sillmann erzählt, wie es dazu kam – und was Kinder wirklich glücklich macht.
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Ein schöner Tag, ist ein Tag an dem ich tanzen kann
LUCIA LEHMANN: Was für ein berührendes Projekt! Wie ist diese Idee überhaupt entstanden?
KARINA SILLMANN: Ich reise sehr gerne und ich liebe es zu schreiben. Bevor ich mein Projekt „Children’s Happy Days“ startete, hatte ich auch schon einen anderen Blog, Pures Leben, auf dem ich über die kleinen und großen Fragen des Lebens schreibe. Außerdem arbeite ich als Sozialpädagogin mit Kindern im Alter von 7 bis 12 Jahren. Dabei hat mich schon immer fasziniert, wie Kinder die Welt sehen und was für Ideen sie haben. Aus meiner Arbeit mit Kindern und meinem Interesse an unterschiedlichen Ländern entstand dann die Idee, Kinder auf der ganzen Welt zu fragen, was Glück für sie bedeutet, und die Antworten auf einem Blog zu teilen.
LEHMANN: Wieso hast du gerade Kinder zum Glück befragt und keine Erwachsenen?
SILLMANN: Ich finde es faszinierend, wie authentisch und geradeheraus Kinder sind. In meiner Arbeit mit Kindern habe ich häufig das Gefühl, dass sie noch ein größeres Gespür dafür haben, was im Leben wirklich wichtig ist. Uns Erwachsenen geht das leider im Laufe der Zeit manchmal etwas verloren. Deshalb glaube ich, dass Kinder uns daran erinnern können, welche Dinge wirklich von Bedeutung sind und uns glücklich machen.
LEHMANN: Wie sind die Briefe der Kinder über Glück dann zu dir gekommen?
SILLMANN: Die ersten Briefe habe ich von Kindern von Bekannten bekommen. Anfangs habe ich auch beispielsweise an Schulen oder bei Organisationen, die Kindern im Ausland unterstützen, gefragt, ob Interesse bestünde, mit den Kindern Briefe für meinen Blog zu schreiben. Es gab dann einige Lehrer, die mit ihren Schülern eine Unterrichtsstunde zum Thema Glück veranstaltet und Briefe geschrieben haben. Schließlich haben auch einige Zeitschriften über mein Projekt berichtet, sodass es bekannter wurde. Auf meinem Blog findet man außerdem einen Brief von mir an die Kinder in fünf verschiedenen Sprachen, auf den jedes Kind antworten kann, das Lust hat, mir einen Brief zu schicken.
LEHMANN: Gibt es ein Thema über das besonders viele Kinder geschrieben haben?
SILLMANN: Ein Thema, über das fast alle Kinder schreiben, ist, wie wichtig es ihnen ist, Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden verbringen zu können. Das steht sozusagen auf Platz Eins der Liste der Dinge, die Kinder glücklich machen.
Außerdem ist es vielen Kindern wichtig, dass sie den Hobbys nachgehen können, die ihnen Spaß machen, egal ob das zeichnen, Fußball spielen oder singen ist.
LEHMANN: Womit macht man Kinder deiner Meinung nach glücklich?
SILLMANN: Ich denke, man macht Kinder dadurch glücklich, dass man sich für sie interessiert und Ideen, die sie haben, aufgreift. Ich unterrichte zum Beispiel Entspannungs- und Tanzkurse mit Kindern und versuche dabei immer auf die Ideen der Kinder einzugehen, wenn sie zum Beispiel selbst ein Spiel vorschlagen, das sie toll finden, gerne zu einer bestimmten Musik tanzen würden oder im Entspannungskurs sich selbst eine Fantasiereise ausdenken möchten. Dann unterstütze ich die Kinder dabei, ihre Ideen umzusetzen und sie in die Stunde zu integrieren.
Ich denke, die Gedanken von Kindern zum Thema Glück können eine Inspirationsquelle für uns alle sein!
Karina Sillmann
LEHMANN: Hast du Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern oder Kulturen feststellen können?
SILLMANN: In den Industrienationen gibt es einige Kinder, die es glücklich macht, wenn sie Ferien haben und nicht zur Schule gehen müssen. In Ländern wie Südafrika oder Indonesien ist es dagegen ein großer Wunsch der Kinder, dass sie zur Schule gehen und lernen können. Auch die Frage, ob genug Geld da ist, beschäftigt Kinder aus ärmeren Ländern mehr. Aus Albanien schrieb mir beispielsweise einmal ein Mädchen, dass es ihr leid tut, dass ihre Mutter so viel und so hart arbeiten muss und nie Zeit für sich selbst hat. Deshalb wünscht das Mädchen sich, seine Mutter glücklich machen zu können, wenn es erwachsenen ist.
LEHMANN: Hast du eine persönliche Formel zum Glücklichsein?
SILLMANN: Meine persönliche Formel zum Glücklichsein hat auch etwas mit der Glücksformel der Kinder zu tun: Auch für mich bedeutet Glück, genügend Zeit mit den Menschen verbringen zu können, die mir wichtig sind, und Zeit zu haben für die Dinge, die ich gerne tue. Dazu zählt das Schreiben, Sport zu machen und auf Reisen gehen zu können.
LEHMANN: Wie geht es weiter? Hast du Pläne für die Zukunft?
SILLMANN: Ein Traum von mir wäre es, irgendwann einen Brief aus jedem Land der Welt auf meinem Blog zu haben.
Außerdem ist im Dezember ein Buch zu meinem Blog erschienen: „Ein schöner Tag ist ein Tag, an dem ich tanzen kann – Kinderbriefe aus aller Welt übers Glücklichsein“ im Verlag Eden Books. Ich würde mich sehr freuen, wenn durch mein Buch und das Projekt noch mehr Menschen dazu inspiriert werden, sich Zeit für Kinder zu nehmen und wissen zu wollen, was Kinder zu erzählen haben. Ich denke, die Gedanken von Kindern zum Thema Glück können eine Inspirationsquelle für uns alle sein.
„Mein Glück“
„Mein glücklicher Tag: der ist da, wenn etwas Magisches passiert: die armen Kinder haben etwas zu essen, oder die armen Hunde, die keinen Besitzer hatten, haben jetzt einen Besitzer. Es gäbe keinen Rassismus und keine Verbrecher. Das Leid hört auf und die Welt ist glücklich. Und so wird es sein: Beispiel“
Beitragsbild: Santi Vedrí / Unsplash
Fotos der Briefe: Katrin Schander / Eden Books