Schmerzen, über die selten gesprochen wird, bekommen nun Raum: Die Stadt Freiburg führt als erste Schweizer Kommune einen Menstruationsurlaub ein. Angestellte der Stadtverwaltung können künftig bei starken Menstruationsbeschwerden bis zu drei bezahlten Urlaubstagen pro Jahr in Anspruch nehmen – ohne ärztliches Attest. Die Maßnahme wurde Anfang 2024 vom Stadtparlament beschlossen, nachdem die Grünen und SP einen entsprechenden Antrag vorgelegt hatten.
Menstruationsbeschwerden betreffen einen erheblichen Teil der Bevölkerung. Studien zufolge leiden zwischen 50 und 90 Prozent der menstruierenden Personen regelmäßig unter Schmerzen. Bei Erkrankungen wie Endometriose treten teils chronische, stark einschränkende Beschwerden auf. Die medizinische Versorgung und gesellschaftliche Anerkennung solcher Symptome gelten vielerorts noch als unzureichend.
Der Menstruationsurlaub ergänzt bereits bestehende Regelungen im Schweizer Arbeitsrecht, wonach ein ärztliches Attest erst ab dem vierten Krankheitstag erforderlich ist. Es war bislang also auch möglich, sich kurzfristig krankschreiben zu lassen. In Deutschland darf der Areitgeber dagegen eine Attestpflicht ab dem ersten Krankheitstag verlangen.
Zwischen Gleichstellung und Stigmatisierung
Der Beschluss wurde im Stadtparlament diskutiert. Befürworter:innen sehen darin einen Beitrag zur geschlechtergerechten Gestaltung des Arbeitslebens, da körperliche Unterschiede berücksichtigt werden. Kritiker:innen befürchten hingegen, dass eine solche Regelung Frauen am Arbeitsplatz zusätzlich unter Druck setzen oder stigmatisieren könnte. Die Diskussion verdeutlicht die Komplexität des Themas – zwischen Fürsorge, Gerechtigkeit und der Gefahr unbeabsichtigter Ausgrenzung.
Internationale Entwicklungen
Mit der Einführung des Menstruationsurlaubs reiht sich Freiburg in eine wachsende internationale Bewegung ein. In Ländern wie Spanien, Japan, Südkorea, Indonesien oder Taiwan gibt es bereits gesetzliche oder betriebliche Regelungen, die menstruierenden Personen eine Auszeit bei Beschwerden ermöglichen. Die praktische Umsetzung variiert allerdings stark – in manchen Ländern wird das Angebot selten genutzt, etwa aus Angst vor negativen Reaktionen im Kollegium.
Auch innerhalb der Schweiz gewinnt das Thema an Aufmerksamkeit: In Zürich und Lausanne laufen derzeit Pilotprojekte, die ähnliche Regelungen testen. In Deutschland existieren bislang keine gesetzlichen Vorgaben in diese Richtung, auch wenn einzelne politische Akteure entsprechende Initiativen angestoßen haben.
Ob weitere Städte oder private Unternehmen folgen, bleibt abzuwarten. Doch Freiburg hat ein Zeichen gesetzt und könnte damit Vorbild für viele weitere Arbeitswelten werden.