Neue Ergebnisse einer internationalen Studie legen nahe: Auch digitale Kunst wirkt sich positiv auf die mentale Gesundheit aus.
Bereits seit letztem Jahr gibt es in Brüssel für psychisch Erkrankte Museumsbesuche auf Rezept. Wissenschaftliche Grundlage dieses Beschlusses bildet unter anderem eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO aus dem Jahr 2019, die einen messbaren Einfluss der Kunst auf die Verbesserung der seelischen und körperlichen Gesundheit nahelegte. Nun gibt es weitere wissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen sich die positiven Effekte von Kunst nicht allein auf Museumsbesuche beschränken.
Auch das Anschauen von digitalen Gemälden hat positive Auswirkungen auf das Wohlempfinden, so der zentrale Befund des internationalen Forschungsteams der Universität Wien, des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nijmegen und des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main. Die Forschenden befragten dafür 240 Besucher:innen von Monet’s The Water-Lily Pond; An in-painting tour, einer interaktiven Kunstausstellung mit Seerosen-Bildern von Claude Monet in der Londoner National Gallery. Mittels Fragebogen wurden dabei etwa die Freude beim Betrachten der Gemälde abgefragt, der Gemütszustand der Besucher:innen sowie die Sinnhaftigkeit des Museums-Erlebnisses.
Digitale Kunst steigert das Wohlbefinden
Die Befragten gaben an, dass sich ihr Wohlbefinden bereits nach wenigen Minuten Bildbetrachtung deutlich verbessert und Sorgen reduzierten haben. Für MacKenzie Trupp, Erstautorin der Studie von der Universität Wien, Erkenntnisse mit weitreichender Bedeutung:
„Das Betrachten von Kunst online ist sehr effektiv und kann leicht in den Alltag integriert werden. Es birgt somit ein bisher weitgehend ungenutztes Potenzial zur Steigerung des Wohlbefindens.“
MacKenzie Trupp, Universität Wien
Die Wirkung der Aesthetic Responsiveness
Wie stark Kunst auf das Wohlbefinden und die mentale Gesundheit auswirkt, ist dabei allerdings individuell. Wissenschaftlich vorhergesagt werden kann diese Sensibilität auf die positiven Effekte von Monets Seerosen mithilfe eines speziellen Verfahrens zur Ermittlung der „Aesthetic Responsiveness“ („Ästhetische Empfänglichkeit“).
„Aesthetic Responsiveness beschreibt, inwieweit Menschen auf verschiedene ästhetische Reize wie Kunst und Natur reagieren. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass Personen mit einer hohen Kunst- und Ästhetikempfänglichkeit angenehmere und für sie bedeutungsvollere Erfahrungen beim Betrachten der Bilder machten. Entsprechend größer war der Nutzen, den sie daraus ziehen konnten.”
Edward A. Vessel vom MPIEA, Entwickler des Aesthetic Responsiveness Assessment Verfahrens
Bedeutsam sind diese Erkenntnisse etwa für Menschen, die aufgrund psychischer oder physischer Gründe nicht in der Lage sind, Museen zu besuchen. Hier könnten neue Technologien wie Virtual Reality bereits in naher Zukunft wirkungsähnliche Kunst-Erlebnisse ermöglichen. Zudem bietet die Studie wichtige Ansatzpunkte für weitere Forschungen, um das Potential (virtueller) Kunst besser nutzen zu können.
Beitragsbild: Hermann/ pixabay