Ein KI-unterstütztes System kann in Zukunft durch nahezu Echtzeitdaten tödliche Kollisionen zwischen Walen und Schiffen verhindern.
Wale spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung gesunder Ökosysteme und beim Klimaschutz. Schätzungen zufolge sind die Walpopulationen heute auf ein Viertel der einstigen Bestände geschrumpft, was unter anderem auf Walfang, Beifang, Verschmutzung der Meere und den Klimawandel zurückzuführen ist. Zwar ist die Jagd im letzten Jahrhundert drastisch zurückgegangen, aber den Walen droht eine weitere Gefahr: Die Kollision mit riesigen Frachtschiffen, sogenannte “Ship Strikes”, ist die derzeit häufigste Todesursache für Großwale.
Das Problem: “Ship Strikes”
Die Schifffahrtsindustrie wächst exponentiell, wodurch sich die tödlichen Auswirkungen auf Wale vergrößern. Expert:innen schätzen, dass jedes Jahr mindestens 20.000 Wale durch Kollisionen mit Fracht-, Kreuzfahrt- und Fischereischiffen getötet werden. Sowohl im Mittelmeer als auch in Sri Lanka haben sich die tödlichen Kollisionen in den letzten 40 Jahren fast verdoppelt, was zu einer Halbierung der Walpopulationen geführt hat.
Technologie als Lösung
Um dieses wachsende Problem anzugehen, haben das Benioff Ocean Science Laboratory und das Marine Mammal Center Whale Safe ins Leben gerufen. Die App ist ein technologiegestütztes Kartierungs- und Analysewerkzeug, das Daten über Wale und Schiffe nahezu in Echtzeit sammelt und anzeigt, um tödliche Schiffskollisionen mit gefährdeten Walen zu verhindern.
Bereits 2012 wurde mit Whale Alert eine Citizen-Science-App eingeführt, bei der Seeleute, Wissenschaftler:innen, Walbeobachter:innen, Bootfahrende oder auch Strandbesucher:innen ihre Walsichtungen mitteilen und so zur Vermeidung von Schiffsunfällen beitragen konnten.
Whale Safe geht noch ein paar Schritte weiter und setzt KI-gestützte Meeres-Sensoren, Big-Data-Modelle, Citizen Science und Schiffsverfolgungsdaten nahezu in Echtzeit ein.
Die App integriert akustische und visuelle Walerkennungen mit Modellvorhersagen, um Seeleute mit den neuesten Informationen über die Anwesenheit von Walen zu versorgen. Whale Safe nutzt auch die Daten des Automatic Identification System (AIS) der weltweiten Schifffahrt, um Schiffsgeschwindigkeiten und die Teilnahme an der freiwilligen Geschwindigkeitsbegrenzungen zu verfolgen, die von der NOAA und der Küstenwache zum Schutz der Wale eingeführt wurden.
„Wale sind Tiere von so großer Schönheit, ökologischer Bedeutung und Altertümlichkeit. Sie haben es nicht verdient, auf dem Meer zu Tode zu kommen. Dies ist ein vermeidbares Problem. Wir können nicht länger passiv zusehen, wie gefährdete Wale an den Stränden von San Francisco angeschwemmt werden. Whale Safe ist ein spannendes Zusammentreffen von Meereswissenschaftlern, Technologen, Naturschutzorganisationen, Wirtschaftsführern und Regierungspartnern, um etwas gegen dieses Problem zu unternehmen“
Dr. Douglas McCauley, Direktor des Benioff Ocean Science Laboratory.
Das erste Whale-Safe-System wurde 2020 im Santa-Barbara-Kanal in der Nähe der Häfen von Los Angeles und Long Beach in Betrieb genommen, wo es jährlich laut den Forschenden zu 80 tödlichen Kollisionen kommt. Ein weiteres wird in der San Francisco Bay Area Region installiert.
Die beiden ersten Whale-Safe-Installationen sollen die Wirksamkeit des Instruments zeigen, um dann auch an anderen Brennpunkten wie Sri Lanka, Chile, Griechenland und den Kanarischen Inseln zum Einsatz zu kommen.
Beitragsbild: NOAA / Unsplash