Neuseeland schafft mit dem Plain Language Act die Behördensprache in offiziellen Dokumenten und auf Webseiten des öffentlichen Sektors ab.
In Deutschland wird manchmal das Gefühl vermittelt, dass die Behördensprache einen eigenen Zweig in der Sprache bildet. Denn das sogenannte “Beamtendeutsch” ruft häufig Verwirrung bei uns Bürger:innen hervor. Was zum Beispiel ist eine “Versagung” und warum wird eine Kopie als “Mehrstück” bezeichnet?
Die neuseeländische Regierung möchte in ihrem Land nun Distanz zu der komplizierten Verwaltungssprache schaffen. Ein neues Gesetz verspricht, die Behördensprache durch “Plain Language”, also einfache, leicht verständliche Sprache, zu ersetzen, um damit Transparenz und Zugänglichkeit zum Staatsgeschehen für die Bürger:innen des Landes zu fördern.
Ohne Behördensprache den öffentlichen Sektor zugänglich machen
Am 21.Oktober wurde der Plain Language Act, welcher die Behördensprache in Neuseeland abschafft, von Generalgouverneurin Dame Cindy Kiro unterschrieben. Das Gesetz schreibt künftig die Nutzung von einfacher Sprache in offiziellen Dokumenten und Webseiten des öffentlichen Sektors vor. Zum öffentlichen Sektor zählen in Neuseeland unter anderem die Ministerien, Statistikdienste und innenpolitische Organisationen.
“Viele Informationen, die wir als Mitglieder der Öffentlichkeit von Regierungsstellen erhalten, verwenden komplizierte Sprache, Fachjargon und unnötige Akronyme. Dieses Gesetz ist eine vernünftige Änderung, die den Neuseeländer:innen die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor erleichtern wird.”, betonte Parlamentsmitglied und Mitglied der New Zealand Labour Party Rachel Boyack.
Das Gesetz ermöglicht es Neuseeländer:innen, Staatsdokumente in vereinfachter Form mitzuverfolgen und könnte im besten Fall den Diskurs zwischen Bürger:innen und Regierung stärken. Komplexe Satzgebilde und Jargon-Formen werden aus der Bürokratie verbannt und durch leicht verständliche Ausdrucksweisen ersetzt.
Die Oppositon übte heftige Kritik an dem neuen Gesetz und kündigte an, es aufzuheben, sollte sie im nächsten Jahr die Mehrheit im neuseeländischen Parlament gewinnen. Oppositionsmitglied Simeon Brown bezeichnete das Gesetz als eine Lösung, welche nach Problemen suche und betonte, für die Umsetzung werde nur noch zusätzliche Bürokratie benötigt. Außerdem prangerte er an, dass die neuen Regelungen eine “Plain Language Police” hervorrufen würden. Diese kontrolliere dann, ob ein Wort zu wenig Silben habe, führte er seine Kritik weiter aus.
Ein Befürworter des Gesetzes, Glen Bennett, antwortete daraufhin: “Habt keine Angst vor der einfachen Sprache. (…) Ihr großartig gebildeten Menschen (…) könnt immer noch eure großen, wundervollen Worte sprechen, welche ich nicht habe. Aber ich bin damit einverstanden, denn hierbei geht es um Zugänglichkeit. Es geht darum eine Sprache zu haben, die jeder und jede verstehen kann.”
Das sah letztendlich auch die Mehrheit des Parlaments so: Am 19. Oktober wurde das Gesetz mit den Stimmen von der Labour Partei, der Māori Partei und den Grünen verabschiedet.
Brücke zwischen Regierung und Bürger:innen
Ein Beispielsatz für die Behördensprache in Deutschland ist dieser: “Die Spontanvegetation hinter Ihrer nicht lebenden Einfriedung nimmt derart Überhand, dass Sie etwas dagegen tun müssen.” Im Klartext bedeutet das nichts weniger als: “Hinter ihrem Zaun wächst zu viel Unkraut und das muss weg.” Wer schon einmal ein Schreiben von Behörden erhalten hat, kennt die Verwirrung, welche das Lesen solcher Dokumente mit sich bringt. Verwaltungssprache ist langatmig, geschraubt und die eigentliche Bedeutung der Aussagen ist meist in verschachtelten Sätzen versteckt.
„Wenn Regierungen auf eine Art und Weise kommunizieren, die die Menschen nicht verstehen, kann das dazu führen, dass die Menschen, die ihnen zur Verfügung stehenden Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen, das Vertrauen in die Regierung verlieren und nicht in der Lage sind, voll an der Gesellschaft teilzunehmen.„
– MP Rachel Boyack
Das neuseeländische Parlament hat das erkannt und mit dem Plain Language Act nicht nur Verständlichkeit versprochen, sondern auch Zugang für Menschen mit Englisch als Zweitsprache geschaffen. Zusätzlich wird Menschen aus bildungsferneren Schichten und älteren Menschen mit verlangsamten Sprachverständnis der Zugang zu offiziellen Staatsdokumenten erleichtert.
Alle Neuseeländer:innen hätten ein Recht darauf zu verstehen, was die Regierung von ihnen verlangt und was die Gesetze bedeuten, plädierte Boyack in der dritten Lesung. “Klare Kommunikation ist der Schlüssel zu funktionierenden Demokratie”, war die Aussage der Befürworter:innen des Gesetzes bei den Plenarsitzungen. Denn wer versteht, was der Staat von einem möchte, kann künftig auch agieren und ist nicht von vornherein abgeschreckt.
Beitragsbild: pexels.com