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von | 27. Mai, 2025 | GuteZukunft, GNM+

Energie sparen unter der Dusche: Wärmerückgewinnung der Zukunft
GuteZukunft #1

Wo entstehen die Ideen für eine GuteZukunft? Wir sprechen mit Unternehmer:innen, Kreativen und Visionär:innen über ihre Innovationskraft, Inspirationsquellen und Visionen – und zeigen, wie positive Konzepte echte Veränderungen möglich machen.

Steffen Nittbaur (im Titelbild rechts) verließ nach 25 Jahren bei Mercedes-Benz seinen sicheren Job – und gründete mit seinem Sohn Unocconi, ein Start-up für die Wärmerückgewinnung von Duschwasser. Im Interview erklärt er, wie seine cleveren Systeme unbemerkt Energie sparen, welche Rolle sie im Kampf gegen den Klimawandel spielen und warum gerade kleine Innovationen einen großen Unterschied machen können.

GNM: Wer bist du und was machst du?

Mein Name ist Steffen Nittbaur, ich bin 60 Jahre alt und verheiratet. Als Wirtschaftsingenieur habe ich über 25 Jahre bei Mercedes-Benz in verschiedenen Fach- und Führungspositionen in der Materialwirtschaft gearbeitet.

Mit 56 Jahren habe ich 2021 von Mercedes-Benz im Rahmen eines Abbauprogramms einen lukrativen Aufhebungsvertrag angeboten bekommen. Das habe ich gerne angenommen, um noch einmal etwas ganz anderes zu machen. Ich habe dann Umweltwissenschaften im Fernstudium studiert und einen Master gemacht.

Im Rahmen dieses Studiums bin ich auf das Thema der Duschwasser-Wärmerückgewinnung gestoßen, habe meine Thesis dazu geschrieben und gemeinsam mit meinem Sohn Valentin (24) die Unocconi GmbH mit Sitz in Filderstadt gegründet.

Mein Sohn hat ein duales BWL-Studium abgeschlossen und danach im Maschinenbau-Vertrieb gearbeitet. Seit Anfang 2025 ist er Vollzeit bei Unocconi und wir sind als sehr diverses Vater-Sohn-Gespann gemeinsam aktiv.

GNM: Welche positiven Entwicklungen siehst du in deiner Branche, die bisher (zu) wenig Aufmerksamkeit bekommen haben?

Solange Energie billig war, waren GreenTech-Anwendungen eine Sache von Idealisten. Nachdem die Energiepreise aber in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind und 2027 durch das europäische Emissionshandelssytem nochmals sehr stark ansteigen werden, bekommt Energieeffizienz eine immer größere Bedeutung.

Damit rücken auch bisher vernachlässigte Verfahren wie die dezentrale Wärmerückgewinnung aus Duschabwasser in den Fokus. Sie ist eine der effizientesten Energiesparmaßnahmen im Gebäudebereich und sollte auch nach Meinung der Wissenschaft bei jedem Neubau und jeder Sanierung eingesetzt werden.

In anderen europäischen Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden, UK oder Belgien ist das bereits ziemlich verbreitet (>120.000 Installationen), in Deutschland jedoch bislang kaum bekannt. Der Grund dafür liegt vor allem an regulatorischen Hürden wie der bisher fehlenden Trinkwasserzertifizierung.

GNM: Was sind konkrete Beispiele für nachhaltigen oder sozialen Fortschritt in deiner Arbeit?

Unsere Duschrinnen und Duschrohre mit integrierten Wärmetauschern haben einen Wirkungsgrad von bis zu 69 Prozent. Das bedeutet: deutlich weniger Energieverbrauch, weniger CO₂-Ausstoß, geringere Energiekosten – und das ganz ohne Komfort-Einschränkungen für die Nutzenden. Genau darin liegt eine große Stärke unserer Produkte: Effizienz, die im Hintergrund wirkt und nur im Ergebnis spürbar wird.

Ein konkreter Fortschritt liegt auch in der Alltagstauglichkeit: Unsere Systeme lassen sich einfach in Neubauten integrieren oder bei energetischen Sanierungen nachrüsten. Sie haben keine beweglichen Teile, keine elektrischen Komponenten und deswegen eine sehr hohe Lebensdauer. Und da sie im Wesentlichen aus Edelstahl und Kupfer bestehen, sind sie auch zu einem hohen Prozentsatz kreislauffähig.

Einsatzbereiche sind private Haushalte, aber auch Wellnesseinrichtungen, Hotels oder Pflegeeinrichtungen in denen viel und lange geduscht wird.

GNM: Wie hat sich deine Branche in den letzten Jahrzehnten positiv verändert und warum?

Das Thema Wärmerückgewinnung im großen Maßstab (Industrie, Kraftwerke) und im kleinen dezentralen Umfeld (Haushalte, Hotels) gewinnt deutlich an Bekanntheit. Auch die Möglichkeiten der Energieeinsparung im Badezimmer und speziell beim Duschen werden öfter erkannt. Immer mehr Menschen kennen auch unsere smarten Lösungen, so dass der Absatz in Deutschland und auch bei Unocconi wächst.

GNM: Was macht dich persönlich optimistisch für die Zukunft deiner Branche?

Wir erleben täglich, dass viel Offenheit für neue Lösungen da ist – bei Endkunden, aber auch bei Planern, Architekten, Installateuren und Energieberatern. Die Notwendigkeit, nachhaltig zu bauen, ist fester Bestandteil heutiger Bau- und Sanierungsstandards. Und das wird mit steigenden Energiepreisen und einer Rückbesinnung auf ökologische Themen so weitergehen.

GNM: Wie können Technologien/Ideen aus deiner Branche dabei helfen, globale Herausforderungen zu lösen?

Unsere Energieeffizienzlösungen tragen bei den SDG (Sustainable Development Goals) der UN-Agenda 2030 zu den globalen Nachhaltigkeitszielen 7 (bezahlbare und saubere Energie) und 13 (Klimaschutz) bei.

Und wenn sich ökologische Potenziale durch Effizienz erschließen lassen, ist das den Menschen sehr viel einfacher vermittelbar, als wenn sie durch Suffizienz irgendetwas von ihren gewohnten Lebensstil aufgeben müssen.

GNM: Was könnte die Welt von der Dusch-Branche lernen?

Dass auch kleine, clevere Maßnahmen in Summe große Wirkung haben können, wenn man sie konsequent angeht. Und dass Umweltschutz auch Spaß machen kann – wenn ich mir bei der morgendlichen Dusche überlege, dass bis zu zwei Drittel der Wärmeenergie ganz einfach rekuperiert wird.

GNM: Was motiviert dich, täglich an einer besseren Zukunft zu arbeiten?

Der Klimawandel ist die aktuell größte Herausforderung für die Menschheit. Und wir in Deutschland sind auf dem Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft vorne mit dabei, was auch sehr gut ist. Denn unser Tun hat Signalwirkung für andere Länder. Energieeffizienz ist der Motor der Energiewende, denn die beste Energie ist die, die gar nicht erst verbraucht wird. Das alles motiviert uns, unseren Beitrag in diese Richtung zu leisten.

GNM: Welche Vision für die Zukunft treibt dich in deiner Arbeit an?

Wir wollen Wärmerückgewinnung beim Duschen aus der Nische holen. Sie soll genauso selbstverständlich werden wie die Dämmung eines Hauses oder das Kaufen eines energieeffizienten Kühlschranks. Als einfaches Energieeffizienz-Verfahren soll sie in Deutschland so bekannt werden, wie das heute schon bei Photovoltaik oder Wärmepumpen der Fall ist.

GNM: Hast du ein Vorbild? Wenn ja, welches und warum?

Warren Buffet hat neulich angekündigt, sich Ende 2025 mit dann 95 Jahren zurückziehen zu wollen. Das ist sicher extrem, aber in höherem Alter beruflich tätig zu sein und das zu machen, was ich wirklich gut finde, ist schon ein Lebensziel für mich.

GNM: Welche Fähigkeiten oder Denkweisen findest du essenziell, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern?

Im Sanitär-Bereich wird meist mit alten, etablierten Produkten und Prozessen gearbeitet: Der Endkunde sucht unter etablierten Produkten in einer Badausstellung aus, dort wird kommissioniert und an den Installateur geschickt, der dann montiert.

Wir wollen und müssen da anders agieren – mit einem kleinen, agilen Team, digitalen Ansätzen und dem Ziel, unsere innovativen Lösungen der Wärmerückgewinnung beim Duschen schnell in den Markt zu bringen. Zugleich ist es wichtig, flexibel zu bleiben und rasch auf Marktveränderungen reagieren zu können. Und auch unbeirrt, wenn die Dinge anders oder langsamer laufen, als wir uns das wünschen und erwarten.

Beitragsbild: Unocconi

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