Zum zweiten Jahr in Folge verzichtet das einzige isländische Walfangunternehmen Hvalur auf die Jagd. Nicht etwa durch ein Verbot, sondern weil es sich schlicht nicht mehr lohnt.
Das einzige kommerzielle Walfangunternehmen in Island Hvalur verzichtet das zweite Jahr in Folge auf den Walfang. Grund dafür sind die wirtschaftlichen Bedingungen – der sinkende Bedarf nach Walfleisch sowie steigende Kosten machen die Jagd unrentabel. Damit setzt sich ein Trend fort: Bereits im Jahr 2018 stellte das zweitgrößte Walfangunternehmen IP-Utgerd seine Aktivitäten aufgrund sinkender Gewinne ein.
Große Abhängigkeit von Japan
Neben den allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen (z.B. hohe Inflation) liegen die Gründe insbesondere in Japan: Island ist stark angewiesen auf die Nachfrage aus diesem Land, da es der weltweit größte Abnehmer von Walfleisch ist. Da in Japan seit einigen Jahren selbst wieder gejagt wird, übersteigt das Angebot den Bedarf – Importe werden entsprechend nicht mehr benötigt.
Das Walfleisch in Japan ist mittlerweile so günstig geworden, dass Hvalur nicht mehr konkurrieren kann, was eine Jagd aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr sinnvoll macht. Dazu kommt der niedrige Wechselkurs der isländischen Krone gegenüber dem japanischen Yen, wodurch Exporte sich noch weniger für Island lohnen.
Walfleisch verliert weltweit an Bedeutung
Der Konsum von Walfleisch geht seit Jahrzehnten zurück – sowohl in Japan als auch in Island. In Japan ist der Rückgang besonders deutlich: 1962 wurden dort noch rund 233.000 Tonnen verzehrt, 2020 waren es nur noch etwa 2.000 Tonnen. Auch die Zahl der Walfleisch-Restaurants hat sich seit 2021 halbiert.
Japans größtes Walfangunternehmen Kyodo Senpaku versuchte 2023, mit dem Import von 2.500 Tonnen isländischen Walfleischs den Konsum anzukurbeln. Doch die Nachfrage blieb aus, der Großteil der Ware blieb unverkauft und verursachte Lagerkosten von rund 700.000 US-Dollar. Inzwischen hat das Unternehmen sogar Probleme, das lokal gefangene Walfleisch zu verkaufen, und rechnet mit Verlusten von bis zu 20 Prozent.
Auch in Island selbst ist der Markt so gut wie verschwunden. Laut einer Umfrage von 2018 haben 84 Prozent der Isländer:innen noch nie Walfleisch probiert, nur 1 Prozent isst es regelmäßig. Hauptabnehmer:innen sind Tourist:innen, denen das Fleisch als traditionelle Spezialität angeboten wird. Doch auch hier ist der Trend rückläufig: Seit 2011 hat sich der Konsum in dieser Zielgruppe nahezu halbiert.
Walfang verliert seine Grundlage
Seit Jahrzehnten steht der Walfang in der Kritik: Tierschützer:innen prangern an, dass die Jagd oft mit langem, qualvollem Leiden der Tiere verbunden ist. Die Internationale Walfangkommission (IWC) einigte sich deshalb auf ein weltweites Verbot des kommerziellen Walfangs. Dennoch vergaben drei Länder eigene Lizenzen und umgingen so die Vereinbarung: Japan, Norwegen und Island.
In Island war der Walfang zuletzt ein ständiges Auf und Ab. Von 2019 bis 2021 blieben die Boote im Hafen, weil sich die Jagd wirtschaftlich nicht lohnte. 2022 und 2023 nahm Hvalur die Fangaktivitäten wieder auf. Für 2024 plante die Regierung ursprünglich, keine neuen Lizenzen zu vergeben, da die Tötungsmethoden gegen das isländische Tierschutzgesetz verstoßen. Doch auf Druck von Kristján Loftsson, Geschäftsführer von Hvalur, revidierte sie die Entscheidung – sehr zum Missfallen der Bevölkerung: 51 Prozent der Isländer:innen lehnten die Lizenzvergabe ab, nur 35 Prozent befürworteten sie.
Am Ende kam es trotzdem zu keinem Fang: Hvalur hatte nicht genug Zeit, die Schiffe vorzubereiten. Die aktuelle Lizenz erlaubt dem Unternehmen nun, bis 2029 Wale zu jagen.
Ein Signal für den Artenschutz
Mit dem Rückzug von Hvalur setzt sich ein Trend fort: Während die Regierung noch Lizenzen vergibt, zeigen Konsument:innen, welchen Einfluss sie haben. Denn wenn die Nachfrage sinkt, wird die Jagd unrentabel – und Wale bleiben verschont. Dass Hvalur erneut pausiert, ist weit mehr als eine reine Wirtschaftsnachricht. Es ist ein Hinweis darauf, dass gesellschaftlicher Wandel und veränderte Essgewohnheiten den Schutz von Meeressäugern wirksamer vorantreiben können als Gesetze allein.
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