Eine linke Umweltingenieurin regiert das Land des „Machismo”

Wahlen in Mexiko: Claudia Sheinbaum wird erste Frau an der Spitze des Landes

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von | 7. Juni, 2024

Mexiko hat am 02. Juni zum ersten Mal eine Frau zur Präsidentin gewählt: die politisch linke Umweltingenieurin und Physikerin Claudia Sheinbaum.

Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes wird ab dem 01. Oktober eine Frau in Mexiko regieren. Die Physikerin und Umweltingenieurin Claudia Sheinbaum hat die Präsidentschaftswahl gewonnen – und das in dem Land, das als Zentrum des „Machismo”, also als Land der “toxischen Männlichkeit” gilt. 

Sheinbaum ist Mitglied der linken Regierungspartei „Nationale Erneuerungsbewegung” (MORENA) und gilt als enge Vertraute des amtierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador, dessen soziale Politik sie fortführen möchte. Anders als bei ihrem Vorgänger im Amt, wird ihre Regierung voraussichtlich über eine ZweidrittelImehrheit im Parlament verfügen, wodurch Veränderungen leichter zu entscheiden und sogar Verfassungsänderungen ohne Unterstützung der Opposition durchsetzbar wären. 

Besonders die Tatsache, dass zum ersten Mal eine Frau in den Präsidentenpalast einzieht, stellt ein Symbol für Wandel und mehr Gleichberechtigung dar. Statistiken wie die Masse an (Frauen)morden und die hohe Kriminalität in Mexiko zeigen, dass dieser Wandel dringend notwenig ist. In der sechsjährigen Amtszeit des amtierenden Präsidenten war die Zahl an Gewaltmorden so hoch wie noch nie: ungefähr 36.000 Morde pro Jahr, das sind knapp 100 Morde pro Tag – jeder zehnte an einer Frau. 

Kann Sheinbaum daran etwas ändern? Sie blickt auf eine erfolgreiche Amtszeit als Bürgermeisterin der Millionenstadt Mexiko-Stadt zurück und lässt damit Schlüsse auf ihre Arbeit als Präsidentin zu. Kritiker bezeichnen Sheinbaum allerdings teilweise als “Marionette” des Amtsinhabers Andrés Manuel López Obrador – viele befürchten, dass sie nicht unabhängig von Obrador ist, der als ihr Mentor gilt. Trotzdem: Die Wahl Sheinbaums bringt Hoffnung.

Mehr Umweltschutz 

Als Oberbürgermeisterin von Mexiko-Stadt setzte sich Claudia Sheinbaum zwischen 2019 und 2023 für mehr Umweltschutz ein. Unter anderem sorgte sie für die Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs. Nicht verwunderlich, bei ihrem akademischen Profil. Denn Sheinbaum ist Physikerin und promovierte Umweltingenieurin. Als Umweltforscherin arbeitete sie mit dem Weltklimabeirat zusammen. In diesem Bereich könnte sie sich auch vom amtierenden Präsidenten absetzen. Dieser förderte fossile Energieträger und verabschiedete ein Rettungspaket für den staatlichen Ölkonzern Pemex. 

Stärkung von Mexikos Frauen 

Eine Frau an der Spitze ist Hoffnungsträgerin für viele Frauen des Landes, in dem „Macho”-Strukturen immer noch das gesellschaftliche Leben prägen. Sheinbaum hat das Potential, daran etwas zu ändern. Das bestätigt auch die Dokumentarfilmerin Guadalupe Sánchez Sosa gegenüber der Tagesschau. Sie ist Feministin und betont die soziale Prägung Sheinbaums durch ihr Elternhaus: „Sie hat an einer öffentlichen Universität studiert, sie hat für die öffentliche Bildung gekämpft.”

Zwar habe Sheinbaum keine feministische Vergangenheit – laut der Heinrich-Böll-Stiftung sei ihr Verhältnis zu feministischen Organisationen kühl, auch aufgrund ihrer Nähe zu AMLO, der Menschenrechtsorganisationen als “lästigen Störfaktor” behandelt habe – es sei allerdings zu erwarten, dass sie ihr Kabinett entsprechend mit Menschen aufbaut, die die feministische Bewegung stärken. Dass sie das kann, hat Sheinbaum auch in Mexiko-Stadt gezeigt. Dort gründete sie als Bürgermeisterin ein Ministerium für Frauen, sorgte dafür, dass Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln durch eigene Abteile sicherer sind und verbesserte die Beleuchtung in besonders gefährlichen Vierteln.

Sicherheitslage verbessern 

Ein besonders wichtiges Thema für die neue Präsidentin wird die Verbesserung der Sicherheitslage sein. In einigen Staaten regieren die Kartelle, Menschen verschwinden oder werden auf offener Straße ermordet. Die Aufklärungsquote ist extrem gering. Auch dieses Thema beschäftigt die Frauen Mexikos, die auf die neue weibliche Präsidentin setzen: aktuell werden in Mexiko täglich zehn Frauen getötet. Mindestens zwei von ihnen werden aufgrund ihres Geschlechts ermordet, man spricht dann von einem Femizid. Aufgeklärt wird kaum einer dieser Fälle. Auch für die Sicherheitslage von Frauen ist die Hoffnung in die neue Präsidentin daher groß. In Mexiko-Stadt hat Sheinbaum bereits gezeigt, dass sie die Probleme angeht: Während ihrer Amtszeit ist die Mordrate um die Hälfte gesunken.

Was die erste Präsidentin Mexikos tatsächlich in ihrer sechsjährigen Amtszeit umsetzen kann, bleibt abzuwarten. So oder so ist ihre Wahl ein Symbol gegen den „Machismo” und bringt Hoffnung auf politischen Wandel: Mehr Umweltschutz und mehr Schutz von Frauen und Minderheitsgruppierungen.

Beitragsbild: flickr.com

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    Antonia Scheurer

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