Seit 2018 arbeitet Schottland an einem Plan zur Integration von LGBTQ+ Inhalten in den Unterricht. Jetzt wird er in die Tat umgesetzt.
LGBTQ+ steht für “Lesbian”, “Gay”, “Bisexual”, “Transgender”, “Queer” und alle weiteren Menschen, die sich nicht der heteronormativen Gesellschaft zugehörig fühlen. Ihre Bewegung, also ihre Bemühungen um Gleichberechtigung in der Gesellschaft, geht Jahre bzw. sogar Jahrhunderte zurück. Trotzdem kennen sie nur wenige. Woher auch, aus der Schule?
Bis zu diesem Jahr wurde LGBTQ+ Geschichte in Schulen nicht thematisiert. Schottland ändert das jetzt und ist damit das erste Land, dass LGBTQ+ aktiv in sein Schulsystem integriert.
Hintergrund
Bereits 2018 gab Schottlands Bildungsminister John Swinney bekannt, den Schulunterricht aller Altersgruppen zukünftig LGBTQ+ freundlicher gestalten zu wollen. Ausschlaggebend für diesen Schritt war unter anderem eine Studie, aus der hervorging, dass das damalige Schulsystem oft unsensibel mit den entsprechenden Themen umging und viele Schüler:innen aufgrund ihrer Sexualität und/oder geschlechtlichen Identität diskriminiert wurden. So gaben 71% der Befragten an, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur LGBTQ+ Community in der Schule gemobbt worden zu sein. Bei Trans-Personen berichteten sogar 82% von Mobbing. 41% davon wurden Opfer von Hassverbrechen.
Eine weitere Umfrage zeigte dann aber auch die Bereitschaft der Bevölkerung, an diesen Umständen etwas zu ändern und die Unterrichtsinhalte inklusiver zu gestalten. Mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung war der Meinung, es sei richtig, schon Grundschulkinder über verschiedene Lebensweisen aufzuklären. Dem schloss sich die schottische Regierung an und verkündete bis 2021 einen Integrationsplan für LGBTQ+ Inhalte in alle Schulformen zu erarbeiten.
Zur Planung setzte die schottische Regierung eine Arbeitsgruppe ein, die die weiteren Schritte festlegen sollte. Sie bestand vor allem aus Regierungsmitgliedern, bildungsrelevanten Organisationen und Netzwerken, die sich für Gleichberechtigung einsetzen.
Vielfalt auf allen Ebenen: Schulfächer, Material und Personal
Seit Frühjahr 2021 ist die Planung nun abgeschlossen und die Umsetzung vor Ort hat begonnen. Die Integration der LGBTQ+ Themen erfolgt dabei auf verschiedenen Ebenen:
- Inhalte der Schulfächer: die Schulen klären auf und unterrichten unter anderem auch die Geschichte der LGBTQ+ Bewegungen
- Materialien werden inklusiver: verschiedene Familienmodelle sollen präsenter sein, beispielsweise auch in Schulaufgaben (“Max möchte seinen Vätern ein Geschenk zum Vatertag machen. Er hat dafür fünf Euro zur Verfügung und möchte zwei Blumen zu je zwei Euro kaufen. Wie viel hat er noch übrig?”)
- sichere Atmosphäre: Mobbing soll noch stärker unterbunden werden, um ein sicheres Lernumfeld zu schaffen
- Aufklärung und Weiterbildung des Personals: Lehrer:innen und Schulpersonal sollen gezielt in LGBTQ+ Themen fortgebildet werden. So sollen sie lernen, diese Themen sensibel zu vermitteln und Diskriminierung zu vermeiden
Die Einführung erfolgt Phasenweise, da schon allein die Weiterbildung der Lehrkräfte einige Zeit in Anspruch nimmt. Um diese weiter zu unterstützen entstand zusätzlich eine Website, die als Plattform für Ressourcen aller Art dienen soll. Hier finden die Lehrer:innen neben Material und Good-Practice-Beispielen auch Kontaktmöglichkeiten zu unterstützenden Organisationen.
Schottland überprüft und reflektiert die Umsetzung der Integration fortlaufend. Schüler:innen sowie Lehrkräfte geben ständiges Feedback, um den Erfolg des Projekts zu messen und mögliche Stolpersteine zu identifizieren. Schon der Probelauf im Frühjahr dieses Jahres mit 142 Lehrer:innen aus Grund- und weiterführenden Schulen verlief aber sehr erfolgversprechend. Die landesweite Integration folgt nun Schritt für Schritt.
LGBTQ+ inklusiver Unterricht ist damit fester Bestandteil des schottischen Bildungssystems, direkt neben Inhalten wie Rechnen und Schreiben. Mit diesem Projekt geht Schottland einen wichtigen Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
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Beitragsbild: © Wokandapix / Pixabay