In unserem Magazin kommen genügend Expert:innen zu Wort. Aber was können wir unerfahrenen Neulinge tun? Dazu schrieb ich einfach mal meine persönlichen Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte Geld(anlage) auf. Genauso unexpertisch, wie ich eben an die Sache bislang rangegangen bin. Und wir lassen sie von Niklas Krämer, Gründer der Initiative Finance 4Future und Mitgründer der Beratungsfirma WertWende, kommentieren. Eine Finanzberatung in Schriftform.
Das ist ein Beitrag aus unserem fünften Printmagazin mit dem Thema „Auf der Suche nach dem guten Geld“. Diesen und weitere exklusive Beiträge gibt’s im GNM+ Abo
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Viktoria: Meine Anlagestrategie lässt sich mit zwei Wörtern beschreiben: hoffnungsvolle Naivität. Sie basiert auf aufgeschnappten Presseschnipseln, Google-Funden und Gesprächen mit Menschen, die (womöglich) mehr Ahnung haben. Beim Schreiben habe ich kurz überlegt, ob ich noch einmal ein paar Dinge recherchieren sollte, um nicht gar so naiv zu wirken. Aber wenn ich es beim Geldausgeben nicht gemacht habe, sollte ich auch jetzt nichts beschönigen. Zu Risiken und Nebenwirkungen dieses Artikels fragt also bitte eure Finanzberater:innen des Vertrauens. Denn ich weiß nicht, was ich tue. Und bin gespannt, was ich aus den Kommentaren von Niklas lerne.
Kontra die Altersarmut
Seit meinem 18. Lebensjahr bin ich selbstständig. Ungefähr ebenso lange erklärt mir mein Vater, dass ich an eine private Altersvorsorge denken soll. Denn das habe ich inzwischen verstanden: Wäre ich als Journalistin nicht Mitglied der Künstlersozialkasse, wäre ich im Alter noch mehr gefu…dged. Trotzdem musste ich erst 31 Jahre alt werden, um das erste Mal als „Anlegerin“ aktiv zu werden. Ob alles, was ich da gemacht habe, klug war, sei dahingestellt. Ich habe versucht, ein bisschen nachzulesen, aber oft wurde genau so erklärt, dass ich hinterher noch weniger verstanden habe.
Niklas: Hier sollte man erstmal den Vater loben! Die wenigsten Eltern sprechen mit ihren Kindern über Finanzen, dabei ist das ein Thema, das in alle Lebensentscheidungen und -bereiche mit reinspielt. Ob es die Altersvorsorge sein muss, die man einer 18-Jährigen aufdrückt, könnte man vielleicht noch hinterfragen. Ich würde damit beginnen, Geld als Möglichkeit zu sehen. Geld ist weder schlecht noch gut. Es ist Potenzial, für was auch immer ihr es nutzt. Hier sind wir beim Thema Money Mindset. Mehr Möglichkeiten zu haben ist meistens gut – aber ab einem gewissen Punkt vielleicht nicht mehr. Das hängt von euren persönlichen Lebensvorstellungen, Hobbys und Projekten ab: Hier proaktiv eine persönliche Vision aufzuspannen erfordert einerseits Kreativität, aber tatsächlich auch Mut, weil auch hier das eigene Selbstbild mit reinspielt. Nicht jeden berühren und motivieren die gleichen Ziele. Aber ich glaube, es ist eine sehr gute Idee, für sich zu schauen, mit welchen Zielen man persönliche finanzielle Meilensteine verknüpfen kann.
Klassische Anlagen für eine absolute Anfängerin
Viktoria: Nur eine Sache habe ich mitgenommen: Als Anfängerin am besten erst einmal in ETFs investieren und nicht gleich in Aktien. Das tat ich dann auch. Zunächst mit 50 Euro, die ich monatlich als Sparplan in zwei ETFs investierte. Das ging zwei Jahre so, bis eine Freundin auch ein paar Investmentbücher gelesen hatte und mir erklärte, dass das ziemlich dumm sei. Schließlich würde ich jedes Mal wieder Provisionen zahlen. Gut, das leuchtete mir ein, obwohl ich es nicht einmal überprüft habe. Da ich aber keinen Nachteil darin sah, nur einmal im Jahr in den ETF einzuzahlen, ist das seitdem meine Strategie. Auf der klassischen Aktienseite habe ich schließlich während des Lockdowns meine ersten drei gekauft, einfach so früh am Frühstückstisch, weil ich Unternehmen unterstützen wollte, an die ich glaubte. Und weil ich natürlich noch mehr Existenzangst hatte als ohnehin schon. Jeweils nur 500 Euro, um es nicht zu übertreiben. Aber dennoch schmerzt es, wenn bei der einen seitdem ein deutliches Minus zu Buche steht. Wie sagt mein Mann immer so schön? Liegen lassen und abwarten.
Niklas: Spannend und danke für deine Transparenz! Die eigenen Handlungen (und Nicht-Handlungen) und deren Gründe nachzuvollziehen ist ein erster Schritt, der schon eine große Herausforderung sein kann. Ein wichtiger Grundsatz vorab: Handeln ist immer besser als Nicht-Handeln. Lasst euch nicht von der vermeintlichen Komplexität des Kapitalmarkts lähmen.
Egal wie viel ihr vorab lernt, ihr werdet immer „Fehler“ beim Investieren machen. Erst mit diesen Fehlern lernt man Dinge, die man nicht aus Büchern lernen kann. Der größte Fehler ist aber, sich nicht damit zu beschäftigen. Wenn ihr bei eurem Handeln zwei Grundsätze beachtet, werden sie euch voranbringen und nicht zurückwerfen: Streut euer Risiko und denkt langfristig. Risikostreuung geht wunderbar mit ETFs. Das sind Fonds (dafür steht das F in ETF), die viele verschiedene Wertpapiere enthalten. Das können Aktien sein, Anleihen oder auch andere Dinge wie Immobilien, Rohstoffe oder inzwischen sogar Kryptowährungen. Diese anderen Dinge könnt ihr euch ruhigen Gewissens sparen. Am einfachsten fangt ihr erstmal mit reinen Aktien-ETFs an, wie Viktoria das getan hat.
Mit ETFs kannst du ganz einfach und günstig dein Risiko breit streuen. Ich würde hierfür empfehlen, bei weltweiten ETFs wie dem MSCI World zu bleiben und auch nicht zu viel mit Themen-ETFs zu Robotik, Erneuerbare Energien oder anderen vermeintlichen Zukunftsthemen herumzuspielen. Vielleicht würdest du das aus Nachhaltigkeitsgründen überlegen. Das sorgt zwar dafür, dass du deine Rendite aus solchen Unternehmen beziehst, du förderst sie aber nicht aktiv. Stell es dir wie eine Wette auf dein Lieblings-Sportteam vor. Du profitierst bei Gewinnen und verlierst Geld bei Niederlagen. Den Erfolg des Teams beeinflusst du aber nicht. In der Forschung deutet vieles darauf hin, dass die Ausübung von deinen Aktionärsrechten eher etwas bewirkt! Aber Good News: Das musst du gar nicht selbst tun.
Das kannst du auch gar nicht selbst tun, denn du gibst deine Stimmrechte an den Asset Manager ab, in dessen Fonds oder ETFs du investierst. Was du aber tun kannst: Fonds von Asset Managern wählen, die ihre (also deine) Stimmrechte gut nutzen! Denn bei jedem börsennotierten Unternehmen gibt es einmal im Jahr eine Hauptversammlung, auf der die Aktionär:innen über den weiteren Kurs des Unternehmens abstimmen. Die NGO ShareAction untersucht das jedes Jahr in ihrer „Voting Matters“-Studie. Main Take-away daraus: Lieber ETFs von BNP Paribas und Amundi kaufen als von Blackrock (deren ETF-Marke heißt iShares) und Vanguard. Ob monatlich oder jährlich einzahlen, macht übrigens keinen Unterschied. Bei vielen Depots sind Sparpläne sogar günstiger. Grund dafür ist, dass die Bank Sparpläne aller Kund:innen zusammenpackt und selbst nur einmal an der Börse kaufen muss. Einmalkäufe werden dagegen alle einzeln ausgeführt. Ich würde immer raten, monatlich zu investieren, allein um es möglichst einfach zu halten. Denn was zählt, ist ja die langfristige Konstanz.
Von Einzelaktien würde ich generell abraten, es sei denn, ihr nennt das ein persönliches Hobby. Über Fonds oder ETFs hinaus besteht zumindest absolut kein Bedarf dafür. Auch dort seid ihr nämlich schon auf der „klassischen Aktienseite“, wie Viktoria es nennt, unterwegs – nur eben breit gestreut.
In die Anleihen zoomen wir an dieser Stelle mal nicht weiter rein. Hier geht es dann ja ohnehin um persönliche Risikoneigung und Risikotragfähigkeit, wofür eine professionelle Anlageberatung Sinn machen kann. Ansonsten kann ich für den Risikobegriff noch auf Folge 36 im Finance 4Future-Podcast verweisen. Das hilft vielleicht auch nochmal, mit einem Minus im Depot umzugehen, liebe Viktoria!
In Kunst zu investieren, ist ein bisschen makaber.
Viktoria: Ich bekomme immer kleine Lachanfälle, wenn Leute in unsere Wohnung kommen und fragen, von wem das große Bild ist, das neben unserem Sofa hängt. „Mark Rothko.“ „Cool, ist das ein Original?“ … … … Leute. Ernsthaft. Sprachlosigkeit. (Wer ihn nicht kennt, bitte googeln.)
Es ist ein Kunstdruck, sonst hätte ich sicher schon längst eine Tierrettungsfarm eröffnet und meine klassische Arbeit hingeschmissen, wenn ein Kunstwerk im zweistelligen Millionenbereich bei mir hängen würde. Dennoch habe ich bislang schon in zwei Originale internationaler Künstler investiert. Weder mein Mann noch ich haben eine Ahnung, wie sich in der Kunstwelt Geld verdienen lässt. Daher haben wir uns eine einfache Formel zurechtgelegt: Es muss uns gefallen und es muss durch eine renommierte Galerie oder ein Auktionshaus als Kunstwerk „validiert“ sein.
Diese Art der Geldanlage ist allerdings etwas makaber, da wir aufgrund der Kunstgeschichte davon ausgehen müssen, dass die Werke nach dem Tod des Künstlers an Wert gewinnen. Ob ich damit jemals Geld verdiene, ist im Moment zweitrangig. Denn in erster Linie bin ich stolz und glücklich, sie zu besitzen.
Niklas: Kunst ist nicht mein Fachgebiet und gehört zu den alternativen Investments wie Oldtimer, Uhren oder auch Whiskeys. Wer sich hier auskennt, kann sicher gute Erträge erwirtschaften. Gerade Luxus-Segmente sind auch für hohe Krisenfestigkeit bekannt. Was mir bei Viktoria aber direkt auffällt, ist die Vermischung von Geldanlage und Liebhaberei. Wer das als Geldanlage sieht, muss eigentlich auch in der Lage sein, sich rational zu verhalten und zum Beispiel ein Werk nach dem Versterben des Künstlers zu verkaufen. Das dürfte schwierig fallen, wenn man es als Einrichtung des Zuhauses nutzt. Außerdem setzt man es dort unnötigen Risiken aus. Aber hey, es muss ja nicht alles eine (kluge) Geldanlage sein und solange Viktoria eine gute Hausratversicherung hat, ist der Kunstwert auch in einem gewissen Rahmen abgesichert.
Meine neueste Entdeckung: Nachhaltige Projektinvestitionen
Viktoria: In den letzten zwei Jahren habe ich mich am meisten mit Crowdfunding beschäftigt, vor allem im nachhaltigen Bereich. Hier habe ich mich auch am schwersten getan, zu verlockend klangen die Renditen, die teilweise mit sieben Prozent angegeben wurden. Dementsprechend habe ich auch länger recherchiert als bei meinen ersten ETFs. Über die Plattformen Bettervest und Greenvesting habe ich schließlich doch den Schritt gewagt und inzwischen in altersgerechtes Wohnen in Greiz, solare Tröpfchenbewässerung in Marokko, nachhaltige Kochherde für Sambia, sauberen Strom in Kenia und grüne Solarund Batteriesysteme in Ostafrika investiert. Die ersten Auszahlungen habe ich bereits erhalten, und auch wenn mir inzwischen klar ist, dass das Risiko besteht, dass mein Geld einfach weg ist, bleibe ich naiv hoffnungsvoll, dtass es vielleicht doch eine gute Investition ist. Zumindest eine, die irgendwo auf der Welt – von Greiz bis Namibia – einen positiven Unterschied macht.
Niklas: Hier kommen wir wieder mehr in mein Metier – Impact Investing! Auch wenn ich diesen Begriff auch im Aktienbereich für aktivistische Fondsmanager nutze, die mit ihren Aktionärsrechten die investierten Unternehmen auf einen nachhaltigen Kurs drücken, ist er eigentlich zuhause im Bereich der Start-up Investitionen und Projekt-Beteiligungen. Crowdinvesting ist die geläufigste Brücke für Privatanleger:innen dort mitzumischen. Die nachhaltige Wirkung ist intuitiv: Dank eures Kapitales können die PV-Anlagen in Kenia aufgestellt oder die Bewässerungsanlage in Marokko gebaut werden. Neben diesem positiven Impact erzielen solche unternehmerischen Projekte auch Gewinne, an denen ihr beteiligt werdet. Bei Crowdfunding bekommt ihr dagegen die durch das Kapital ermöglichten Erzeugnisse, seien es Lebensmittel, Kleidung oder ein Musikalbum. Neben Crowdinvesting gibt es auch andere Wege für echte Impact Investments. Sei es der Beitritt in einer Genossenschaft, die forstwirtschaftlich arbeitet oder regional die Energiewende vorantreibt; die Beteiligung über Genussrechte an Impact Start-ups, wo ihr im Gegensatz zu den oft festgesetzten Zinsen bei Crowdinvesting eine nach oben offene Rendite haben könnt; oder auch direkte Projektbeteiligung über das neue Fonds-Konstrukt ELTIF, die die EU gerade stark pusht, um privates Kapital zu nachhaltigen Investments zu leiten.
Wie Viktoria richtig schreibt, sind solche alternativen Investments allerdings mit Risiken verbunden: Ein einzelnes Projekt kann ausfallen und euer Geld ist komplett weg. Streut ihr euer Geld auf viele verschiedene Projekte, relativiert sich das Risiko, aber der Verwaltungsaufwand steigt natürlich auch. Ich persönlich bin Fan von Anlagemöglichkeiten, in denen automatisch verschiedene Projekte zusammengefasst sind, wie auch viele Aktien in einem Fonds zusammengefasst sind. Hier sind viele Produkte auf dem Markt allerdings viel zu teuer und oft auch intransparent. Insgesamt lässt sich sagen, dass es hier etwas mehr Aufwand und Kompetenz erfordert. Solche Dinge gehören nur in eine Anlagestrategie, wenn ihr euch aktiv für solche Dinge interessiert. Dann könnt ihr mit solche Satelliten um eurer Kern-Investment an der Börse sogar das Gesamtrisiko senken in einer sogenannten Core-Satellite-Strategie.
Wer hier mehr wissen will, kann ja gern mal durch unsere Folgen im F4F-Podcast stöbern oder den Investmentkatalog auf unserer Website auschecken, wo wir einige Produkte gesammelt haben, die wir für finanziell gut und Nachhaltigkeits-technisch wirkungsvoll erachten.