Die Arbeit von Unicef beginnt im Kleinen

das ist ein GNM+ ArtikelUnsere Chefredakteurin berichtet von ihrer Zeit bei Unicef

von | 19. Oktober, 2023

Denkt man an Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Bezug auf unser Heft-Thema “Kinder”, gibt es kein Vorbeikommen an Unicef. Unsere Chefredakteurin Viktoria berichtet von ihrer eigenen ehrenamtlichen Arbeit für die NRO und der Hoffnung, die sie daraus zieht.

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Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen ist eine der bekanntesten NRO weltweit und mit einem Budget von 8,2 Milliarden US-Dollar und über 13.000 Mitarbeitenden auch eine der größten. Über Unicef müssen wir nicht mehr berichten, es ist – zum Glück – in aller Munde. Im Kleinen jedoch wissen viele nicht, wie die Arbeit funktioniert. Ich selbst habe dieses internationale Ausmaß der Organisation in meiner ehrenamtlichen Arbeit für Unicef kaum gemerkt. Es war vielmehr ein großartiges Miteinander an Menschen, die ich bis heute nicht missen möchte. 2014 hatte ich mich für eine Mitarbeit im Presseteam der Ortsgruppe Dresden beworben. Die Aufgaben klangen genau nach meinem damaligen PR-Job: die Unicef-Arbeit in den lokalen Medien bekannt machen, Presseverteiler und den Kontakt zu den Medien pflegen. Und genau das durfte ich die darauffolgenden Jahre machen, inmitten eines kleinen, engagierten Teams vom Teenie- bis ins Rentenalter. Als die Zusage kam, hüpfte ich vor Freude durch meine Wohnung, als hätte ich einen Millionenauftrag bekommen. Bis ich 2017 kürzertreten musste, war es die erfüllendste und zugleich frustrierendste Aufgabe, die ich kannte …

Irre, was wir alles bei Unicef gemacht haben 

Wir haben viel auf die Beine gestellt, angeführt von unserer Leiterin Anne Bibas, einer “furchtlosen Anführerin”, bei der ich bis heute nicht verstehe, wie sie das mit gerade mal 30 UND Mama-Sein UND einem Vollzeit-Marketingjob nebenbei auf die Reihe bekommen hat. Es gab diverse Spendenläufe, Informations- und Unterhaltungsstände auf den größten Festivitäten in Dresden oder 25.000 Euro Pfandsammeln bei den Konzerten der “Filmnächte am Elbufer”. Unser Jugendteam hat einen Flashmob organisiert, das Presseteam ein Pressefrühstück. Wir veranstalteten ein Benefizkonzert und eine Benefiz-Kunstauktion. Und alle zusammen haben als Team beim “Semperopernball” 2017 tausende an Losen für die Tombola verkauft und so 19.000 Euro an Spenden eingenommen. Vor allem aber bleibt mir der Advent in Erinnerung, wenn wir stundenlang in einem Einkaufszentrum saßen, mit Menschen ins Gespräch kamen und die berühmten Unicef-Postkarten verkauften. 

Unicef selbst als Organisation war immer im Hintergrund unterstützend dabei: Wir haben zu allen Projekten des Kinderhilfswerks Informationen bekommen, es gab eine eigene Facebook-Gruppe zum Austausch zwischen allen Ehrenamtlichen in Deutschland. Selbst eine gemeinsame Tagung mit Workshops und Informationsveranstaltungen mit Vorstand und der Geschäftsstelle durfte ich miterleben. 

Warum also der Frust?

Es ist wie so oft im Ehrenamt: Man brennt für das, wofür man seine Freizeit “aufopfert”. Als 2015 die sogenannte Flüchtlingskrise begann, gab es immer wieder regelrechte Anfeindungen gegenüber unserem Team. “Hier in Deutschland verhungern jeden Tag Kinder und denen helft ihr nicht!”, war eine wiederkehrende Kritik an der Arbeit von Unicef. Was nicht stimmt, denn auch in Deutschland ist das Kinderhilfswerk tätig und setzt sich für die Rechte von Kindern ein. Aber da halfen all die Talking Points der Geschäftsstelle nichts, der Hass stand uns uneinsichtig gegenüber. Das waren jedoch gar nicht die wirklich frustrierenden Momente. Die kamen für mich persönlich vielmehr, wenn wir viel Zeit und Schweiß in eine Aktion investiert haben, die Presse informierten und NICHTS passierte. Kein Hinweis in der Zeitung, keine Ankündigung, nichts. Oder dass zu unserem Pressefrühstück mehr Unicefler:innen kamen als Presse. Was bei einem normalen PR-Job auch passieren kann, frustrierte mich umso mehr, wenn es um das Wohl von Millionen von Kindern auf der Welt ging. Die Gleichgültigkeit war schwerer zu ertragen als der Hass. Selbst auf dem Semperopernball, der solch ein Erfolg war, war es traurig zu sehen, wie viele der “VIPs” sich trotz drei- und vierstelliger Ticketpreise nicht für ein Los und unsere Arbeit interessierten. Sich angesichts dieser großen Aufgabe so hilflos und klein zu fühlen, nagt an einem.

Ehrenamtliche Arbeit bei Unicef
Unser Pressefrühstück – leider mit mehr Unicefler:innen denn Presse

… und dennoch habe ich Hoffnung

Das Schöne: Ich war mit diesen Gedanken nie allein. Wir alle saßen als Gemeinschaft zusammen und wollten am liebsten “nur noch kurz die Welt retten”. Jedes Alter, jede Hautfarbe, jedes Geschlecht. Weltretter:innen eben. Und dieses kleine Feuerchen tragen wir alle noch in uns. Viele sind noch bei Unicef, andere, wie ich, sind weitergezogen. Manchmal thematisch, manchmal geografisch. Bei mir war es beides. Und nun versuche ich eben, die Welt aus dem Ruhrgebiet heraus ein wenig mit Good News besser zu machen. Wer mir aber wirklich Hoffnung gibt, ist Anne. Unsere damalige “furchtlose Anführerin”: Mit 27 Jahren wurde sie jüngste Chefin einer deutschen Unicef-Ortsgruppe, 2015 erlebte ich dann live, wie sie in das höchste Gremium in Deutschland, das Unicef-Komitee, gewählt wurde. Dort kämpfte sie dafür, dass auch jüngere Leute eine Stimme bekommen – mit Erfolg. Die Hochschulgruppen Unicefs sind mittlerweile stimmberechtigt. In ihren zehn Jahren als Leiterin haben ihre Teams 400.000 Euro für Unicef gesammelt – und das wird auch gewürdigt: 2022 wurde Anne von der Stadt Dresden mit der Ehrenmünze, der dritthöchsten Auszeichnung der Landeshauptstadt, ausgezeichnet. Weil eben jede verkaufte Postkarte, jedes gesammelte Pfand und jeder informierte Mensch doch etwas zählt. Das macht mich glücklich!

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Print4-Unicef

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Viktoria Franke

Unsere Chefredakteurin a.D. Viktoria begann noch während des Studiums, als Sportjournalistin durch die Welt zu ziehen. Mittlerweile berät sie kleine Einzelkämpfer und große Unternehmen in ihrer Innen- und Außenkommunikation und organisiert weltweit Pressebereiche bei Sportevents. Good News sind bei all dem Trubel genau so wichtig für ihre mentale Gesundheit wie ein Stück Schokolade.

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