In gleichgeschlechtlichen Beziehungen müssen nicht-biologische Mütter ihr Kind bald nicht mehr adoptieren. Damit werden die Regeln der Abstammung für homo- und heterosexuelle Paare angeglichen.
Bundesfinanzminister Marco Buschmann hat Mitte Januar Eckpunkte für die Modernisierung des Abstammungs- und Kindschaftsrechts vorgestellt. Lange haben Paare, bei denen nicht beide Elternteile auch biologisch mit den Kindern verwandt sind, auf die Reform gewartet – jetzt kommt sie. Der Gesetzesentwurf existiert bereits seit geraumer Zeit. Die Reform war schon im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vorgesehen. Doch lange tat sich nichts. Jetzt könnte bald das Gesetz kommen, das Regenbogenfamilien mehr Rechte eingesteht – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung.
Wir brauchen einen Modernisierungsschub in Deutschland – auch im Familienrecht. Viele Kinder wachsen heute in Trennungsfamilien auf, in Patchwork- und Regenbogenfamilien oder bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Unser Familienrecht hinkt dieser Realität hinterher. Den Preis dafür zahlen Eltern und Kinder: Vielen macht das Familienrecht das Leben unnötig schwer.
Marco Buschmann, Bundesfinanzminister
Gleichberechtigung für gleichgeschlechtliche Eltern
Zum Hintergrund: Da bei einem homosexuellen Pärchen nur einer der Elternteile auch biologisch mit dem Kind verwandt ist, muss derzeit der zweite Elternteil eine Stiefkind-Adoption beantragen. Dies ist ein langwieriger Prozess, in dem beispielsweise die Tauglichkeit des Elternteils durch das Jugendamt geprüft wird. Viele Familien sehen darin eine Diskriminierung. Das Kind wachse nach der Geburt mit zwei Elternteilen auf, die auch als biologische Eltern wahrgenommen würden. Ein solcher Prozess werfe Fragen auf, die sich das Kind jedoch nicht stellen müsse. Und: Heterosexuelle Paare würden aktuell nicht auf ihre Tauglichkeit geprüft werden.
Da sich für viele gleichgeschlechtliche Eltern die Frage nach der biologischen Herkunft nicht stelle und sie sich als gleichwertige Eltern ansehen, umgehen viele den Prozess – und stoßen deshalb vermehrt auf Hürden. Beispielsweise darf die zweite, nicht biologische Mutter in einer gleichgeschlechtlichen Elternschaft ohne Zustimmung der biologischen Eltern das Kind nicht aus Kindergarten oder Kita abholen. Bei medizinischen Notfällen haben sie ebenfalls kein Mitbestimmungsrecht.
Entscheidungen dieser Art obliegen weiterhin den beiden biologischen Elternteilen. Dies ist unabhängig davon, ob der biologische Elternteil, der oder die als Spender:in fungiert hat, ein aktiver Teil im Leben des Kindes ist.
Im Interview mit dem Deutschlandfunk, erzählen zwei Mütter, wie die bisherigen Regelungen sie belasten. Gesa Teichert-Akkermann und ihre Frau Verena Akkermann begrüßen, dass es jetzt endlich vorangeht:
„Das ist tatsächlich auch so: Im Herbst, Winter letzten Jahres, als ich dann schon ziemlich weit mit der Schwangerschaft war, haben wir eben miteinander entschieden, dass wir uns nicht diesem diskriminierenden Verfahren der Stiefkindadoption unterwerfen wollen. Denn uns war immer klar, wenn das Kind geboren ist, gibt es kein Kind zu adoptieren, sondern da ist ein Kind, das hat zwei Mütter. Und sich fragen lassen zu müssen, ob Paula hier gut aufgehoben ist, dass meine Frau lang und breit erzählen soll, ob sie eine Beziehung zu diesem Kind hat – das ist eben aufgrund der ganzen Entstehungsgeschichte so absurd, dass wir uns in die Augen geguckt haben und gesagt haben: Das machen wir nicht.“
Nach langem Schweigen veröffentlichte das Bundesjustizministerium kürzlich Eckpunkte für die Reform des Abstammungs- und Kindschaftsrechts. Nicht alle Forderungen nach Gleichberechtigung finden darin bisher Beachtung, doch einige sehr essentielle werden ausformuliert und bedeuten eine massive Vereinfachung von Adoptionen in Regenbogenfamilien:
Stiefkindadoptionen für Zwei-Mütter-Familien
Künftig muss die zweite, nicht biologische Mutter einer Regenbogenfamilie ihr Kind nicht mehr adoptieren. Sofern die Mütter verheiratet sind, hat sie automatisch mit der Geburt die gleichen Rechte wie die biologische Mutter. Ist das Paar nicht verheiratet, dann soll die Partnerin die Mutterschaft rechtlich anerkennen lassen können. So ist es auch für unverheiratete heterosexuelle Paare der Fall.
Warum gilt die Regel nur für homosexuelle weibliche Paare?
In Deutschland gilt laut Abstammungsgesetz: Ein Kind kann nicht mehr als zwei rechtliche Elternteile haben. Da Kinder nicht in eine Familie mit zwei Vätern hineingeboren werden können, bleibt die Mutterschaft weiterhin bei dem gebärenden Elternteil. Es kann also nur ein Vater auch rechtlicher Vater sein.
Bisher hat das Ministerium nicht vorgesehen, diese Regelung abzuändern. Anders ist das beispielsweise in Kanada. Dort können seit 2016 bis zu vier Personen in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen werden.
Beitragsbild: sinenkiy | depositphotos.com