Dank strengerer Umweltauflagen, innovativer Verkehrskonzepte und eines wachsenden Bewusstseins für nachhaltige Stadtentwicklung konnte Paris in den vergangenen Jahren eine deutliche Verbesserung der Luftqualität einleiten.
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Nahezu jeder hat schon einmal Bilder des wohl berühmtesten Kreisverkehrs am Arc de Triomphe im Zentrum von Paris gesehen. Rund um den Arc de Triomphe drängen sich auf einem 240 Meter breiten Kreis Fahrzeuge aus zwölf Straßen und bewegen sich scheinbar chaotisch durcheinander. Zugleich beherbergt die Stadt an der Seine jährlich etwa 50 Millionen Tourist:innen, was außer Verhältnis zur Einwohnerzahl von etwa 2 Millionen steht. Bei diesen schwindelerregenden Zahlen mag man doch kaum denken, dass positive Veränderungen hinsichtlich der Luftqualität zu erkennen sind. Aber genau dies ist der Fall.
Eine tatkräftige Bürgermeisterin
Zu verdanken ist diese Verbesserung der Luft insbesondere der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2014 hat die Bürgermeisterin Paris grundlegend umgestaltet: Über 100 Straßen wurden für den Autoverkehr geschlossen, die Parkgebühren für SUVs massiv angehoben, Zehntausende Parkplätze entfernt und das Radwegenetz erheblich erweitert – mittlerweile erstreckt es sich über 1.300 Kilometer. Ebenso wurde nahezu im gesamten Stadtgebiet das Tempolimit 30 eingeführt.
Neben Hidalgo ist dies auch auf die Ideen von ihrem ehemaligen Berater Carlos Moreno zurückzuführen. Der Panthéon-Sorbonne-Professor zählt zu den Begründer:innen des Konzepts der sogenannten „15-Minuten-Stadt“. Dieser Idee nach sollen alle grundlegenden Bedürfnisse innerhalb der Stadt durch einen kurzen Spaziergang im jeweiligen Viertel erreichbar sein. Dadurch soll die Abhängigkeit vom Autoverkehr und fossilen Brennstoffen drastisch verringert werden. Weitere prominente Anwender dieses Konzeptes sind beispielsweise die niederländische Großstadt Utrecht, das italienische Cagliari oder Quezon-City auf den Philippinen.
Rückhalt in der Bevölkerung
Die Mehrheit der französischen Hauptstadt scheint diese Schritte für den Umweltschutz ebenso zu befürworten. So stimmte die Mehrheit im Rahmen einer Bürgerbefragung im vergangenen Jahr dafür, die Parkgebühren für schwere SUVs aus Umweltschutzgründen zu verdreifachen. Daher kostet eine Stunde Parken im Zentrum der Stadt nun 18 Euro, anstelle der vorherigen 6 Euro. Sechs Stunden Parken im Stadtzentrum kosten nun gar 225 Euro, was eine erhebliche Steigerung gegenüber den bisherigen 75 Euro darstellt. Denn am Ende ist, ohne den Rückhalt innerhalb der Bevölkerung, kein Fortschritt zu erreichen.
Begründete Ausnahmen
Die für die ersten vier “Arrondissements” (Stadtbezirke von Paris) geltende Sperrung für den Durchgangsverkehr beinhaltet natürlich gerechtfertigte Ausnahmen. Rettungsdienste, Busse, Taxis, Anwohner:innen sowie Personen mit Behindertenausweis dürfen weiterhin diese Bereiche befahren. Zudem sind notwendige Fahrten für andere Menschen, etwa für Arztbesuche, weiterhin gestattet. Insgesamt sollen diese Maßnahmen den Straßenverkehr dennoch um 30 % reduzieren und rund 11.000 Anwohnenden im innersten Kern den Alltag vereinfachen.
Positive Ergebnisse
Durch diese Maßnahmen kann Paris schlussendlich seit insgesamt 15 Jahren eine positive Veränderung der Luftqualität verzeichnen. Die Stadt hat zwar noch einen langen Weg vor sich, um die hohen Luftqualitätsstandards der WHO zu erfüllen, doch die bisherigen Erfolge zeigen ein klares Engagement für eine gesunde und lebenswerte Umwelt sowie eine vielversprechende Zukunft. Erkennen kann man diesen Trend insbesondere an den Konzentrationen von Stickstoffdioxid, die aus Dieselmotoren entspringen.
Diese Entwicklung ist auf diesen Bildern zusehen:




Während 2019 noch 400.000 Menschen in Paris in Gebieten mit überschrittenen Grenzwerten lebten, waren es 2023 nur noch 5.000. Die Luftqualitätsstandards von Seiten der WHO wurden im Jahr 2021 in ambitionierter Weise aktualisiert, da man in den vergangenen Jahrzehnten besorgniserregende Erkenntnisse hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkung von Luftverschmutzung auf den menschlichen Organismus gewinnen konnte.