Neue Richtlinien der italienischen Bischofskonferenz öffnen katholische Priesterseminare für homosexuelle Männer.
Am 09. Januar traten neue Richtlinien der italienischen Bischöfe in Kraft, die es homosexuellen Männern erlauben, in Priesterseminare einzutreten, solange sie enthaltsam im Sinne des Zölibats leben. Damit werden die bisherigen Regelungen deutlich gelockert, wenngleich der Rahmen weiter eng gefasst bleibt.
Das sagt die Bischofskonferenz
Im Jahr 2016 hieß es noch von Seiten des Vatikan, dass Männer, die „tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine so genannte homosexuelle Kultur unterstützen“, grundsätzlich von der Priesterausbildung ausgeschlossen sind. In den neuen Regelungen des CEI (Italienische Bischofskonferenz) wurde nun das Update etwas sperrig formuliert:
„Wenn im Ausbildungsprozess von homosexuellen Neigungen die Rede ist, ist es auch angebracht, die Unterscheidung nicht nur auf diesen Aspekt zu beschränken, sondern wie bei jedem Kandidaten seine Bedeutung im Gesamtrahmen der Persönlichkeit des jungen Menschen zu erfassen.“
Priestertum, aber weiterhin Zölibat
Mit der neuen Regelung dürfen offen homosexuelle Männer in Italien künftig Priesterseminare besuchen und sich anschließend zu katholischen Geistlichen ausbilden und weihen lassen. Wie für heterosexuelle Geistliche gilt für sie die Vorgabe, zölibatär, also sexuell enthaltsam, zu leben und keine Ehe zu schließen. Hierbei wird nicht länger zwischen den verschiedenen Sexualitäten unterschieden. Vielmehr wird der Fokus auf die persönliche Reifung aller Priesteranwärter hin zu dem enthaltsamen Lebensstil gelegt. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Die Italienische Bischofskonferenz entdramatisiert die Tatsache, als Priesteramtskandidat homosexuell zu sein.“
Auswirkungen womöglich gering
Ob die neuen Richtlinien tatsächlich eine Lockerung des Zugangs für Homosexuelle in Italien und anderswo zum Priesteramt bedeuten, ist fraglich. Sie wurden zwar in Italien gebilligt, aber für den Vatikan wird es weiterhin bei den 2016 veröffentlichten Richtlinien bleiben. Die Deutsche Bischofskonferenz hat bereits eine eigene Neupositionierung angekündigt, die in Italien vorgenommene aber nicht kommentiert. Eine eigene „Ratio nationalis“ zur Priesterausbildung sei „bereits in Abstimmung mit den zuständigen Stellen in Rom“, hieß es.
Die Zulassung homosexueller Männer im Priesteramt bleibt vielerorts ein Tabuthema. Priester, die homosexuell sind, haben oft Angst, über ihre Sexualität zu sprechen. Es steht zur Diskussion, ob eine solche Änderung in den Richtlinien der CEI international als Erfolg gefeiert werden kann oder nur einmal mehr bestätigt, dass die Institution der Kirche aus der Zeit gefallen ist. Zumal Frauen weiterhin von der Ausbildung zu katholischen Geistlichen ausgeschlossen sind.
Hoffnung auf offeneren Diskurs
2023 erlaubte der Papst die Segnung von homosexuellen Paaren in der Kirche unter genau festgelegten Bedingungen. So wurde ein neues, wenn auch „längst überfälliges“ Signal für queere Gläubige gesetzt, wie damals der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen) betonte.
Die neuen Richtlinien der Italienischen Bischofskonferenz schüren nun die Hoffnung, dass ein neuer, offenerer Kurs in der Priesterausbildung möglich ist. Die italienischen Bischöfe werben für einen Diskurs in den Priesterseminaren, der den Betroffenen ermöglicht, „sich [ihrer] selbst, [ihrer] Persönlichkeit und aller Teile, die zu ihrer Definition beitragen, einschließlich [ihrer] Sexualität und [ihrer] Orientierung, immer bewusster zu werden, um sie zu integrieren und mit ausreichender Freiheit und Gelassenheit zu handhaben“. Es bleibt abzuwarten, wann der Vatikan den Diskurs ernsthaft annimmt.
Beitragsbild: Annett Klinger via pexels