Wichtelbäume bringen Gemeinschaft und Austausch auf die Straßen
Alle sind dazu eingeladen ein Geschenk zu nehmen oder ein Geschenk zu geben. Der Weihnachtsbaum steht einfach am Straßenrand dafür bereit. Die Aktion der Wanderbaumallee bringt Nächstenliebe, Gemeinschaft und Austausch direkt vor die Haustür und verzaubert mehrere Städte in Deutschland wirklich weihnachtlich.
Eine kleine Freude
Es ist ein regnerischer Dezembertag, Grau geht über in Grau und eigentlich ist es für Dezember viel zu warm. Ich laufe durch das nasse, leere Köln. Auch meine Stimmung ist eher grau, gerade habe ich erfahren, dass ich einen geliebten Menschen für eine lange Zeit nicht wiedersehen werde. Auf einmal nehme ich ein Klimpern war. Da steht am Bürgersteig in der Leyendeckerstraße plötzlich ein Baum, er ist mir vorher noch nie aufgefallen. Als ich mich nähere sehe ich, dass Geschenke daran im Wind baumeln. „Alle dürfen geben und nehmen. Ihr dürft den Baum gerne auch weiter schmücken“, steht auf einem laminierten Schild. Ich bewundere die vielen bunten kleinen Geschenke. Nach kurzem Zögern greife ich nach einem kleinen Päckchen und mache es auf: Ein grünes Holzschiffchen. Ich muss lächeln, vielleicht trägt mich das Schiff ja fort zu den Menschen, die ich gerade so vermisse.
Der gemeinsame genutzte Wanderbaum? Es funktioniert
Zwei Wochen später, einen Tag vor Heiligabend, besuche ich den Baum wieder. Diesmal habe ich selbst etwas mitgebracht, Spekulatius. Ich bin neugierig, was wohl aus dem Baum geworden ist. Schließlich würden manche meinen, dass Vandalismus hier wüten oder auch, dass der Baum komplett geklaut werden könnte. Doch da steht er. Noch immer glitzern Geschenke an ihm, neue sind dazu gekommen. Auch ich hänge meine Tüte an den Baum und freue mich, dass ich damit vielleicht jemandem eine Freude machen kann.
Bitte mehr Wanderbaum-Beschlüsse!
Hinter dem kollektiven Weihnachtsbaum steckt die Aktion Wanderbaumallee. Diese gibt es bereits seit knapp zwanzig Jahren in mehreren Städten Deutschlands. Unter anderem München, Stuttgart und Dortmund sind dabei – und eben auch Köln. Die Idee der Aktion ist, in die Städte, die oft von Autos dominiert werden, mobile Bäume an den Straßenrand zu stellen. Wie ein parkendes Auto, nur, dass es sich um eine grüne Sitzgelegenheit oder auch um Pflanz- und Erntegelegenheiten für Alle handelt. Für die Pflege der Bäume sind die Bewohner:innen mitverantwortlich. Auf jedem Wanderbaum ist eine Pflegeanleitung und scanbar gibt es noch mehr Infos. Finanziert wird das Ganze vor allem über Crowdfunding. Es müssen allerdings entsprechende politische Beschlüsse der Bezirksvertretungen der jeweiligen Städte vorliegen. Bezirke mit Wanderbaum-Beschlüssen gibt es in Köln mittlerweile in sechs Stadtteilen, in den anderen müssen die Bezirksvertreter:innen noch überzeugt werden.